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Staatliche Kunsthalle Baden-Baden

Lichtentaler Allee 8 A
76530 Baden-Baden
Tel. 07221 - 30076-3; Fax 07221 - 385 90
täglich außer Mo 11 - 18 Uhr, Mi 11 - 20 Uhr
info@kunsthalle-baden-baden.de
www.kunsthalle-baden-baden.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

23.04. - 10.07. 2005

Park. Zucht und Wildwuchs in der Kunst

u.a. mit Arbeiten von

Joachim Brohm und Peter Piller

In Kooperation mit SWR2 und Kunstakademie Düsseldorf

Die viel beachtete Ausstellung »Seele ­ Konstruktionen des Innerlichen in der Kunst« im Februar dieses Jahres markierte den Start einer neuen Ausstellungstrilogie. Bis Oktober 2005 organisiert die Kunsthalle drei Ausstellungen und drei Tagungen zum Thema »MULTIPLE RÄUME ­ Seele, Park, Film«. Wissenschaft und Kunst werden in einen Dialog über unsere Verhältnisse zu und in Räumen gesetzt. »Seele«, »Park«, »Film« bezeichnen thematische Schwerpunkte, um die herum sich die wichtigsten Aspekte unserer Erfahrungsmöglichkeiten von Raum gruppieren lassen.
»Park« verweist auf den Naturraum. Im Park erfindet der Mensch die Natur von neuem, als Kunstnatur und Naturkunst. Die Wildnis wird bezähmt, eingegrenzt und in eine paradiesische Schutzzone umgewandelt. Parks sind stille Rückzugsorte, sie mäandern als Grünflächenbebauung in die Städte hinein und wuchern zu spektakulären Themenparks. Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Videoarbeiten und Installationen aus mehr als hundert Jahren zeigen, wie bildende Künstler den Garten als exemplarischen Naturraum oder ideal geordneten Kulturraum inszenieren, als Labor und Denkmodell für unser Naturverhältnis.
Mit der Ausstellung »Film« findet die Trilogie »MULTIPLE RÄUME« im Oktober 2005 ihren Abschluss.

Ausstellungseröffnung:
Freitag, 22. April 2005, 19 Uhr

 

 

Tagung

MULTIPLE RÄUME (3): FILM
in Kooperation mit SWR2 und der Folkwang Hochschule in Essen

ABSTRACTS DER BEITRÄGE:

 

Prof. Dr. Jörg Jochen Berns
Universität Marburg

OBSKURE RÄUME ­
Zur Genese der Kinolust

Zeugnisse von Camara obscura-Besuchern des 16.-18. Jahrhunderts über die Lust an projizierten Naturbildern: C. Huyghens, D. Schwenter, J. Addison. Apparative Aufrüstung der Camera obscura zu Zwecken theatral-ästhetischer Erbauung und empirisch-deskriptiver Welterfassung.
Metaphorische Aufrüstung: Maschinisierung des eigenen Körpers: Auge, Hirnkammern, Herz, Brust als Camerae obscurae: Leonardo, Harsdörffer, Lichtenberg, Jean Paul. Das Kino als obskure Kammer, das die metaphorischen und theologischen Versprechen der früheren Dunkelraumprojekte in sich hält.

 

Dr. habil. Oliver Grau
Kunsthistorisches Seminar, Humboldt-Universität Berlin

REMEMBER THE PHANTASMAGORIA! ­
Zum Vor- und multimedialen Nachleben des Films

The Phantasmagoria, developed from the Laterna Magica and part of the history of immersion, opened up the virtual depth of the image space for the first time as a sphere of dynamic changes. In the Phantasmagoria, phenomena come together that were important for film aesthetics and which we are experiencing again in contemporary art and visual representation - the talk will discuss a number of contemporary media artists, who develop film to a processual, interactive collage.
In contrast to the Panorama of the nineteenth century, the medium Phantasmagoria suggests that contact can be established to the psyche, the dead, or to artificial life forms. It is a model for the "manipulation of the senses", the functioning of illusionism, the convergence of realism and fantasy, the very material basis of an art work that appears immaterial.

 

Prof. Dr. Lutz Ellrich
Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft der Universität zu Köln

FILMRAUM UND CYBERSPACE

Das Medium Film verändert ­ so die gängige Aussage der Filmtheorie ­ die menschliche Wahrnehmung von Raum und Zeit. Gelegentlich wird sogar von einer "Zerstörung" etablierter Raum- und Zeitvorstellungen gesprochen. Um die besondere Leistung des Films näher zu bestimmen, soll im Vortrag ein Vergleich zwischen Film- und Computertechnik angestrengt werden. Als forschungsleitende These kann folgende Behauptung gelten: Während der Film Räume als ,Ereignisse' in der Zeit zur Darstellung bringt, wird in computergenerierten Räumen die Zeit gleichsam topologisiert.

Diese These soll mit Hilfe von drei Fragen expliziert werden:
1. Welche Rolle spielt die spezifische Zeitstruktur des Intervalls bei der Konstruktion filmischer und computerbasierter Räume?
2. Lässt sich jene in den aktuellen Raumtheorien entwickelte Differenz von Ort und Raum für den Vergleich zwischen Film und Computer produktiv machen? In welchem Sinne verwandeln zum Beispiel Filme und Computersimulationen Räume in Orte und vice versa? 3. Wie steuern unterschiedliche mediale Raumkonstruktionen die Aufmerksamkeit des Zuschauers bzw. Akteurs?

 

Prof. Dr. Jürgen Müller
Institut für Kunstgeschichte, Technische Universität Dresden

OUT OF FOCUS ­
Zur Nichtidentität des Raumes in Orson Welles' "The Lady from Shanghai" (1947)

Mit dem klassischen Hollywoodkino verbinden wir eine Ästhetik, die ihr Hauptaugenmerk auf die erzählte Geschichte legt. Der Filmschnitt wird unsichtbar gemacht, um den Fluss der Narration nicht zu unterbrechen. Orson Welles bricht in "Citizen Kane" aus dem Jahre 1941 mit diesem Kino, um stattdessen eine Ästhetik der Transition, der künstlichen und absichtsvollen Übergänge zu inszenieren. Noch extremer ist sein Vorgehen in "The Lady from Shanghai" aus dem Jahre 1949, in dem es eine Art nicht-identischen Raum gibt. Durch Schnitt, Unschärfen und abrupte Wechsel der Lichtverhältnisse wird die Objektivität der äußeren Realität in Frage gestellt und zugleich ein Bruch mit der Hollywoodästhetik herbeigeführt.

 

 

Dr. Matthias Winzen
Leiter der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden

STRUKTURIERTE UNORDNUNG ­
Fiktionale Räume um 1800 als Orte der Wahrheit

Um 1800 kultivieren Künstler und Dichter an verschiedenen Orten Europas die kreative Technik, Zufälle und handwerkliche Produktionsfehler nicht zu korrigieren, sondern sie zuzulassen und als stilistische und expressive Irritation im Bildwerk oder der Novelle nutzbar zu machen. Ein Jahrhundert vor Freud gehen Heinrich von Kleist und Francisco de Goya dem anarchischen und produktiven Potenzial von Versprechern, plötzlichen Einfällen, Erinnerungsfehlern und Witzen nach. Nachklassizistisch lassen sie Raumkonstruktionen zu, deren illusionistisch getreue Darstellung bzw. Schilderung nicht zuletzt dazu dient, die Kontinuität des Scheins radikal und effektvoll zu desillusionieren. Gewagte Montagen, unvermittelte Brüche und stilisierte Widersprüche drücken ein zutiefst beunruhigtes, dezentriertes Raumempfinden aus, das Filmschnitt und Studioattrappen vorwegnimmt.

 

Prof. Dr. Beat Wyss
Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe

DER MYSTISCHE ABGRUND
Die Wagner-Bühne auf dem Weg zum Kino

Der Vortrag skizziert die Leidensgeschichte von Richard Wagners Festspielbau, beginnend mit Sempers Entwürfen für München, bis zu jenem Provisorium in Bayreuth, das sich bis heute gehalten hat. Kern der Anlage ist ein Rangtheater mit einer Bühne, deren Ausleuchtung mit modernem Gaslicht die Illusionsbedingungen der Lichtspielhäuser vorwegnimmt.

 

 

Hanns Zischler
Schauspieler, Regisseur, Publizist

INSIDE THE DARKENED THEATRE
James Joyce tritt aus dem ambulanten Kino ans Tageslicht

Pola, Herbst 1904. In der istrischen Küstenstadt ­ ca. 20.000 Einwohner und größter Hafen der KuK Marine ­ erlischt der weit leuchtende Komet des ambulanten Kinos "Bioscop Elettrico" des Kinobetreibers Lifka für immer. Zum letzten Mal wird in einem riesigen Raum (Zelt) für 450 Zuschauer tagsüber Dunkelheit erzeugt ­ für den 8-wöchigen, massiven Niederschlag von willkürlich durcheinander gemischten 'Bildern' (Filmen): Aktualitäten, Melodramen, populärwissenschaftliche Zaubereien, komische Szenen, kolorierte Tanzszenen etc. etc. Elf Programme mit insgesamt etwa 140 Filmen. Diese geballten Vermischten Nachrichten / faits divers manifestieren sich in spukhafter Flüchtigkeit und finden ihr enträumlichtes Echo und ihre Übersetzung in den Juxtapositionen der Zeitungstypografie. Das Publikum lernt im Vorbeiflug der Bilder mit den zunehmend sprunghaften, collagierten Zeitungsseiten umzugehen. Unter den ­ hingerissenen ­ Zuschauern ist ein junger Schriftsteller, der diese enthemmte ('ambulante') Form der Narration sich aneignen und auf unerhörte Weise organisieren wird: James Joyce. Der Protagonist seines noch schlummernden Romans wird Anzeigenaquisiteur sein.

 

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