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Olaf Gulbransson Museum für Graphik & KarikaturIm Kurgarten
83684 Tegernsee
Tel. 08022-3338
Öffnungszeiten tgl. von 11 bis 17 Uhr außer montags
olaf.gulbransson@gmx.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
28.09. - 12.10.2003
Menschen, Tiere, Illusionen. Der Zeichner Josef Blaumeiser
anlässlich der "Tegernseer Woche"
Messerscharf und warmherzig: Der Münchner Zeichner Josef Blaumeiser
Wer vor einigen Jahren durch München spazierte, begegnete seinen gemütlichen Nilpferden und frechen Affen auf fast jeder Plakatwand, wo sie dazu einluden, den "lustigen Münchner Tierpark" Hellabrunn zu besuchen. War man schlecht gelaunt, so konnten einen vielleicht auch seine lächelnden Frauentürme, die für ein "freundliches München" warben, ein wenig aufheitern. Viele Motive des Zeichners Josef Blaumeiser wurden so bekannt, dass sie heute ein Teil des Münchner und bayerischen Kollektivgedächtnisses sind.
Dies gilt jedoch nicht nur für seine Werbegraphiken, Tiere und Wolpertinger, sondern auch für seine stiernackigen Bayern und eckigen Preußen, die nun alle in einer Ausstellung im Tegernseer Olaf-Gulbransson-Museum für Graphik & Karikatur zu besichtigen sind. Die Schau mit dem Titel "Menschen, Tiere, Illusionen" findet anlässlich der Tegernseer Woche vom 28. September bis 12.
Oktober statt und umfasst rund 80 Originalzeichnungen.Der geborene Pfälzer Blaumeiser (1924-1988) kam in den 50er Jahren nach München. Nach der Ausbildung zum Graphik-Designer gründete er 1955 mit seiner Frau Anneliese ein Atelier für Werbung und Gestaltung. Lange Jahre arbeitete er als origineller und witziger, aber auch als höchst präziser und pefektionistischer Graphiker für Unternehmen wie Rodenstock, Osram oder Siemens, für verschiedene Verlage, die Stadt München und viele mehr. Im Atelier in Solln entstanden Anzeigen, Plakate und Illustrationen, die schon bald internationale Anerkennung fanden.
Mitte der 70er Jahre begann er dann eine zweite Karriere als einfallsreicher Zeichner von Cartoons und Karikaturen, die in der Münchner "Abendzeitung" oder in eigenen Bänden erschienen. Insgesamt finden sich seine Werke in mehr als fünfzig Büchern, die er allein oder gemeinsam mit anderen publizierte. Regelrecht berühmt wurden dabei die Bücher, die er zusammen mit den bekannten bayerischen Journalisten Hannes Burger, Herbert Riehl-Heyse und Ernst Fischer herausgab. Beim "Kreativ-Blödeln" in seinem Atelier schuf die sogenannte "Viererbande" satirische Bücher wie "Bayern braucht Wolpertinger" oder "Bayerns Preußen sind die besten". Viele Zeichnungen in dem Band "Bayerns Preußen", das als Lehr- und Lesebuch aufgemacht ist, wurden zu ausgemachten Klassikern: Von den Alpen mit lauter Bergen aus dem "politischen Urgestein Franz Josef Strauß" bis zum "Sechsundsechziger Krieg", den die schlecht gerüsteten Bayern gemeinsam mit Österreich gegen die militaristisch gedrillten Preußen verloren. Auf Blaumeisers Bild werden die dicken, rotnasigen Bayern ausgerechnet bei ihrer Brotzeit von den Preußen gestört, die zum Ärger der Bayern gleich auf "d´Leit geschossen" haben.
Blaumeiser entwickelte schon zur Schulzeit seinen eigenen Stil, der jedoch nicht den Vorstellungen seines Klassenlehrers entsprach. Das brachte ihm zweimal ein "mangelhaft" im Zeichnen ein, was ihn aber nicht daran hinderte, weiterhin darauf zu bestehen, alles so zu zeichnen, wie er es sah und nicht so,
wie es der Lehrer wollte. Als Karikaturist war sein Metier weniger die tagesaktuelle Zeichnung, sondern das Erfassen von Menschen und Charakteren. Mit einem sicheren Blick für das Wesentliche, mit Sympathie und Verständnis für die Schwächen und Stärken seiner Mitmenschen gelangen ihm messerscharfe, dabei aber auch warmherzige Porträts seiner "Opfer". So hatte sein Stil die kämpferische Bissigkeit eines Honoré Daumier, aber auch die freundliche Menschlichkeit von Olaf Gulbransson, der ebenfalls mit seinen Porträt-Zeichnungen berühmt wurde. Blaumeisers Stift traf zwar, tötete aber nicht. Die demaskierten Opfer konnten immer noch über sich selbst mitlachen. Dies "entsprach ganz dem
altbayerischen Grundsatz: leben und leben lassen", wie sein Freund Hannes Burger
meinte.Neben Bayern, Preußen und bekannten Zeitgenossen waren Tiere seine Lieblingsobjekte. Er konnte sie nett und freundlich wie mit Kinderaugen gesehen, aber auch als deftig-satirische Viechereien zeichnen. Oft erweckten sie Assoziationen zur menschlichen Gestalt wie etwas die Pinguine als steife elegante Frackträger , aber der Spott richtete sich dabei mehr gegen die Menschen. Auch wenn er seine Tiere verfremdete und mit menschlichen Attributen versah, machte er aus ihnen jedoch nie menschlich handelnde Wesen, wie man sie in vielen Zeichentrickfilmen sehen kann nämlich mit der Folge, dass vor allem Kinder Tiere als "lebende Puppen" sehen und ihnen so ein artgerechter Umgang mit ihnen erschwert wird. Gerade deshalb sind auch heute noch seine Zeichnungen für den Tierpark Hellabrunn so wertvoll.
Zu der Ausstellung sind ein Katalog zum Preis von 20 · sowie weitere Publikationen von Josef Blaumeiser erhältlich.
Eröffnung am Sonntag, den 28. September um 11.30 Uhr
Eröffnungsvortrag: Ernst Maria Lang