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Haus der Kunst

Prinzregentenstraße 1
80538 München
Tel. 089 - 21 1270, Fax 211 27 - 157
mail@hausderkunst.de
www.hausderkunst.de
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 20 Uhr
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

Ausstellungen 2014

 

18.10. 2013 - 21.09. 2014

Manfred Pernice

Tutti IV

Vorbesichtigung für Presse am Donnerstag, den 17. Oktober 2013, 11 Uhr
Recycling, die Wiederverwertung bereits benutzter Gegenstände und Materialien, ist eine der methodischen Grundlagen des in Berlin lebenden Künstlers Manfred Pernice (geboren 1963 in Hildesheim). Dabei geht es ihm nicht nur um die Verwendung vorgefundener Stoffe und Gegenstände unterschiedlicher Herkunft. Bemerkenswerter ist, dass er ältere Werke als Versatzstücke für neu konzipierte Arbeiten benutzt oder in veränderten Bedeutungszusammenhängen neu inszeniert.
Der von Pernice geplante Eingriff für die Mittelhalle des Haus der Kunst nimmt unmittelbar Bezug auf Elemente der Architektur. Er baut sich im Wesentlichen aus zwei Elementen auf. Zum einen platziert Pernice die aus 2010 stammende architektonische Skulptur "Tutti" im Zentrum des Raumes. Sie besteht aus einem offenen runden Raum, der in vier unregelmäßige Segmente geteilt ist, die unterschiedlich eingerichtet sind. In ihrer Mitte führt eine Wendeltreppe auf das Dach der Skulptur. Zum anderen richtet Pernice von dort aus eine zweite Treppe ein. Sie führt auf eine Brücke, die den Bereich zwischen den Pfeilern in einer Höhe von ca. 6 m überspannt, vom Buchladen auf der linken bis zum Eingang zum Ostflügel auf der rechten Seite. Für diese Überführung wird der Künstler eine Bespielung entwickeln, die sich als Ergebnis des Arbeitsprozesses vor Ort ergeben wird und daher heute noch nicht näher beschrieben werden kann. Auch diese Form einer spontanen Reaktion auf die räumlichen Gegebenheiten ist charakteristisch für Pernices skulpturalen Ansatz.
Manfred Pernices "Tutti IV" betitelte Installation ist die zweite in der Serie DER ÖFFENTLICHKEIT - VON DEN FREUNDEN HAUS DER KUNST, die Reihe jährlicher künstlerischer Auftragsarbeiten für die Mittelhalle, die 2012 mit Haegue Yangs Werk Accommodating the Epic Dispersion - On Non-cathartic Volume of Dispersion begonnen hatte.
Künstlergespräch
Manfred Pernice im Gespräch mit Ulrich Wilmes am Donnerstag, den 7. November 2013, 19 Uhr

 

"Der Öffentlichkeit - Von den Freunden Haus der Kunst" ist eine Serie von Auftragsarbeiten, die speziell für die Mittelhalle im Haus der Kunst entwickelt werden, mit großzügiger Unterstützung von und in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Freunde Haus der Kunst. Wir freuen uns, dass wir für das Jahr 2013/14 den in Berlin lebenden Künstler Manfred Pernice gewinnen konnten.

In den nächsten Wochen und Monaten wird Pernice eine ortsspezifische, begehbare Installation aus verschiedenen, zum Teil "recycelten" Einzelarbeiten entwickeln. Bezeichnend für den Schaffensprozess des Künstlers ist neben der Verwendung von vorgefundenen Stoffen und Gegenständen, dass er auch eigene, frühere Werke für neu konzipierte Arbeiten nutzt oder in veränderten Bedeutungszusammenhängen neu inszeniert. Die geplante Intervention bezieht sich unmittelbar auf die Architektur der Mittelhalle und besteht im Wesentlichen aus zwei Elementen: Leicht aus der Mitte des Raumes versetzt, platziert Pernice die architektonische Skulptur "Tutti" aus dem Jahr 2010. Eine Wendeltreppe führt auf das Dach der Skulptur. Von dort aus erreicht der Besucher über eine zweite Treppe eine Brücke, welche die Mittelhalle überspannt und dem Betrachter aus sechs Metern Höhe immer neue Perspektiven auf den Raum bietet. Für die Brücke entwickelt der Künstler eine Bespielung, die sich als Ergebnis des Arbeitsprozesses vor Ort ergeben wird. Auch diese Form der spontanen Reaktion auf die Gegebenheiten ist charakteristisch für Pernices skulpturalen Ansatz.

"Tutti IV" ist ein "work in progress" und bewegt sich in der vieldeutigen Zone zwischen Beständigkeit und Unbeständigkeit: Die Installation wird auch Werke anderer Künstler beherbergen und sich im Lauf ihrer fast einjährigen Präsentation durch Eingriffe des Künstlers verändern.

Die Installation ist ab dem 18.10.13 in der Mittelhalle im Haus der Kunst zu sehen. Der Eintritt ist frei.

 

"Der Öffentlichkeit - Von den Freunden Haus der Kunst" ist eine auf mehrere Jahre angelegte Serie von künstlerischen Auftragsarbeiten. Okwui Enwezor: "Mit unserem Engagement für die Kunst der Gegenwart an diesem speziellen Ort erfährt die zentrale Mittelhalle eine Umdeutung: Sie wird zu einem offenen und öffentlichen Platz, zu einem Ort des Zusammenkommens, der Fantasie und Vorstellungskraft."
www.freunde-hausderkunst.de

 

 

25.01, - 25.05. 2014

Abraham Cruzvillegas

The Autoconstrucción Suites

"In den ersten zwanzig Jahren meines Lebens beobachtete ich, wie das Haus, in dem meine Familie wohnte, langsam gebaut wurde; wir waren alle an dem Vorgang beteiligt", sagt Abraham Cruzvillages (geboren 1968). Im Laufe der letzten zehn Jahre hat er ein beeindruckendes uvre geschaffen, das sein Interesse an Form und Materie der Gegend von Ajusco spiegelt, einer Vulkanlandschaft südlich von Mexiko-Stadt. Die Wurzeln seiner Kunst, die er "autoconstrucción" (Selbstkonstruktion) nennt, liegen in den improvisierten Bauverfahren und -techniken seiner Heimatstadt. Seine dynamische skulpturale Sprache verbindet Naturmaterialien und gefundene Gegenstände und verwischt die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk, zwischen Industrie- und Handfertigung. Für Cruzvillegas ist die skulpturale Form ein Prozess des Wandels, der Aktion, der Solidarität und der Transformation.
Die Ausstellung, kuratiert von Clara Kim, hatte ihre Premiere am Walker Art Center in Minneapolis (23. März - 22. September 2013) und reist weiter zur Jumex Foundation in Mexico City und Museo Amparo, Puebla.

 

 

Archiv-Galerie

Eröffnung am 8.03. 2014

Das Haus der Kunst freut sich mitzuteilen, dass es seine Archivbestände zu Architektur und Geschichte des Hauses dauerhaft und kostenfrei der Öffentlichkeit zugänglich machen wird.
Mit der Einrichtung einer dauerhaft angelegten Archiv Galerie führt das Haus der Kunst wiederum ein neues Format für die Präsentation seiner historischen Materialien und ihre Vermittlung an ein breiteres Publikum ein. Zu seinem 75-jährigen Bestehen hatte es 2012 die Ausstellung "Geschichten im Konflikt: Das Haus der Kunst und der ideologische Gebrauch von Kunst 1937-1955" gezeigt. Nun führt es mit der Archiv Galerie die allgemein statische Konnotation des Begriffs Archiv sukzessive einer offenen und dynamischen Form zu. Für die Zukunft sind Interventionen von eingeladenen Künstlern, Historikern, Kuratoren und Wissenschaftlern und wechselnde Präsentationen der Bestände geplant. Eine erste Intervention hatte 2012 der Schweizer Konzeptkünstler Christian Philipp Müller für die Ausstellung "Geschichten im Konflikt" entwickelt.

Als sichtbares Gedächtnis der wechselhaften Geschichte des Museums ist für die Archiv Galerie dauerhaft ein Ausstellungsraum eingerichtet, der an der öffentlich zugänglichen Mittelhalle liegt. Für diesen Raum hat der Künstler und Kulturwissenschaftler Martin Schmidl ein Ensemble aus Einrichtungsgegenständen und Museumsdisplay geschaffen. Basis für diese Ausstellungs- und Informationsplattform ist das seit 2004 von Sabine Brantl geleitete Historische Archiv des Haus der Kunst. Aus dessen Bestand hat die Historikerin Dokumente ausgewählt, die von der Entstehung und Nutzungsgeschichte des Gebäudes erzählen sowie vom Umgang mit der Architektur in der Nachkriegszeit. Der Schwerpunkt dieser Auswahl leitet damit thematisch zu der bald anstehenden Sanierung des Gebäudes hin, die mit dem Nachdenken über dessen Geschichte einhergeht. Gezeigt werden
- eine Aufstellung der Firmenspenden für den Bau des 1937
eröffneten "Hauses der Deutschen Kunst"
- eine historische Tafel der Stifter, die mit Spenden von jeweils
100.000 Reichsmark die Grundlage für die Finanzierung gelegt
haben; sie hing bis 1945 im Foyer des Gebäudes
- ein handkolorierter Grundriss von 1938
- eine nicht datierte Vergleichszeichnung der Raumhöhe von Museen
in Deutschland, England, Niederlande und Österreich vom Atelier Paul Ludwig Troost
- Studien für Deckenleuchten, Mobiliar und Beschilderung
- Geschäftsbücher zu den "Großen Deutschen Kunstausstellungen":
ein Verzeichnis der eingelieferten Werke von 1941 und das
"Depotbuch für Bilder", das Ankäufe von Gemälden und Grafik
durch Adolf Hitler auflistet; geführt von 1941-1944, enthält es
jedoch bereits Ankäufe aus dem Jahr 1938
- das Buch "Hauspasse" aus dem Jahr 1950
- Entwurfszeichnungen für den Wettbewerb aus dem Jahre 1956, der
die Neugestaltung von Foyer und Mittelhalle zum Ziel hatte
Das bisher nie gezeigte Buch "Hauspasse" ist der einzig erhaltene Beleg der Zugangsberechtigungen für Mitarbeiter. Es stammt aus der Zeit der amerikanischen Militärregierung, die von 1945 bis 1955 in einem Teil des Gebäudes einen Officer's Club eingerichtet hat, und gibt Auskunft über die zeitlich parallelen und dabei sehr unterschiedlichen Nutzungen des Hauses. Neben den Bereichen Direktion, Division of Budget & Finance, Ausstellungsleitung, Department of Justice gab es auch Redaktionsbüros der Zeitschriften "Stars & Stripes" und "Heute", Aufenthaltsräume für die "Bands of Officer's Club" und einen Frisier-Salon. Auffallend ist, dass das Buch ebenso akribisch geführt wurde, wie in den Jahren von 1937 bis 1944 die Listen über die eingelieferten, ausgestellten und verkauften Werke.
Nach dem Auszug der amerikanischen Militärregierung 1955 schrieb das Bayerische Kultusministerium im Januar 1956 einen Architekturwettbewerb aus. Ziel war die Umgestaltung von Foyer und Mittelhalle zu Mehrzweckflächen. Proportionen und Beschaffenheit der Räume sollten verkleidet und - unausgesprochen - die Erinnerung an die Propagandazwecke der Nationalsozialisten zum Verschwinden gebracht werden. Umgesetzt wurde der Vorschlag des Münchner Architekten Josef Wiedemann: die rote Marmorverkleidung wurde weiß übertüncht, eingezogene Wände und Decken ließen die Dimensionen weniger monumental erscheinen. Eben diese Einbauten wurden ab 2004 im Rahmen des sog. Kritischen Rückbaus entfernt. Der Kritische Rückbau wird seine Fortsetzung in dem komplexen Sanierungsprozess finden, mit dessen Planung im Herbst 2013 das international renommierte Architekturbüro David Chipperfield Architects beauftragt wurde und dessen Durchführung die Lesbarkeit des historisch belasteten Gebäudes wieder vollständig herstellen wird.
Durch den Amtseintritt von Okwui Enwezor als Direktor des Haus der Kunst im Jahr 2011 bekam der Umgang mit der Architektur und Geschichte des Hauses einen neuen Impuls. Auf ihn geht die Initiative zurück, neue Formate für die Präsentation historischer Materialien und ihre Vermittlung zu suchen und das interaktive Angebot hierfür fortlaufend zu erweitern.

Die Lage der Archiv Galerie an der Mittelhalle und ihre Nähe zu der jährlich, im Rahmen von DER ÖFFENTLICHKEIT - VON DEN FREUNDEN HAUS DER KUNST vergebenen Auftragsarbeit an eine internationale Künstlerpersönlichkeit unterstreicht den Ansatz, den Besucher zuerst über die zeitgenössische Kunst mit dem Gebäude in Berührung zu bringen. In diesem Kontext sind auch die sich am und im Gebäude befindenden künstlerischen Auseinandersetzungen zu sehen, zu denen u.a. Lawrence Weiner (2007/14), Ai Weiwei (2009/10) und Mel Bochner (seit 2013) eingeladen wurden.

 

 

17.03. - 17.08. 2014

Matthew Barney

River of Fundament


Mit der großen Ausstellung "Matthew Barney: River of Fundament", präsentiert das Haus der Kunst die Weltpremiere des gesamten vielteiligen "River of Fundament"-Projekts von Matthew Barney. Dieses Projekt besteht aus dem symphonischen Film "RIVER OF FUNDAMENT" von epischer Länge (5 h), großformatigen Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien, Storyboards und Vitrinen, und verdichtet sich damit zu einem der komplexesten und ehrgeizigsten in Barneys Werk.
Seit 2007 entwickelt Matthew Barney in Zusammenarbeit mit dem in Berlin lebenden amerikanischen Komponisten Jonathan Bepler das "River of Fundament"-Projekt, das von dem amerikanischen Schriftsteller Norman Mailer und seinem Roman "Ancient Evenings" (Frühe Nächte) inspiriert ist. Der Roman spielt in Ägypten im Zeitraum 1290-110 v.Chr.; wegen einer Neigung zum Exzessiven wurde er, als er 1983 erschien, überwiegend kritisiert. Die Europapremiere des Films "River of Fundament" findet am 16. März 2014 in der Bayerischen Staatsoper in München statt. Die Ausstellung im Haus der Kunst und die Filmvorführung bilden zusammen das mehrteilige "River of Fundament"-Projekt - seit der CREMASTER-Retrospektive vor über zehn Jahren ein neues Barney-Gesamtkunstwerk.
In "RIVER OF FUNDAMENT" kulminieren sieben Jahre intensiver Meditation über Tod, Wiedergeburt, Transformation und Transzendenz. Mailers Roman schildert den spirituellen Weg des Ägypters Menenhetet I durch drei Tode und Wiedergeburten; Barney ersetzt Reinkarnation durch Recycling und die Seele des Menschen durch ein Auto. "REN", der erste Akt des Projekts, dokumentiert eine Live-Performance in einem Autohaus in Los Angeles 2008: Dort stirbt das Auto - der 1967 Chrysler Crown Imperial aus CREMASTER 3 - zum ersten Mal. "Brennende Granatsplitter und Steinsalz fliegen durch den Raum und prallen von den Fenstern ab. Blech wird vom Chassis abgerissen", lautete die Regieanweisung. Der zweite Akt, "KHU", spielt in der 'Motor City' Detroit. Dort reinkarniert der Chrysler als ein 1979 Pontiac Firebird Trans Am. In "BA" schließlich wandert die Seele des Autos nach New York. Dort gerinnt der Mythos zur Skulptur.
In "River of Fundament" arbeiten Experten aus verschiedenen industriellen Fertigungsbereichen - unter anderem Eisenverhüttung, Verschrottung und Schwefelguss - mit Schauspielern zusammen, und Charaktere aus CREMASTER 3 treten auf, einem weiteren Gemeinschaftsprojekt von Barney und Bepler, bei dem der Eingetragene Lehrling von Barney selbst und die Eingetragene Novizin von Aimee Mullins dargestellt wurde, als Doppelrolle des "Ka of Norman". Das Libretto enthält Exzerpte aus dem Prolog zu Mailers Roman und dem ägyptischen Totenbuch, und vereint eine Vielzahl von Gedanken zu den zeitlosen Fragen nach Sterblichkeit und Wiedergeburt.
Im Zentrum der Ausstellung im Haus der Kunst steht DJED, eine massive gusseiserne Skulptur, die während einer Liveperformance, "KHU", entstanden ist. Die Urform und Ikonografie von DJED ist das Fahrwerk des Chrysler Imperial. 25 Tonnen flüssiges Eisen wurden vor Publikum aus fünf eigens hergestellten Schmelzöfen in eine offene Grube gegossen, die auf dem Gelände eines stillgelegten Stahlwerks am Detroit River ausgehoben worden war. Die großformatige Skulptur DJED hat formale Ähnlichkeit mit dem Djed-Pfeiler, dem ägyptischen Schriftzeichen für Ewigkeit, Fortdauer. Ursprünglich war der Djed-Pfeiler wohl ein Schilf- oder Garbenbündel als Fruchtbarkeitssymbol. Die Zeremonie der Errichtung des Djed-Pfeilers, bei welcher der Pharao selbst den Pfeiler mittels Stricken aufrichtete, wurde später in den Kult des Toten- und Fruchtbarkeitsgottes Osiris aufgenommen und so stark mit ihm verbunden, dass er als Wirbelsäule des Osiris gedeutet wurde. Darauf spielt auch Spruch 155 des Totenbuches an: "Spruch für ein goldenes Djed-Amulett, das an den Hals dieses Verstorbenen gelegt wird. Richte dich auf, Osiris. Dein Rücken gehört dir, du Herzensmatter, Deine Wirbel gehören dir, du Herzensmatter. Wende dich auf deine Seite, damit ich dir Wasser gebe. Schau doch, ich habe dir das goldene Djed-Amulett gebracht, damit du darüber jubelst."
Barney setzt mit der Ausstellung das Programm fort, das er im Laufe der letzten sieben Jahre entwickelt hat: ein komplexes System von Erzählstoffen, das persönliche, historische und moderne Mythologien verwebt. Im Zentrum steht die Frage nach der Existenz einer kohärenten Identität bzw. eines spirituellen Kerns, der die individuellen Merkmale eines Menschen nicht nur in diesem Leben, sondern auch nach dem physischen Tod bewahrt. Mit den Skulpturen dieses Projekts hat sich Barney von den typischen Materialien seiner früheren Arbeiten - Thermoplastik und Vaseline - entfernt und benutzt nun Metalle und Materialien, die zum einen näher an der Tradition der Skulptur und zum anderen industriell geprägt sind: Eisen, Bronze, Blei, Kupfer, Messing, Zink und Silber. Weiterhin verwendet er natürliche Substanzen wie Schwefel und Salz. Zu den 15 ausgestellten neuen Skulpturen zählen "Canopic Chest" - der Titel bezieht sich auf die sogenannten Kanopen, die Gefäße, in denen im alten Ägypten die Eingeweide Verstorbener bestattet wurden - sowie "Sacrificial Anode": Hier wird auf ein spezifisches Opfermetall angespielt, das für andere Metallobjekte als Rostschutz dient. Die Formen basieren auf dem "Was", einem ägyptischen Herrscherstab und Machtsymbol. In alter Zeit war es aus einem getrockneten Stierphallus hergestellt worden, später dann aus Edelmetallen.
Die Ausstellung umfasst weiterhin eine Reihe neuer Zeichnungen, Fotografien, Storyboards und Vitrinen, die Charakter und thematische Entwicklung des Projekts im Detail dokumentieren. Die Zeichnungen zeigen u.a. Barneys Bearbeitung von Mailers Roman "Frühe Nächte". Dabei liegt das jeweilige Exponat - z.B. das aufgeschlagene Buch, in das Barney gezeichnet hat - in einer vom Künstler selbst entworfenen Vitrine auf einem Salzblock. Damit spielt Barney auf Detroit an: In den Salzminen, die sich unterhalb des Detroit River erstrecken, befindet sich ein ausgedehntes und komplexes Verkehrsnetz, das mit den Tunneln und Geheimkammern unter den Großen Pyramiden verglichen worden ist. In seinen Zeichnungen hat Barney erneut mit ausgefallenen, symbolträchtigen Materialien wie Gold, Silber, Lapislazuli und Schwefel experimentiert. Die Bedeutung erschließt sich nicht nur über das Dargestellte und seine vielschichtigen Narrative, sondern auch über die stilistisch raffinierte Verwendung des Mediums.
Eine neue großformatige Fotografie zeigt einen toten Ibis, der zwischen Wüsten-Beifuß und anderen Pflanzen der amerikanischen Hochwüste liegt. Der Ibis wurde mit einer Schrotflinte erlegt und hat mehrere Einschusslöcher. In seinem Schnabel steckt eine kleine Goldkugel. Diese Goldkugel war in einer Szene von "River of Fundament" vorgekommen, in der Matthew Barney in der Rolle des "Ka of Norman" das Kostüm von James Lee Byars trägt und "The Death of James Lee Byars" nachspielt.
Matthew Barney wurde 1967 in San Francisco geboren und lebt und arbeitet in New York. Er hat an großen Ausstellungen wie der documenta IX (1992) in Kassel, den Whitney Biennalen von 1993 und 1995 in New York sowie den Biennalen von Venedig 1993 und 2003 teilgenommen. Die vom Solomon R. Guggenheim-Museum in New York ausgerichtete Einzelausstellung "The Cremaster Cycle" wurde auch im Museum Ludwig in Köln und im Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris gezeigt (2002-03). Die Ausstellung "Drawing Restraint", organisiert vom 21st Century Museum for Contemporary Art, Kanazawa, Japan, reiste weiter zum Leeum Samsung Museum of Art, Seoul, zum San Francisco Museum of Modern Art, zur Serpentine Gallery in London und zur Kunsthalle Wien. Im Schaulager/Laurenz Foundation in Basel, Schweiz, war 2010 "Matthew Barney: Prayer Sheet with the Wound and the Nail" zu sehen. Eine Auswahl seiner Zeichnungen wurde 2013 in der New York's Morgan Library and Museum sowie der Bibliothèque national de France präsentiert ("Subliming Vessel: The Drawings of Matthew Barney").
Der Katalog erscheint bei Rizzoli und enthält Beiträge von Hilton Als, Homi K. Bhabha, Diedrich Diederichsen, Okwui Enwezor, David Walsh sowie Installationsansichten aus dem Haus der Kunst, ISBN 978-0-8478-4258-2.
"River of Fundament" wird von Okwui Enwezor kuratiert und vom Haus der Kunst organisiert, in Zusammenarbeit mit dem Museum of Old and New Art (MONA), Tasmanien, Australien. Dort wird die Ausstellung in veränderter Form im Herbst 2014 zu sehen sein.
Die Europapremiere des Films wird in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsoper in München präsentiert. "RIVER OF FUNDAMENT" ist produziert von Matthew Barney und Laurenz Foundation.
Wir danken unseren Gesellschaftern für die jährliche Unterstützung des Programms: Freistaat Bayern, Josef Schörghuber Stiftung, Gesellschaft der Freunde Haus der Kunst e.V.
Zusätzliche Unterstützung wurde bereitgestellt von Laurenz Foundation, Gladstone Gallery, New York; Regen Project, Los Angeles, sowie Sadie Coles HQ, London.

Samstag, 15. März 2014, 18 Uhr
Künstlergespräch: Matthew Barney im Gespräch mit Okwui Enwezor
anschließend Eröffnung der Ausstellung
Sonntag, 16. März 2014, 20 Uhr
Europapremiere des Films "RIVER OF FUNDAMENT" in der Bayerischen Staatsoper

 

 

28.02. - 13.07. 2014

Ellen Gallagher

 

In einer Bildsprache, die Elemente aus Mythen, Natur, Kunst und Sozialgeschichte vereint, schafft Ellen Gallagher (geb. 1965 in Providence, Rhode Island) komplexe Arbeiten in einer Vielzahl verschiedener Medien: Malerei, Zeichnung, Relief, Collage, Druck, Plastik, Film und Animationsfilm.
Sie wurde international bekannt, indem sie eine minimalistische Ästhetik, die auf hoch komplexen Wiederholungen beruht, mit der Ikonografie von teilweise karikiert überzeichneten Lippen und Augen schwarzer Vaudevillekünstler aus Minstrel-Shows verband.
Auch mit ihren Apdationen, einer eklektizistischen Auswahl von Bildern aus Literatur, Musik, Science Fiction, Werbung und Naturgeschichte, erforscht sie das Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. In akribischen Arbeitsschritten werden diese Bilder immer weiter verunklart und überlagert, bis durch einen Schleier von Tintenschlieren, Löchern, Flecken und Abrieb nur noch Spuren davon sichtbar sind und eine seltsame und beunruhigende Fantasiewelt entsteht.
Die Überblicksausstellung geht der Entwicklung und Wiederkehr von Themen nach, von ihren bahnbrechenden frühen Leinwandarbeiten über die "Wigmap"-Gittercollagen bis zu jüngsten Filminstallationen und weiteren neuen Arbeiten. Sie hat ihre Premiere an der Tate Modern, London (1. Mai - 1. September 2013).

 

 

21.06. - 1210. 2014

Stan Douglas

Nach seiner mehrfachen Teilnahme an der Biennale in Venedig und an der Documenta in Kassel ist Stan Douglas (* 1960) in der internationalen Kunstszene längst eine feste Größe. Man verbindet mit ihm filmische und installative Arbeiten, bei deren Montage der Zufall mitwirkt und verlorene Utopien des 20. Jahrhunderts thematisiert werden. In den letzten Jahren nahm die Fotografie im Schaffen des Kanadiers selbständigen Raum ein. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl seiner überwiegend großformatigen neuesten Arbeiten auf diesem Gebiet. Anders als in seiner frühen dokumentarischen Fotografie geht es Douglas heute um historische Themen wie Emanzipationsbewegungen am Beispiel Vancouvers in "Crowds and Riots" (2008) oder kulturelle Phänomene am Beispiel der Diskomusik in "Disco Angola" (2012). Für "Midcentury Studio" (2010-11) schlüpfte der Künstler selbst in die Rolle eines fiktiven Reportagefotografen, um seine Heimatstadt Vancouver in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu porträtieren. Douglas wählt Darsteller, Kostüme und Beiwerk sorgfältig aus und greift auf Produktionsmittel der Filmindustrie zurück. Neuland betritt er mit der Theaterproduktion "Helen Lawrence": Das Spiel der Schauspieler auf der Münchner Bühne wird gefilmt und augenblicklich in eine computergenierte Umgebung eingefügt. "Helen Lawrence" wird zeitgleich zur Ausstellung als Gastspiel in den Münchner Kammerspielen zu sehen sein. Kurator ist León Krempel.

 

 

27.06. 2014 - Anfang Januar 2015

Slapstick. Sammlung Goetz im Haus der Kunst

Slapstick ist per Definition eine spezielle Form der Filmkomödie. Bezeichnend dafür ist eine körperbezogene Situationskomik, die meist ohne Worte auskommt. Sie verleitet den Zuschauer, über Dinge zu lachen, die aus einem anderen Blickwinkel oft das Gegenteil von lustig sind. Der Slapstick schafft eine moralfreie Situation, in der der Zuschauer aus einem Instinkt heraus handelt. Arbeiten wie "King" von Olaf Breuning oder auch "Hungry Hungry Hippoes" von Nathalie Djurberg zeigen deutlich, dass viele Begegnungen nur einigen Beteiligten lustig erscheinen. Diese Art des Humors, die auch im Alltag vorkommt, lebt zum großen Teil von Grausamkeit und Unterdrückung, die in diesen Arbeiten zum Vorschein kommt. Die Ausstellung "Slapstick" präsentiert Arbeiten von Francis Alys, Rodney Graham, Robin Rhode, Jochen Kuhn, Mike Kelley und anderen. Die Werkauswahl wird von Ingvild Goetz getroffen.

 

 

 

19.09. - 01.02. 2015

Georg Baselitz

Die Wiederaufnahme und kritische Reflexion des eigenen Werks ist seit jeher ein prägendes Merkmal der Arbeit von Georg Baselitz. Im vergangenen Jahrzehnt nimmt die Neu-Interpretation programmatischer Werke vor einem veränderten Zeithintergrund einen breiten Raum ein. So griff er in einem spannungsvollen Prozess Gemälde wie "Die großen Freunde" oder "Die große Nacht im Eimer" in der Remix-Serie wieder auf. Darin eignet er sich das Motiv in einem völlig veränderten formalen Zugriff an, der die signifikanten Merkmale der ursprünglichen Fassungen geradezu konterkariert. Der einstigen Wirkung eines kraftvollen Duktus der gesättigten opaken Farbmaterie steht die luzide Transparenz eines Farbdrippings gegenüber, der die Motive sozusagen verflüssigt und zeichnerisch auflöst. Diese Leichtigkeit der Herangehensweise wirkt wie eine Befreiung der Darstellung von Inhalt und Bedeutung, die das eigene Denken und Schaffen in eine zeitgenössische Tonart transponiert.
In diesem Sinne erscheinen die sogenannten "Schwarzen Bilder", die seit Ende 2012 entstanden sind, als eine folgerichtige Konsequenz, in der das Pendel der analytischen Durchdringung des eigenen Tuns in entgegengesetzte, abseitige Gefilde des eigenen Wesens ausschlägt.
Das Adler-Motiv in seiner symbolisch aufgeladenen Schwerkraft, das seit den frühen 1970er-Jahren im Werk von Georg Baselitz verankert ist, erscheint dabei wie kein anderes prädestiniert, diesem unheimlichen Zug nachzuspüren. "Für die Erfindung eines derart extremen Bildmodells wie jenem dieser 'Schwarzen Bilder' erschien dem Maler gerade das Adlermotiv in seiner dynamischen Flächenausbreitung formal zwingend. Jedes andere Sujet seines figürlichen Repertoires, welches uns mit der 'Remix'-Serie seit 2004 verjüngt und wie neu erfunden vor Augen trat, hätte allzu vordergründig das Ikonographisch-Erzählerische betont."(Michael Semff, Die dunkle Seite - Gedanken zu neuen Gemälden von Georg Baselitz).
Die von Ulrich Wilmes kuratierte Ausstellung im Haus der Kunst stellt diese neue Werkreihe zusammen mit den zeitparallel entstandenen Skulpturen in das Zentrum der Präsentation. Dabei wird rückschauend die formale und inhaltliche Erneuerung, der Baselitz das eigene Werk immer wieder unterzieht, anhand von verwandten und komplementären Beispielen von 1978 bis heute aufgezeigt.

 

 

17.10. 2014 - 20.09. 2015

Anri Sala

DER ÖFFENTLICHKEIT - VON DEN FREUNDEN HAUS DER KUNST

'Capsule'-Ausstellungen
Das Haus der Kunst gibt jungen internationalen Künstlern die Gelegenheit, sich durch eine kleinformatige Ausstellung einem internationalen Publikum vorzustellen. Für 2014 sind folgende Künstler eingeladen:

 

 


24.10. 2014 - 11.01. 2015

Tilo Schulz

Tilo Schulz wird ein neues szenisches Stück schreiben und wendet sich damit dem bisher wenig beachteten literarischen Teil seines Werkes zu. Der Text wird von Schauspielern vertont und Bestandteil einer raumgreifenden Installation, welche die Architektur wesentlich modifiziert und den Besucher als Akteur aufnimmt.

 


24.10. - 11.01. 2015

Mohamed Bourouissa

Der französisch-algerische Künstler Mohamed Bourouissa (geb. 1978) untersucht in seinen multi-medialen Arbeiten Strategien der Subjektivierung und der Repräsentation. Im Zentrum seiner Arbeit stehen Menschen, die sich sozial, kulturell und ökonomisch an den Rändern der Gesellschaft bewegen. In früheren Arbeiten wie "Périphérique" (2005-09) arbeitete er beispielsweise eng mit männlichen Protagonisten aus den Banlieues zusammen. Er inszenierte sie in Fotografien, die kompositorisch von den Gemälden Caravagios, Delacroixs oder Géricaults inspiriert sind.
Für seine Ausstellung im Haus der Kunst entwickelt er ausgehend von der vielteiligen Installation "All-in" (2013) eine Präsentation, in der konträre Wertesysteme aufeinander treffen. Im Zentrum der Arbeit "All-in" stand ein Video, das die Produktion einer Münze zeigt und unterlegt ist mit der Musik der Rap-Ikone Booba. Bourouissa bewirkt durch die Reibung unterschiedlicher Wertesysteme einen neuen Blick auf Personen mit gesellschaftlich 'prekärem' Status und zieht gängige Mechanismen von Stereotypisierung in Zweifel.

 

 

27.02. 2015 - 26.07. 2015

Louise Bourgeois


Im Laufe ihrer sieben Jahrzehnte umfassenden Laufbahn hat Louise Bourgeois (1911-2010) Ideen initiiert und entwickelt, die später Schlüsselpositionen in der zeitgenössischen Kunst einnahmen: unter anderem das Format der Installation, das Theatralische und Themen des Feminismus. Ihre unverwechselbaren skulpturalen Formen, die in komplexen ikonografischen und psychologischen Tableaus ausgearbeitet sind, sowie ihre herausragenden Zeichnungen sind unübertroffen.
Zu den innovativsten und anspruchsvollsten skulpturalen Arbeiten innerhalb ihres umfangreichen uvres gehören die "Cells" ["Zellen"], eine Serie von architektonischen Räumen und Situationen, die ihre Aufmerksamkeit fast zwanzig Jahre lang gefesselt hat. Die Zellen decken mehrere von Bourgeois' künstlerischen Anliegen gleichzeitig ab und wirken als hoch emotionale Mikrokosmen. Jede Zelle ist ein facettenreiches und dichtes Arrangement in einem Gehäuse, das als spannungsreiche Barriere zwischen Louise Bourgeois' Innenwelt und der Außenwelt des Ausstellungsraums steht. In sorgfältig inszenierten, fast theatralen Szenen erzeugen gefundene Gegenstände, Kleidungsstücke oder Stoffe, Mobiliar und markante Skulpturen von Bourgeois eine intensive Atmosphäre. In Bourgeois' eigenen Worten:
"Die Zellen repräsentieren verschiedene Arten von Schmerz: physischen, emotionalen, psychologischen, geistigen und intellektuellen Schmerz. Dabei ist jedoch die Frage: Wann wird eine Emotion physisch? Wann wird das Physische emotional? Es geht immer im Kreis ... Jede Zelle befasst sich mit dem Genuss des Voyeurs, mit dem Reiz des Sehens und Gesehenwerdens. Die Zellen ziehen sich entweder an oder stoßen einander ab. Es gibt diesen Drang, sich zu verbinden, zu verschmelzen oder zu zerfallen." (Louise Bourgeois, 1991)
Mit Unterstützung von Louise Bourgeois Studio and Foundation und in enger Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Freund und engagierten Assistenten Jerry Gorovoy wird das Haus der Kunst die größte Anzahl von "Zellen", die je zusammen gezeigt worden sind, in einer Ausstellung vereinen. Die von Julienne Lorz kuratierte Ausstellung kehrt damit zu einem Schlüsselaspekt von Bourgeois' Denken zurück, und analysiert die begrifflichen, architektonischen und psychologischen Akzente, die sie mit den Zellen gesetzt hat.

 

 

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