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Kunsthalle Nürnberg

Lorenzer Straße 32
90402 Nürnberg
Tel. 0911 - 231 24 03 / 28 53, Fax 0911 - 231 37 21
Di - So 10-18 Uhr, Mi bis 20 Uhr, montags geschlossen
kunsthalle@stadt.nuernberg.de
www.kunsthalle.nuernberg.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition


03.02. - 26.03.2000


Reality Bytes

Der medial vermittelte Blick


Olaf Breuning, Daniele Buetti, Cadence Giersbach,

Isabell Heimerdinger, Stephan Jung,

Thomas Rentmeister, Peter Zimmermann

 

Film, Fernsehen, Internet und die mittels Computer erzeugten oder bearbeiteten Bilder prägen Vorstellungen von der Wirklichkeit aus, die unser Denken, Handeln und Wahrnehmen durchdringen, auch wenn die Differenz zur gelebten Realität bewusst bleibt. Die medial vermittelten Bilder der Wirklichkeit sind ebenso Teil unseres visuellen Gedächtnisses wie die Abbildungen aus der Kunstgeschichte; sie werden bewusst oder unbewusst gespeichert, mitgeführt, ständig aktualisiert und verändert. Die Vervielfachung und Beschleunigung der Bilder durch die elektronischen Medien führt nicht nur zu einer deutlich stärkeren Visualisierung der Kommunikation in allen Lebensbereichen, sondern setzt auch das Sehen als sozialen und kulturellen Prozess voraus.

Diese Wahrnehmungserfahrungen sind für die Produktion von Kunst genauso wichtig wie für das Erkennen und Verstehen. Selbst wenn bei der Übertragung aus der medial vermittelten Wirklichkeit in den Kunstkontext Datenmengen (Bytes) verloren gehen oder neu verschlüsselt werden, können wir die zugrundeliegenden Codes verstehen und die Leerstellen mit eigenen erinnerten Bildern schließen.

Isabell Heimerdinger (geb. 1963) portraitiert in ihrer neuen Videoarbeit zwei Frauen, die Szenen aus dem Film "Titanic" verfolgen. Der Film selbst ist für uns nicht sichtbar, nur die Emotion und Spannung in den Gesichtern und Posen der Zuschauerinnen, die zu Darstellerinnen werden, während wir ihnen zuschauen. Während in Isabell Heimerdingers Installation der oszillierende Übergang zwischen dem durch die Medien vermittelten Blick auf die Welt und der gelebten Realitätserfahrung verdoppelt wird, baut der Schweizer Daniele Buetti (geb. I956) sanfte Brechungen ein. Er inszeniert die Ikonen der Schönheit und des Glamours in farbigem Licht, umgeben von Flitter, Folien, Leuchtkästen, Filmsequenzen und eingestreuten kurzen Fragen oder Bemerkungen, die ebenso trivial wie philosophisch sein können. Buettis Installationen lösen Emotionen aus, stimmen romantisch und melancholisch zugleich, sind aufgeladen mit unbestimmter Sehnsucht und verankert in der Realität einer nicht gerade stabilen Kulisse.

Olaf Breuning (geb. 1970) verknüpft in seinen Fotografien die glatten, verführerischen Oberflächen der Werbung mit spirituellen oder märchenhaften Elementen, auch bekannte Werke von Künstlerkollegen legen werden imitiert und integriert. Seine Bilder verschränken die medial vermittelte Wirklichkeit mit der subjektiven Erfahrung und sind Imaginations- oder Projektionsflächen für die Vorstellungen und Erinnerungen unseres eigenen visuellen Gedächtnisses.

Auch die raumgreifende Malerei der in New York lebenden Cadence Giersbach (geb.1966), die zum ersten Mal in Europa gezeigt wird, spricht unser kollektives Bildgedächtnis an. Die mittels Computer und auf gepolsterte Plastikfolien übertragene Ansicht einer Gartenlandschaft ner Gartenlandschaft erinnert an einen Insektenbau oder die fremdartige Architektur in gewissen Science Fiction Filmen und spielt damit auf den Gegensatz zwischen Natur und Urbanität an.

Lichtreflexe und Spiegelungen verhindern, dass der Umriss der hochglänzenden Skulptur von Thomas Rentmeister (geb. 1964) auf einen Blick erfasst wird. Die verführerische Oberfläche, ihre Glätte und die Auflösung des Blicks in den Spiegelungen verstärkt noch den Eindruck von Dynamik, der bereits in der organischen und zugleich technoiden Form der Skulptur angelegt ist.

Auch Stephan Jung (geb. 1964) und Peter Zimmermann (1956) setzen sich in der Malerei mit den abstrakten Formen und den optisch-physikalischen Phänomenen der medialen Oberflächen auseinander. Peter Zimmermann setzt den Computer als Mittel der Bilderfindung ein und befasst sich mit den unendlichen Möglichkeiten der zufallsbedingten visuellen Erscheinungen. Stephan Jungs großformatige Bildtafeln (Polygone) besitzen nicht nur eine enorme Strahlkraft, sie leiten den Blick des Betrachters auch in alle Richtungen zugleich weiter. Die Gleichwertigkeit aller Pixel auf den gläsernen Bildschirmoberflächen finden in der Malerei von Stephan Jung und Peter Zimmermann eine adäquate Entsprechung. Traditionelle Kriterien wie die Figur-Grund-Beziehung sind außer Kraft gesetzt, die nicht mehr hierarchisch gegliederten Bildebenen verlangen eine simultane Betrachtung.

Die Publikation zur Ausstellung erscheint am 15. März und wird gemeinsam mit dem Künstlerprojekt SITE, Magazin und Ausstellungsraum, vorgestellt.

 

 

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