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Staatliche Kunsthalle Baden-Baden

Lichtentaler Allee 8 A
76530 Baden-Baden
Tel. 07221 - 30076-3; Fax 07221 - 385 90
täglich außer Mo 11 - 18 Uhr, Mi 11 - 20 Uhr
info@kunsthalle-baden-baden.de
www.kunsthalle-baden-baden.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

23.04. - 24.09. 2005

Das Heilige und der Leib

Schätze aus dem Nationalmuseum Warschau

Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden und das Nationalmuseum Warschau setzen ihre seit 1997 bestehende enge Zusammenarbeit mit einem großen Ausstellungsprojekt fort.
Das Heilige und der Leib ­ Schätze aus dem Nationalmuseum Warschau schildert die religiösen und weltlichen Vorstellungen vom Heiligen und vom Leib sowie deren kontinuierlichen Wandel in der Kunst.

Gemälde und Skulpturen von Hans Baldung Grien, Lucas Cranach, Gaspare Traversi, Adriaen de Vries, Jean-Auguste-Dominique Ingres, Bodeslav Biegas u.a. ­ Kunstwerke von unschätzbarem Wert aus der Sammlung des Nationalmuseums werden in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden zu sehen sein. So gut wie alle Exponate gehen zum ersten Mal als Leihgabe ins westliche Ausland. Gezeigt werden vorchristliche Skulpturen, frühchristliche Fresken, mittelalterliche Altartafeln und Bildwerke, Gemälde der europäischen Renaissance und des Barock sowie Werke des 19., 20. und 21. Jahrhunderts, ergänzt um einige Exponate aus ägyptischer, griechischer und römischer Zeit.
Was kennzeichnet das Bild des Körpers in einer spezifischen Epoche, wie hat es sich zur vorangehenden verändert? Erscheint der Körper als diesseitig-menschlich oder jenseitig-transzendent? Welches Weltbild drückt sich im jeweiligen Menschenbild aus?
Anhand dieser Fragen führt der Rundgang durch die Ausstellung vom Schnitzaltar des hl. Stanislaus, des polnischen Nationalheiligen, bis zu den Arbeiten Artur _mijewskis, der Polen bei der Biennale 2005 in Venedig vertritt.

 

DER SYMBOLISCHE KÖRPER
In thronende Kybele aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. lässt sich durch die betont körperhafte Darstellung die leibliche Präsenz der Gottheit erkennen. Kybele, die Göttin der Fruchtbarkeit, erscheint als Projektion der Allnatur in Menschengestalt.

 

DER SPIRITUELLE LEIB
Die Schweigegeste der hl. Anna, Patronin des Nationalmuseums Warschau, deutet auf das Innerliche, aller körperlichen Bindung enthoben. Das Geheimnis des Glaubens soll bewahrt werden und das Böse nicht in den spirituellen Leib eindringen. Die Vergeistigung christlicher Heiliger zeigt sich eindrucksvoll in den frühchristlichen Fresken aus der Kathedrale von Faras. Der bedeutende Zyklus aus dem 8.­9. Jahrhundert wurde in den 1960er Jahren in der sudanesischen Wüste von polnischen Restauratoren gerettet.

 

SCHMERZ UND ERLÖSUNG
Eindrucksvoll weist eines der bedeutendsten Gabelkruzifixe, um 1350 in Breslau entstanden, auf den Opfertod Christi hin. Im ausgemergelten, von Wunden übersäten Leib des Gekreuzigten offenbart sich die mittelalterliche Versenkung in die einzelnen Ereignisse der Passion. Der Kult um den gemarterten Leib Jesu führt zum höchsten Erlebnis: der mystischen Vereinigung mit dem leidenden Christus. Das Vera Icon von 1400 macht für den Betenden die Vision von der leiblichen und persönlichen Gegenwart Christi mit eindringlichem Ernst sichtbar. Zu den kunsthistorischen Sensationen der Ausstellung gehört das Polyptychon von Miko_aj Obilman. Um 1466 entstanden, zeigt es die in der schlesischen Malerei früheste Darstellung Jesu als Ecce Homo: der dem Spott preisgegebene, von Wunden übersäte Christus. Der geschnitzte Flügelaltar mit der Legende des hl. Stanislaus, entstanden in Krakau um 1520, schildert das Martyrium des polnischen Nationalheiligen. Er wurde zum Tode verurteilt und zerstückelt. Sein Leichnam fügte sich auf wundersame Weise wieder zusammen, was der Grund seiner Heiligsprechung war. Deutlich vermischen sich in der Gestaltung der Figuren mittelalterliche mit Vorstellungen der Renaissance.

 

TRIUMPH UND TRAUER DES LEIBES
Mit Adam und Eva hat Lucas Cranach d.Ä. um 1508/12 den Sündenfall, eine der wesentlichen Erzählungen des Christentums, in ein Bild gefasst. In der Auffassung des Körpers orientiert er sich am klassischen Menschenbild der Antike und gehört damit in der Zeit der Renaissance in Deutschland zu den bahnbrechenden Künstlergestalten. Mit einem lebensvoll sinnlichen Körper bringt Cornelis Cornelisz van Haarlem um 1592 Christus mit Kreuz und Kelch zur Darstellung. Christus wird als der Erlöser gezeigt, der in diesseitig menschlicher Erscheinung den Tod am Kreuz siegreich überwindet. Die wenige Jahre später 1604 entstandene Figur von Adriaen de Vries zeigt die leibliche Schönheit Jesu sogar schon während der Passion. Christus an der Geißelsäule ist eine der bildhauerischen Inkunabeln des europäischen Manierismus. Unter den Hieben der Schergen schraubt sich der Sohn Gottes als vollendete »figura serpentinata« elegant in die Höhe.

 

DER LEIB: ROMANTISCH, REALISTISCH, EKSTATISCH, POLNISCH
Als Herausforderung des damaligen Kunstgeschmacks muss die Darstellung des Bauernmädchens in Jozef Chelmonskis Altweibersommer von 1875 gelten. Hier wird mit überzeugendem Realismus monumentalisiert, was der vorausgegangenen klassizistischen Auffassung der menschlichen Figur Hohn zu sprechen scheint. Es geht ums Alltägliche, Erdige und Einfache und zugleich um eine Empfindsamkeit, in der sich die Seele der polnischen Nation wiederentdecken soll. Für die polnische Kunst ist W_adys_aw Podkowi_skis Rausch von 1894 ein Meilenstein, denn die Darstellung einer nackten Frau auf einem schwarzen Pferd ist einzigartig in dieser Zeit. Podkowi_ski will die erotische Ekstase des Leibes hier zu jenem Absoluten steigern, das als kosmische Macht begriffen wird. Als für die polnische Malerei der Jahrhundertwende typische Haltung des Intensivismus muss Wojciech Weiss' Gemälde Frühling von 1898 gelten, das einen sich seiner Sexualität bewusst werdenden Jungen porträtiert.

 

ANALYSE UND APOKALYPSE
Mit dem kraftvollen, aus Segmenten konstruierten Selbstbildnis (zur Sonne gehend) gibt Xawery Dunikowski 1917/1920 eine dynamisch monumentale Charakterisierung des titanenhaft ausschreitenden, Zukunft und Welt gestaltenden Künstlers. Der hoffnungsfrohen Aufbruchstimmung erteilt Bronislaw Linke in seinen Zeichnungen 1930/40 eine desillusioniert unbarmherzige Antwort, indem er Krieg und monströse Sexualität als Geißeln der Menschheit brandmarkt.

 

MATERIE DER EXISTENZ UND LEBENSSPEICHER
Oskar Dawicki
, Zofia Kulik und Artur _mijewski schlagen den Bogen in die Gegenwart. Der menschliche Leib ist in ihren Arbeiten eine zentrale künstlerische Metapher, mit der sie an die große Tradition religiöser Kunst in Polen anknüpfen und zugleich die historischen Werke öffnen für ein heutiges Erleben, Verstehen.

 

Deutsch-Polnisches Jahr 2005/2006
Das Heilige und der Leib
ermöglicht einen Einblick in die enge Verbundenheit Polens mit der westeuropäischen Kunst- und Kulturgeschichte. Im Deutsch-Polnischen Jahr 2005/2006 regt die Ausstellung zur vertieften Auseinandersetzung mit einer Kulturnation an, die auch im Blick auf die Erweiterung der Europäischen Union zu den wichtigsten Partnern in Mitteleuropa zählt. Im Anschluss an die Kunsthalle Baden-Baden wird die Ausstellung ab Oktober 2005 zur Eröffnung des Deutsch-Polnischen Jahres im Nationalmuseum Warschau gezeigt.

 

 

Schirmherr der Ausstellung ist Herr Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Schmidt

 

Katalog
Zur Ausstellung erscheint im Hatje Cantz Verlag der Katalog "Das Heilige und der Leib ­ Schätze aus dem Nationalmuseum Warschau" in einer deutschen und einer polnischen Ausgabe. Hrsg. Matthias Winzen, mit Texten von Witold Dobrowolski, Ma_gorzata Kochanowska-Reiche, Anna Manicka, Ewa Micke-Broniarek, Bo_ena Mierzejewska, Dorota Monkiewicz, Katarzyna Nowakowska-Sito, Gabriele Sorgo, Matthias Winzen, Antoni Ziemba u.a., ca. 184 S., ca. 130 farbige Abb.

 

 

Die Ausstellung wird im Rahmen des Deutsch-Polnischen Jahres 2005/2006 maßgeblich gefördert von:
Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg
Adam Mickiewicz Institut mit Mitteln des Kulturministeriums der Republik Polen
Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit

 

Zur Eröffnung der Ausstellung "DAS HEILIGE UND DER LEIB ­ Schätze aus dem Nationalmuseum Warschau" laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein.
Dr. Matthias Winzen

ÖFFNUNGSZEITEN
Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr
Mittwoch 11 bis 20 Uhr
Montag geschlossen

EINTRITT
Kombiticket (mit Sammlung Frieder Burda): Euro 10
Staatliche Kunsthalle Baden-Baden: Euro 5
Mit den üblichen Ermäßigungen, Sonderveranstaltungen ausgenommen

FÜHRUNGEN
Mittwochs 18:15 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung


 

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