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Künstlerhaus Bethanien

Mariannenplatz 2
10997 Berlin-Kreuzberg
Tel. 030 - 616 90 30; Fax 030 - 61 69 03 30
Mi - So 14 - 19 Uhr
www.bethanien.de
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

10.4. - 4.5. 1997


Die Künstler der Galerie Wyspa, Gdansk/Danzig im Künstlerhaus Bethanien

Jarek Bartolowicz, Grzegorz Klaman, Katarzyna Kozyra, Konrad Kuzyszyn, Marek Targonski, Tadeusz Marek Sycz

Kuratorin der Ausstellung - Aneta Szylak

 

 

 

12.4. - 11.5. 1997


Laura Ruggeri

Abstract Tour Operator

Historical sites have become hysterical.
Your mind and the city are in a state of erosion.
Abstract Tours, the ultimate experience.

 

 

 

22.5. - 8.6. 1997


Laura Rggeri, Stalker u.a.

Abstract Tour Operator

Telling the Stories

 

 

 

11.4. - 27.4. 1997
Studio III


Ole Jørgen Ness

Die Wunschmaschinen legen los (in Berlin)

 

Projekt B ist nicht das Ergebnis eines frustrierten Arbeiters, der stundenlang in einem System arbeiten muß, von dem er weiß, daß er es verbessern könnte, wenn ihm nur die richtige Person zuhören würde. Ole Jørgen Ness spielt ganz bewußt die Rolle eines Produzenten, das heißt, er erprobt die Rollen, die für das Konzept der Autor/Galerie/Gastgeberidentität zur Verfügung stehen, als aktiver und mitdenkender Teilnehmer. Folglich muß er gleichzeitig mit den entgegengesetzten Rollen von Geben/Nehmen, Zuhören/Sprechen und Schaffen/ Interpretieren umgehen können. Eine bejahende Position ist im allgemeinen kritischer als eine negative Position, da man mehr Mut benötigt, zu dem beizutragen, was jemand in der Welt sehen möchte, als auf das zu reagieren, was jemand ablehnt. Solange Ness es sich erlauben kann, sich in jede beliebige Richtung zu bewegen, die er gerade interessant findet, wird er weiterhin vom Lustprinzip angetrieben werden. Aber wenn man keine redundante Selbstdarstellung fabrizieren will, ist Lust unbedingt mit Selbstkritik verbunden.

Ness beschreibt Projekt B als eine Zusammenarbeit zwischen seinen Personen, aber ich meine, daß es sich eher um ein Zusammen-Mischen handelt, da bestimmte Aktivitätsanteile jeder einzelnen Person ihre eigene Identität behalten. Bei einer ästhetischen Zusammenarbeit liegt der Schwerpunkt mehr auf Unterordnung, und dadurch werden die Beiträge der einzelnen Individuen zu einem völlig unvorhersehbaren Ergebnis synthetisiert. Wenn man sich mit dem Wunsch des Anderen beschäftigt, ergibt sich immer folgendes Dilemma: bewußte Getrenntheit oder sich unterordnende Kooperation (sich dem Wunsch des Anderen fügen). Die dichotomische Komplexität von Ness' Zehnjahresprojekt ist ein praktischer Beweis für seine ungewöhnliche Fähigkeit, der repressiven Praktik zu widerstehen, eine Standard-Kunst zu machen, um eine bestimmte Signatur oder eine stilistische Reife zu entwickeln (häufig als Zeichen von Genialität mißverstanden), was den Künstler allzu sehr an die Wünsche von anderen bindet, insbesondere an die des Marktes (wie etwa Donald Judd).

Für Ness bedeutet, dem Anderen zu begegnen, den vielen Wunschmaschinen zu begegnen, die alle tief in seinem Inneren angesiedelt sind (Greigel, der konzeptuelle Symbolist; Narcis, die Rolle der Weiblichkeit; Nexi, der surreale Traditionalist; Jorgens, der systematische Minimalist; Braaten, der modernistische Bildhauer; Ghadtspa, der abstrakte Primitivist; Askeir, der Künstler, der aus seiner Umgebung lebt; Uhrman, der architektonische Imaginist; Nemo, der mystische Spiritualist; und Ness mit der Gastgeberidentität). Nehmen wir an, daß die verschiedenen Namen es Ness ermöglichen, spezielle ästhetische Wünsche zu unterscheiden und geschichtlich einzuordnen. Man kann nicht unterscheiden, ob er (als Produzent) ihre Talente je nach Bedarf einsetzt, wenn sie relevant sind, oder ob eine Person spontan auftritt, um das Kommando über das Schiff zu übernehmen, den Gastgeber und alle anderen Personen von Deck zu werfen und das Projekt in eine unvorhersehbare Richtung zu lenken. Es ist so, als ob sie alle auf einer Reise wären, die kein bestimmtes Ziel hat.

Der erste Eindruck mag sein, daß Projekt B und vorherige Arbeiten nur auf einen Künstler verweisen, der nicht bereit ist, sich auf eine bestimmte Richtung festlegen zu lassen, aber es liegt auf der Hand, daß es sich um einen Künstler handelt, der sich bewußt ist, daß er unendlich viel produktiver ist, wenn er die Freiheit hat, eine ganze Reihe von Interessen zu erproben, und nicht gezwungen ist, in eine ganz bestimmte Richtung zu gehen. Das wird kompliziert, wenn eine Person eine andere für eine Einzelausstellung beiseite drängt oder wenn ein Zuhörer nur den Namen einer bestimmten Person kennt; die Personen als Team-Mitglieder funktionieren immer noch in einer produktiven Weise, die für einen Künstler letztendlich der am meisten befriedigende Zustand ist. Mehr noch, sie alle müssen sich auf den unvermeidlichen Wettbewerb auf dem Markt einlassen, der irrationale Vorlieben für die eine oder andere Person hat, obwohl sie (als Gruppe) weiterhin dem diskriminierenden Markt fernbleiben, der das Werk eines Künstlers oft mehr in eine bestimmte Richtung drängt als andere Erwägungen. Anders als ein Schizophrener, der durch Richtungslosigkeit unbeweglich wird, spüren Ness und seine Personen die einzuschlagende Richtung gerade durch ihre Richtungslosigkeit. Immer wenn sich jemand anschickt, das Ruder zu übernehmen, will irgendein anderer die anderen in eine andere Richtung lenken. Dieses Modell ähnelt der idealen Teamarbeit, bei der jedes Team-Mitglied abwechselnd an der Reihe ist, den Aspekt des Projekts zu vorzubringen, den er/sie am meisten verlockend findet.

In Projekt B passieren mehrere Dinge, die es von vorherigen Projekten unterscheiden, und zugleich die ungewöhnliche Entwicklung des Projekts ankündigen. Projekt B ist eine wuchernde, niemals vollendete Verschmelzung von Motiven, die entweder bekannte Resultate für Folgeprodukte der Werke der zehn Personen enthält oder einen unbeschreiblichen Haufen von wirrem Zeug umfaßt. Es ist nicht das erste Mal, daß Ness und seine Personen zusammengearbeitet oder sich zusammengemischt haben, aber es ist vielleicht das erste Mal, daß sie alle sichtbar präsent sind und das Privileg teilzunehmen nutzen. Welche Herangehensweise ist für eine Ausstellung im Künstlerhaus Berlin notwendig? Zum einen, es ist vielleicht das erste Mal, daß alle Personen kulturelle Außenseiter sind. Es hat den Anschein, als ob sie zusammengerufen worden seien, um eine kohärentere Perspektive zu konstruieren, als ob sie es sich nicht leisten könnten, sich gegenseitig zu kritisieren wie in Oslo. Einige Komponenten von früheren Werken tauchen hier in neuer Gestalt wieder auf, als ob es darum ginge, Projekt B in einer historischen Erzählung Fuß fassen zu lassen. Als Außenseiter sehen Ness und seine Personen die Begegnung mit dem Anderen hier als ein verletzlicheres Ereignis als die üblicherweise stillschweigend verlaufende Debatte zwischen Ich, Es und Über-Ich. Folglich steht Projekt B für den sichtbaren Niederschlag ihrer Diskussionsbemühungen. Während Textkunst Ereignisse als propositionale Aussagen klassifiziert, umreißt Projekt B eine Liste von nichtsprachlichen/piktoralen Motiven, deren Bezugspunkte die ästhetischen Bemühungen von bestimmten Personen sind, welche in einem elastischen, sanften Appetithappen mit drumherumfließenden Wunschbrocken erstarrt sind.

Die Konfiguration des flüssigen Designs von Projekt B muß zu Askeir gehören, da er der Meister der räumlichen Anordnung ist. Die vielen vorgefertigten und bemalten geometrischen Komponenten assoziiert man mit Ghadtspa, während die verschiedenen Türme aus Kuben und Plexiglas an Jorgens gemahnen. Projekt B beruht auf Narcis, wegen ihrer Umkehrbarkeit und Ungebundenheit. Chaos, Indeterminiertheit und Traumlogik lassen an Nexis Einfluß denken. Der Wunsch, eine Stadtansicht zu schaffen, repräsentiert Uhrmans Lieblingsprojekt. Die Kriegsflugzeuge, symbolisch für Transzendenz, unendlichen Mut und Zerstörung, müssen von Greigel plaziert worden sein. Und schließlich ist das ganze Projekt von Nemos mystischen und intuitiven Fähigkeiten geprägt. Die Zusammenmischung ermöglicht eine größere Flüssigkeit als die Zusammenarbeit, da der Wunsch jeder einzelnen Person eine heterogene Collagen-Umgebung fördert und kein Kompromiß Mischmasch. In mancher Hinsicht wird Projekt B zu einer "work site", wie man sie von Mark Dions nomadischen Identifikations-Projekten kennt. Im Gegensatz zu Dions Annäherung wird der Betrachter von Projekt B allerdings in die Rolle desjenigen versetzt, der identifizieren muß, was er/sie betrachtet. Das ist kein unvertrautes Gelände für einen Künstler, der sein/ihr Werk betrachtet.

Normalerweise wird die interessanteste Kunst unbewußt in früheren Projekten gestartet. Das heißt, gute Künstler machen Kunst, um ihre Interessen auszuloten, und nicht, um ihre Interessen vorzuführen. Immer wenn Ness überlegt, "welcher Teil von mir macht was", begibt er sich auf die dünne Scheidelinie zwischen Selbst-Erforschung und Selbst-Analyse, welche tradionellerweise der Ort für sich durchsetzende Repression ist. Wenn nun Projekt B das Ergebnis von Ness' inhärentem Mangel an Selbstkontrolle ist, scheint es anzuregen, daß, wenn wir uns bewußt dem Willen anderer beugen, wir unsere Wünsche unterdrücken und den ästhetischen Prozeß (zugleich mit Lacan und gegen Lacan) stillstellen. Wenn wir aber solche Fragen auf später verschieben, verringern wir die Unterdrückung und bleiben aktiv (flüssig und funktional). Im Grunde ist es zweitrangig, die Beiträge jedes einzelnen Autors zu identifizieren, um das Gesamtwerk als konglomerative Metapher für Kreativität würdigen zu können. Es gibt eine Menge zu sehen und zu denken, ohne daß man wissen muß, wer wo und wie dazu beiträgt.

Die Zeichnung, die Projekt B begleitet, gibt der Zeichnung von 1994, die die Personen in psychologischen, physikalischen und sozialen Einflußbereichen darstellte, eine neue Dimension. Hier erinnert das Modell an den Cyberspace mit seiner Simultaneität von unterschiedlichen Orten und Zeiten. Diese Zeichnung scheint ein Versuch zu sein, der Peripherie mehr Gewicht zu geben, dem Raum jenseits der Sphären, und im Detail die Orte überlappender Tendenzen zu erforschen.

Was bedeutet es für die gängige Vorstellung von künstlerischem Genius in Norwegen, wenn man das Selbst in zehn Personen aufspaltet, die davon ausgehen, daß es für die Bestimmung des Begriffes des Genius unmöglich ist, jemals eine Person gegenüber den anderen Personen hervorzuheben (sie brauchen nicht denselben Genius teilen, sondern sind im selben Ego angesiedelt)? Der Begriff des künstlerischen Genius bildet sich im Kampf des Selbst mit allen anderen kreativen Kräften.

Sue Spaid
Berlin, März 1997

 

 

Ole Jørgen Ness


geboren 1961 in Bergen

lebt und arbeitet in Oslo und Berlin

1983-87 Studium am National College of Art and Design, Oslo 1988

1988 Meisterklasse

1989-93 Studium an der Academy of Fine Arts, Oslo

1996/97 Stipendium des norwegischen Royal Ministry of Foreign Affairs im Rahmen des Internationalen Atelierprogramms, Künstlerhaus Bethanien, Berlin

 

 

Einzelausstellungen (Auswahl)


1991 Memoriam Genius, (Retrospective with all personaes) Library of Fredrikstad

1993 Als "Yon Egil Askeir", Memory, Herslebsgate 10, Oslo
Als "Ole Jørgen Ness", in pursuit of the authentic, Lectural performance, Museum of Contemporary Art, Oslo

1994 Als "Gustav Greigel", Hypatia, Galleri F15, Moss (Nr.1 aus einer Serie von 3 Installationen)
Als "Jøgen Jøgner Nexi", Themysteryofhistory, Galleri Riis, Oslo
Als "Gustav Greigel", Amoris, Herslebsgate 10, Oslo (Nr. 2 aus einer Serie von 3 Installationen)
Als Ole Jørgen Ness, Opus Osfris, A television debate with seven personaes, Videoinstallation, Museum of Contemporary Art, Oslo

1995 The memoriam genius collections, Opening of permanent Museum with works from all personaes, dating back to 1966, Herslebsgate 10, 4th floor, Oslo
As all personaes, Galleri Riis im Stockholm Art Hotel

1996 Als "Gustav Greigel", La Nuit, C/O, Oslo (Nr. 3 aus einer Serie von 3 Installationen)
Als "Urban Ghadtspa", Paintings 199396, Rogaland Art Centre, Stavanger Imagine Polke Over The North Pole, Cooperative expedition with Askeir, Greigel und Ghadtspa, Herslebsgate 10 B, Berlin
Als "Jørgens & Braaten", Two Sculptures, Galleri Riis, Oslo Als"Urban Ghadtspafi, Pale blue eyes, Galleri Riis, Oslo
Als "Yon Egil Askeir", S.E.T.I., Herslebsgate 10 B, Berlin Als "Yon Egil Askeir", In The Tracks Of Sumitomo, Herslebsgate 10, Oslo
Als "Jørgen Jøgner Nexi" (with his former teacher O. Raudberget) State Of The Unfon, C/O, Oslo

 

 

Gruppenausstellungen (Auswahl)


1994 White European Ma/e, als SAnima Narcis", Herslebsgate 10, Oslo

1995 ArtAttack 95, Galleri Nicolai Wallner in der Herslebsgate 10, Oslo
Perssone-Pisani-Ness, Galleri Wang, Herslebsgate 10 und die Galleri
Riis zu Gast bei der Stockholm Smart Show
Openingshow, als "Yon Egil Askeir und Urban Ghadtspa", C / O, Oslo
I Confess, als Ole Jørgen Ness und "Gustav Greigel", Nicolaj
Contemporary Art Centre, Kopenhagen
L.A. Internationa/ als "Gustav Greigel", Sue Spaid Fine Art im LACE, Los Angeles

1996 Syndig Abstraksjon als "Urban Ghadtspa", Astrup Fearnley Museum of Contemporary Art, Oslo
White European Ma/e, Part 2, Nordic Art Centre, Helsinki

 

 

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