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Haus am Waldsee

Argentinische Allee 30
14163 Berlin
Tel. 030 - 8091-2234; Fax 030 - 802 20 28
Di - So 12 - 20 Uhr, Führungen So 16 Uhr

 

 

16.3. - 28.4. 1996


Gottfried Brockmann

Bild und Überzeitlichkeit

Retrospektive

 

Die Ausstellung, veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Stadtgalerie Kiel, würdigt nun auch erstmals in Berlin das Werk Brockmanns als eines der Malerei des ,Magischen Realismus' und der "pittura metafisica" nahestehenden und sich dennoch allen stilistischen Einordnungen verschließenden Künstlers.

Gottfried Brockmann (geb.1903 in Köln, gest. 1983 in Kiel), fand in der kunsthistorischen Rezeption bislang nicht die Anerkennung, die ihm zukommt. Er teilt das Schicksal vieler Künstler seiner Generation, deren künstlerische Entfaltung durch den Nationalsozialismus, den Krieg und die Kriegsfolgen in der deutschen Nachkriegsgesellschaft behindert wurde. Die Jahre zwischen 1933 und 1 943 verbrachte Gottfried Brockmann in Berlin in dem Versuch, sich dem Zugriff der nationalsozialistischen Kunstdoktrin zu entziehen.

Seit 1919 schloß sich Brockmann in seiner Geburtstadt Köln den "Kölner Progressiven" (Gerd Arntz, Heinrich Hoerle, Franz Seiwert) an. So ordnete man seine Malerei bis heute immer wieder dieser Kunstrichtung zu, doch liegt das Bezeichnende in Brockmanns Bildwelten gerade darin, sich von politischen und gesellschaftlich eindeutigen Zeitbezügen zu lösen und eine allgemeingültige und überzeitliche Bildform anzustreben.

In Brockmanns Malerei, Zeichnung und Graphik, die in der Berliner Ausstellung mit ca. 180 Exponaten ausgebreitet und durch Beispiele des künstlerischen Umkreises seiner Zeit (Ernst, Hoerle, Seiwert, Räderscheidt u.a.) ergänzt wird, erhält der Betrachter einen umfassenden Einblick in die Rätselhaftigkeit und Surrealität seines künstlerischen Kosmos'. Brockmann zeigt die "Welt als Bühne" und den Menschen als entindividualisierten Akteur in einer Zeit der "Kulissenschieberei" voller sozialer Nöte und wirtschaftlicher Krisen. Er öffnet das Bild als "Fenster zur Welt", entlarvt die Perspektive als Täuschung und den Raum als illusionär und leer. Mit seinen gesichtslosen Akteuren, Puppen und Figurinen und Torsi verwendet er ein Zentralmotiv der neusachlichen, surrealistischen und veristischen Malerei und ist darin den künstlerischen Darstellungen der 20er und 30er Jahre bei Grosz, Räderscheidt und de Cirico verwandt. In ihrer Verschlüsselung der Bildaussage eröffnen die Bilder Brockmanns Bezüge zur Tiefenpsychologie und zur Jung'schen Archetypenlehre. In ihnen vermittelt sich dem Betrachter eine latente, nicht genauer bestimmbare Bedrohlichkeit als Ahnung auf die bevorstehenden politischen Umbrüche in Europa der 30er Jahre, als die Weltwirtschaftskrise noch nicht beendet, der Krieg noch nicht begonnen war. Brockmanns Malerei steht als solche zwischen den Zeiten und zugleich auf der Höhe ihrer Zeit, einer Zeit des Umbruchs, in der sich der düstere Vorschein der nationalsozialistischen Diktatur und der Katastrophe des Krieges bereits ankündigte.

Bedeutende Leihgaben der Ausstellung wurden uns aus dem Nachlaß durch Herrn Prof. Dr. Jan Brockmann zur Verfügung gestellt sowie durch Privatsammlungen und Museen, darunter die Kunsthalle zu Kiel und die Kunstsammlung der Landeshauptstadt Kiel, das Museum Ludwig/Köln, das Rheinische Landesmuseum Bonn, das Landesmuseum Schleswig, die Nationalgalerie Berlin und Berlinische Galerie u. a.

Werke Gottfried Brockmanns waren in Berlin u.a. in großen Überblicksausstellungen zur Kunst der 20er und 30er Jahre zu sehen, u.a. "Wem gehört die Welt Kunst und Gesellschaft in der Weimarer Republik" (NGBK, 1977); "Zwischen Widerstand und Anpassung" (Akademie d. Künste, 1 978) und "Spiegelbilder" (Haus am Waldsee, 1982). Die letzte bedeutende Einzelausstellung Gottfried Brockmanns wurde 1985 von der Overbeck-Gesellschaft in Lübeck veranstaltet.

Zur Ausstellung liegt ein Katalogbuch (Verlag Hatje) mit 208 S., zahlreichen Abb., Textbeiträgen zum neueren Stand der Brockmann-Forschung sowie Biographie und Bibliographie vor (DM 38,-/DM 58,- Buchhandel).

Die Eröffnunq findet am Freitag, dem 1 5. März 996 um 20.00 Uhr statt. Der Sohn des Künstlers, Herr Prof. Dr. Jan Brockmann, Direktor des Museums für Gegenwartskunst Oslo, wird anwesend sein.




Vortrag:

Am Mittwoch, dem 27. März um 18.00 Uhr spricht der Berliner Kunstwissenschaftler und Brockmann-Experte Gernot Thiele zum Thema "Stufen des Todes Betrachtungen zur nature morte im Werk Gottfried Brockmanns".

 

 

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