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Mies van der Rohe Haus

Oberseestr. 60
13053 Berlin
Tel. 030 - 982 41 92
Di - Do 13 - 18 Uhr, Sa + So 14 - 18 Uhr
über/about Mies van der Rohe Haus
www.miesvanderrohehaus.de
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

02.12. 2006 - 11.03. 2007

Martin Noël

Hommage à Otto Freundlich


Was haben Martin Noël, Otto Freundlich und Ludwig Mies van der Rohe miteinander zu tun? Viel! Otto Freundlich (1878-1943) und Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) gehörten zur künstlerischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Freundlich und Mies waren beide Mitglied sowohl in der Novembergruppe, als auch dem Berliner Arbeitsrat für Kunst und dem Deutschen Werkbund. Doch die
Wege der beiden Modernen folgten verschiedenen Bahnen. Mies konnte wenige Jahre nach der Schließung des Bauhauses in Dessau und Berlin nach Amerika emigrieren, wo er Ruhm erlangte. Otto Freundlich hingegen starb 1943 im Konzentrationslager in Lublin-Maidanek. Seine Kopfplastik "Der neue Mensch" wurde von den Nationalsozialisten für die Schandausstellung "Entartete Kunst" als
Titelbild mißbraucht.
Das Mies van der Rohe Haus hat sich im Ausstellungskonzept die Aufgabe gestellt, den verschiedenen Linien der künstlerischen Moderne nachzugehen. Ausgangspunkt ist dabei immer das schlichte Landhaus, welches 1932 von Mies van der Rohe für den Druckereibesitzer Karl Lemke entworfen wurde. Der in Bonn lebende Künstler Martin Noël (geb.1956 in Berlin) nimmt in seiner Arbeit einen Faden der Moderne auf, indem er sich intensiv mit dem Werk Otto Freundlichs auseinandersetzt. Nach einem Besuch der Retrospektive von Freundlich, die 1978 im Rheinischen Landesmuseum in Bonn gezeigt wurde, begann sich Noël intensiv mit dem Künstler zu befassen.
Freundlich gilt als Wegbereiter der organischen Abstraktion. Für den ebenfalls abstrakt arbeitenden Maler, Zeichner und "Bilderhauer" Noël war Freundlich deshalb faszinierend, weil er in den Arbeiten Freundlichs Qualität, Sinn für Schönheit und so etwas wie eine positive Lebenseinstellung entdecken konnte. Dies interessierte Martin Noël umso mehr, da Freundlich ein schwieriges Leben hatte. So litt Otto Freundlich unter permanenter Armut. Außerdem war er ein getriebener Mensch, der an keinem Ort längere Zeit verweilte. Noël sagt, Freundlich sei ein "Künstler Künstler", das heißt, dass vor allem Künstler Freundlich schätzen würden. Noël ließ sich von Otto Freundlich inspirieren, wie beispielsweise auch der Berliner Maler Frank Badur oder der amerikanische Künstler Dan Flavin, die ebenfalls Otto Freundlich zum Gegenstand einer Hommage machten. In der Serie "Otto" von Martin Noël, aus der nun auch Arbeiten im Mies van der Rohe Haus vorgestellt werden, bezieht sich Noël auf die Formen in den Bildern von Freundlich. Noël hat dazu Sperrholz bearbeitet und einzelne Formen isoliert, die er den Bildern von Freundlich entnimmt. Danach bemalt er diese Flächen mit Farbe. Die Farben sind allerdings eigene Kreationen, die Noël aus seinen tagtäglichen Eindrücken oder Vorlieben übernimmt.
Als Akzent der Ausstellung ist auch eine kleine Arbeit "Ohne Titel (Entwurf für ein Glasfenster)" von Otto Freundlich selbst, aus dem Jahr 1934 zu sehen. Vor dem Hintergrund dieser Zeichnung kann man Martin Noëls "Ottos" verstehen. Otto Freundlich zeichnet hier nur die Konturen, die organischabstrakten Formen eines Glasfensters. Die zukünftige Farbe wurde dabei vom Künstler lediglich mit einem Farbtupfer auf der Fläche angedeutet. Eine Anleitung für Martin Noëls "Ottos"? Martin Noëls Arbeiten passen sehr gut in das Mies van der Rohe Haus. In der Achtung vor dem Material Holz, Martin Noël spricht von der "Würde des Materials", ist er wiederum Mies van der Rohe nahe. Mies liebte Farbe und Textur der von ihm verwendeten Materialien. Er arbeitete gern mit wandgroßen Marmor- oder Holzwänden, die er ähnlich wie Kunstwerke in seine Räume stellte. Die Art
und Weise wie Martin Noël nun das pure Holz in seine Arbeiten einbezieht, indem er große Holzflächen einfach stehen lässt und mit der freigestellten Farbfläche zusammenbringt ist etwas Besonderes. Meines Erachtens gibt es dieses gleichwertige Nebeneinander von Holz und Farbe in der Gegenwartskunst nicht noch ein weiteres Mal. Die Ausstellung "Hommage à Otto Freundlich" im Mies van der Rohe Haus zeigt farbige Holzreliefs "Ottos", und eine Serie von Zeichnungen, die den Titel "freundlich" tragen. Bei den Zeichnungen kamen zudem die berühmten Corbusier-Farben zum Einsatz.
Der Ausstellungskatalog erscheint Anfang Februar.
Künstlergespräch mit Martin Noël am 11. 3. 2007 um 18.00 Uhr

Vernissage: 1.12., 19.30 Uhr



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