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Kunsthalle der Hypo-KulturstiftungTheatinerstraße 8
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13.02. - 07.06. 2009
Frans Hals
und Haarlems Meister der Goldenen Zeit
In Zusammenarbeit mit dem Frans Hals Museum in Haarlem, zeigt die Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung erstmals eine Ausstellung mit Meisterwerken aus der Goldenen Zeit der niederländischen Tafelmalerei. Für die Neuerungen in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts spielten die Künstler in Haarlem eine führende Rolle. Über 120 Arbeiten von Hendrick Goltzius, Frans Hals, Jacob van Ruysdael, Pieter Saenredam, Jan Steen, und vielen anderen Künstlern, verdeutlichen wie sich in jenen Jahren erstmals ein freier Kunstmarkt und damit Spezialisten für die verschiedenen Bildthemen entwickelten. Porträt, Landschaft, Stadtansicht, Marine, Stillleben und Genreszenen werden in der Ausstellung vorgestellt. Neben einer außerordentlich großzügigen Gruppe von Leihgaben aus dem Frans Hals Museum - darunter die beiden noch nie in Deutschland gezeigten, weltberühmten Gruppenporträts der Regenten und Regentinnen des Altmännerhospizes von Frans Hals - kommen Meisterwerke der Haarlemer Schule aus vielen anderen öffentlichen und privaten Sammlungen Europas und der Vereinigten Staaten nach München.
Haarlem erlebte zwischen 1610 und 1630 eine grundsätzliche Neuentwickelung der Künste. Die Grundlagen hierzu stammten schon aus dem 16. Jahrhundert, als wichtige politische, soziale und religiöse Änderungen große Folgen für die nördlichen Niederlande hatten. Der Aufstand gegen Philipp II., der zum 80-jährigen Krieg (1568-1648) gegen Spanien führte, mündete 1588 in der unabhängigen Republik der Nördlichen Provinzen. Einige Städte erlangten dabei ungeheure Macht. Vom fortdauernden Krieg in den südlichen Niederlanden profitierte der Norden durch einen unablässigen Strom von Emigranten mit Erfahrung, Handelskontakten und Kapital. So blühte ab 1590 die Haarlemer Textilindustrie, wovon auch der Mittelstand profitierte.
An diese neue Situation passten sich auch die Künstler an. Wenngleich nach der Reformation die Kirche als wichtigster Auftraggeber wegfiel, und die Städte nur teilweise dafür einsprangen, konnten die Künstler neue Abnehmer für ihre Arbeit gewinnen. Die reich gewordenen Patrizier und Handelsleute, die sich als neue Mäzene profilierten, aber auch einfache Bürger, die auf Messen und Märkten nun Bilder erwarben. Große Altarstücke und komplexe allegorische Darstellungen traten daher in den Hintergrund, während das direkte Umfeld des Bürgers zum neuen künstlerischen Thema avancierte. Der Stadt, ihrer abwechslungsreichen ländlichen Umgebung, dem täglichen Leben, Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen galt nun das Interesse. Aber auch der Bürger selbst, aus allen sozialen Schichten, wurde in Porträts und Alltagsdarstellungen festgehalten. Dieser neue Typus der Genremalerei wurde von den calvinistischen Predigten und deren biblisch inspirierter Bildsprache angeregt. Auch die Grafik spielte eine wichtige Rolle bei der Verbreitung dieser modernen Gattungen. Haarlem stützte sich dabei auf eine lange Tradition als aufgeklärte Verlags- und Druckereistadt. Die Stichserien von Maerten van Heemskerck (1498-1574) und Hendrick Goltzius (1558-1616/17) waren weltweit bekannt und lockten viele Künstler nach Haarlem. 1583 kam der Maler und Theoretiker Karel van Mander (1548-1606) hierher und gründete mit Cornelis Cornelisz van Haarlem (1562-1638) und Goltzius eine Akademie, die noch sehr unter dem manieristischen Einfluss des Antwerpener Künstlers Bartholomeus Spranger (1546-1611) stand, der am Hofe Rudolf II. in Prag Furore gemacht hatte.
Der in Antwerpen geborene Frans Hals (um 1581-1666), kam als kleines Kind nach Haarlem und wurde hier zum Meister, dessen geniale Porträts die ganze Bildgattung revoluzionierten. Mit seinen Gruppen- und Schützenbildnissen war er seiner Zeit weit voraus. Er brachte Bewegung in das Porträt und wusste die Individualität der Dargestellten perfekt zum Ausdruck zu bringen. Es folgten ihm Johannes Verspronck (1606/11-1662) und Jan de Bray (um 1627-1697), der übrigens auch ein wichtiger Historienmaler war.
Um 1610 etablierten sich Esaias (1590/91-1630) und Jan van de Velde (1568-1623) sowie Willem Buytewech (1591/92-1624) in Haarlem. Sie erforschten in der Tradition von Pieter Brueghels Brüsseler Studien nun die malerische Umgebung Haarlems mit ihren Dünen, Stränden, Dörfern, Wiesen, Kanälen und Bauernhöfen. Sie hielten ihre Eindrücke in Zeichnungen fest und vertrieben Stiche, die das Haarlemer Umland pittoresk verherrlichten. Es waren die realistischen Landschaftsmaler aus Haarlem, wie Jan van Goyen (1596-1656), Salomon van Ruysdael (1600/03-1670) und Pieter Molijn (1595-1661), die um 1625-1630 der holländischen Landschaft ihr definitives Gesicht gaben. Jacob van Ruisdael (1628/29-1682) gehörte zur nächsten Generation, die ab 1650 den Landschaften einen dramatischeren Charakter gab.
Esaias van de Velde, Willem Buytewech und Dirck Hals (1591-1656) - der jüngere Bruder von Frans Hals - legten mit ihren Gartenpartien und fröhlichen Gesellschaften um 1615 in Haarlem die Basis für die Genremalerei. Darauf bauten Jan Miense Molenaer (um 1610-1668), Judith Leyster (1609-1660) und Hendrick Pot (um 1585-1657) auf. Zwischen 1627 und 1628 war der aus Oudenaarde stammende Adriaen Brouwer (1605/06-1638) in Haarlem tätig. In dieser kurzen Zeit führte er hier das Bauernstück mit Darstellungen von raufenden, saufenden und Karten spielenden Bauern ein. Adriaen van Ostade (1610-1685) und sein Bruder Isack (1621-1649) spezialisierten sich auch auf dieses Thema, wobei zuerst das ungepflegte, ungebremste Bauernleben dargestellt wurde, doch später die Einfalt ihres Daseins, in fast naiver Form, zum Ausdruck gebracht wurde. Ihre Arbeiten erreichten eine außerordentliche Popularität. Jan Steen (1626-1679) gehörte zur nächsten Generation, und während seines Aufenthalts in Haarlem, zwischen 1660 und 1670, schuf er seine besten Arbeiten.
Um 1610 malte Floris van Dijck die ersten Frühstücksstillleben und verarbeitete darin die internationale Entwicklung aus Mailand, Frankfurt und Antwerpen. Der Stilllebenmaler Pieter Claesz (um 1597-1660) kam um 1620 von Antwerpen nach Haarlem. Hier entwickelte er aus der Antwerpener Tradition von Clara Peters und Osias Beert seine für ihn typischen Frühstück- und Bankettbilder. Sie zeichneten sich durch einen stärkeren Realismus aus und führten ab 1627/28 zu immer monochromer gearbeiteten Werken. Willem Heda (1594-1680) arbeitete gleichzeitig in dieser Art, gemeinsam prägten sie lange Zeit das holländische Stillleben.
Bei der Historienmalerei setzten die Maler Pieter de Grebber (um 1600-1652/53), Salomon (1597-1664) und Jan de Bray (um 1627-1697) die Tradition des Hendrick Goltzius und Cornelis Cornelisz van Haarlem fort. Obwohl ihre Arbeit nicht so innovativ war, haben sie doch den holländischen Klassizismus in der Historienmalerei mitbestimmt, der auch sehr am Hofe des Stadthalters Frederik Hendrik geschätzt wurde.
Das Genre der Architekturmalerei stammt aus Antwerpen, wo es von Hendrick van Steenwijck und seinem Sohn eingeführt worden war. Mit den Kircheninterieurs von Pieter Saenredam (1597-1665), der mit Hilfe von mathematischen Perspektivstudien Werke von zeitlose Schönheit schuf, wurde dieses Genre in Haarlem noch spezialisiert. Mit Darstellungen des Haarlemer Rathauses, der Großen oder St. Bavokirche, den Stadttoren, Marktplätzen und Straßen, visualisierte Gerrit Berckheyde (1638-1698) den Stolz der Bürger auf ihre schöne Stadt.
Die Haarlemer Marinemalerei geht auf Hendrick Vroom (um 1566-1640) und seine jüngeren Zeitgenossen Cornelis Claesz van Wieringen (um 1580-1633) und Cornelis Verbeeck (1590-1637) zurück und ist Ausgangspunkt für die Gattung des holländischen Seestücks. Zwischen 1600 und 1625 erhielt Hendrick Vroom einige wichtige Aufträge; um die gewünschten Seeschlachten möglichst richtig zu inszenieren, informierte er sich bei Augenzeugen und studierte die Schiffe und ihre Pläne.
Nach 1610 also begannen sich die niederländischen Künstler als Spezialisten in bestimmten Gattungen zu profilieren. Dadurch erwarben sie sich Ansehen und bauten sich einen festen Kundenkreis auf. Daneben verkauften sie ihre Arbeiten aber auch auf dem freien Markt, also über Lotterien und auf Jahrmärkten. Die Haarlemer Malerei erlangte sehr schnell großen Ruhm, so dass auch ausländische Sammler, Händler und Agenten in die Stadt gelockt wurden.