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Deutsche Guggenheim Berlin
Deutsche Bank & Solomon R. Guggenheim Foundation
Unter den Linden 13- 15
10117 Berlin
Tel. 030 - 20 20 93 13; Fax 030 - 20 20 93 20
täglich 11 - 20 Uhr
www.deutsche-guggenheim-berlin.de
über die Deutsche Guggenheim
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
14.07. - 14.10. 2007
Phoebe Washburn
Regulated Fool's Milk Meadow
Als eine Fabrik, die Rasenstücke für ihr eigenes Grasdach erzeugt, wo diese allmählich verdorren so beschreibt Phoebe Washburn kurz ihr Projekt Regulated Fool's Milk Meadow. Die Installationen der Künstlerin enthalten häufig Reproduktionssysteme mit absurden Prozessen. Als Rohstoffe dienen Abfälle aus Konsum und Handel, zumeist Unmengen von Pappkartons oder Holzstücken, die Washburn bei ihren Streifzügen zu Containern und Laderampen sammelt und wiederverwertet. Die Überreste tagtäglicher Handlungen, die ihr der Zufall in die Hände spielt, werden im Atelier gehortet, sortiert und aufbereitet. Wertloses erhält wieder Wert. Washburn macht auf die Möglichkeiten aufmerksam, die in unbeachteten oder ausrangierten Dingen stecken . Das Recyceln von Sekundärstoffen kann als politisches Statement aufgefasst werden, als Kommentar auf die Überflussgesellschaft oder als Sinnbild (oder Symptom) heutiger Konsumgewohnheiten. Aber der Künstlerin geht es im Grunde vor allem darum, verbrauchte und vernachlässigte Materialien zu einem vitalen Ganzen zu kombinieren. Sie stapelt, bindet und zimmert abgenutzte, abgetragene, ausgediente Objekte, die Spuren ihres Vorlebens tragen, zu Environments, deren Entstehungsgeschichte sich offen vor dem Betrachter ausbreitet. Sogar Nebenprodukte wie Sägespäne oder Verpackungsstoffe bleiben Teil der endgültigen Komposition.
Regulated Fool's Milk Meadow, Washburns Auftragswerk für das Deutsche Guggenheim, ist eine in sich geschlossene »Fabrik«, in der während der Dauer der Ausstellung die Grasmatten für den Dachbelag heranwachsen. Das Förderband, das die Rasenstücke zu Beleuchtungs- und Bewässerungsstationen transportiert, bringt erstmals eine mechanische Komponente in das Schaffen der Künstlerin. Für die Pflege der Pflanzen ist ein »Gärtner« zuständig, der das Gras ansät, in einem Treibhaus keimen lässt und dann in der Fabrik aufzieht, um es schließlich auf dem Dach, ohne ausreichend Licht und Wasser, dahinwelken zu lassen. Die Installation verdeutlicht damit den Kreislauf von Regeneration und Degeneration.
In allen ihren vorangegangnen Werken behalf sich Washburn mit improvisierten amateurhaften Konstruktionsmethoden. Ihre früheren Ad-hoc-Landschaften aus zurechtgeschnittenen Karton- und Holzresten machten sich prekär im Ausstellungsraum breit. Die unterschiedliche Form und Größe der Bauelemente und der freie Umgang mit einer Praxis, die sich organisch und intuitiv entwickeln kann, ließ Strukturen entstehen, die oft lebhaft wogende Rhythmen aufweisen. Washburn arbeitet wiederholt mit Systemen, die jedoch nicht immer logischen Gesetzen gehorchen. Funktionsstörungen bringen neue Faktoren ins Spiel, die das System infiltrieren und in eine unerwartete Richtung steuern. In Regulated Fool's Milk Meadow korrespondiert die Spontaneität der Architektur mit dem natürlichen Wachsen und Vergehen des Grasdachs. Dieser ästhetische Ansatz widerspricht der inhärenten Effizienz des Förderbands. Was manchem paradox erscheinen mag - hier etwa die Gegenüberstellung von organischem Wachstum und mechanischer Apparatur-, gilt Washburn als Nährboden der Kreativität. Dieselbe schelmische Unbeschwertheit spricht aus den Wort- und Lautspielen ihrer Werktitel. Im vorliegenden Fall bezieht er sich auf das regulierte System der Fabrik, das ein recht wertloses Produkt hervorbringt (»Fool's Milk« ist vom englischen Ausdruck fool's gold abgeleitet, also Narrengold, einem anderen Namen für Pyrit oder Schwefelkies).