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Sprengel Museum
Kurt Schwitters Platz
30169 Hannover
Tel. 0511 - 168 438 75; Fax 0511 - 168 450 93
Di 10 - 20 Uhr, Mi bis So 10 - 18 Uhr, Mo geschlossen
www.sprengel-museum.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellungen / previous exhibitions
10.10. 2012 - 10.02. 2013
Rudolf Jahns
Im Zeichen der Linie. Die Entwicklung der Arbeiten auf Papier
Der Poet unter den Konstruktivisten, wie der in Wolfenbüttel geborene Rudolf Jahns (1896-1983) seit Mitte des letzten Jahrhunderts gerne charakterisiert wird, ist mit seinen Werken auf Papier Thema einer Ausstellung im Sprengel Museum Hannover.
Das bislang selten gezeigte grafische Gesamtwerk von Rudolf Jahns (1896-1983) wird in einer Auswahl von ca. 100 Arbeiten Zeichnungen, Druckgrafiken und Collagen präsentiert. In Bezug auf die grafische Gestaltung bemerkte der Künstler im Jahre 1963: "Linien leben, sind Eigen-Wesen und sagen aus."
Eine bessere Maxime lässt sich in diesem Zusammenhang kaum denken.
Rudolf Jahns gilt als einer der Wegbereiter der abstrakt-konstruktiven Kunst der 1920er-Jahre im hannoverschen Raum. Seine Bekanntschaft mit Kurt Schwitters, dessen 125. Geburtstag in diesem Jahr hoch geachtet wird, trug dazu bei, dass der Autodidakt
Rudolf Jahns in einem regen künstlerischen Austausch mit vielen Künstlerpersönlichkeiten stand.
Die Bündelung der gemeinsamen lokalen Kräfte führte nicht zuletzt 1927 zur Gründung der Künstlervereinigung "die abstrakten hannover". Zusammen mit Künstlerkollegen wie etwa Carl Buchheister und Friedrich Vordemberge-Gildewart sorgten sie dafür, dass sich Hannover zu einem Zentrum der künstlerischen Avantgarde in Deutschland entwickelte.
Diese Tendenzen sind in der ständigen Präsentation im Sprengel Museum Hannover in einer breiten Auswahl vertreten und lassen es zu, Rudolf Jahns über den Rahmen der Ausstellung hinaus darzustellen.
Die Zusammenführung von Papierarbeiten aus allen Schaffensperioden ermöglicht es, einen neuen Blickwinkel auf das Werk von Rudolf Jahns zu gewinnen. Die Betrachtung der künstlerischen Tätigkeit stand
bislang eher unter dem Blickwinkel der Malerei der 1920er-Jahre.
Rudolf Jahns bemerkte selbst 1921: "Die Zeichnung ist mehr als das Gemalte." Damit erhalten beispielsweise die Zeichnungen einen höheren Stellenwert als gemeinhin üblich. In der Ausstellung sind die zeichnerischen Arbeiten weniger als Vorstudien für folgende Gemälde zu betrachten, sondern als eigenständigeKunstform, die darüber hinaus in enger Korrespondenz mit anderen Papierarbeiten stehen. Auf derartigem
Weg sind diese Werke bislang selten ins Zentrum der Betrachtung gelangt.
1919 entstanden die ersten Zeichnungen nach einem eindrücklichen musikalischen Erlebnis eines Stückes des Komponisten Franz Schubert. Musik wird Zeit seines Lebens eine große Rolle spielen. Fünf Jahre später ist sein Ölbild "Akte im Raum" (1924) in der bekannten Berliner Galerie "Der Sturm" zu sehen. Spätestens mit dieser Ausstellung ist Rudolf Jahns im zeitgenössischen Kunstbetrieb fest verankert. In späteren Jahren eher zurückgezogen lebend und arbeitend, fand seine Kunst dennoch die ihr gebührende Beachtung und Präsentation in Ausstellungen.Im Mittelpunkt der künstlerischen Tätigkeit von Rudolf Jahns stehen die Themen Natur und menschliche Figur. Diese Sujets sind bereits in frühen Jahren ausgeprägter Bestandteil der Zeichnungen und der Druckgrafik und werden in der Ausstellung eingehend zu betrachten sein. Auf die thematische Wechselwirkung zwischen den einzelnen Arbeiten wird dabei besonderes Augenmerk gelegt.
Rudolf Jahns entwickelte seine Formensprache zunächst aus expressionistischen und kubistischen Einflüssen, die im Laufe des weiteren Schaffens in einen Konstruktivismus ganz eigener Anschauung zusammenfließen. Das Spektrum in der Ausstellung reicht bis zu den späteren, äußerst fruchtbaren Schaffensjahren, in denen weitere Einflüsse verschiedenster Art und punktuelle Auseinandersetzungen mit der frühen Schaffensperiode die Arbeiten prägen.Formale und inhaltliche Überlagerungen und Verdichtungen finden sich daher nicht nur innerhalb der Themen von Landschaft und Menschenbild, sondern auch zwischen den Techniken der Arbeiten auf Papier. Zeichnung und Druckgrafik stehen dafür stellvertretend. Die Collagen der 1950er-Jahre beispielsweise
verdeutlichen einen ganz eigenen Umgang mit dem künstlerischen Material. Die Breite der angewandten Verfahren und die Kombination verschiedener Materialien zu immer neuen Werken zeugen von einer weitläufigen Kreativität, die Rudolf Jahns auszeichnet. Die Zerlegung der Formen, sowie der gleichzeitige Wiederaufbau der Bildelemente werden durch den
Künstler ergründet und ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Gesamtwerk. Thema und Variation können gleichsam als Grundtenor seiner künstlerischen Praxis gelten.
Nicht zuletzt unterstreicht eine kleine Gruppe Collagen aus geschnittenen Filmstreifen die Auslotung der Möglichkeiten durch den Künstler. Diese Collagen wurden bislang nicht ausgestellt und stellen eine Novität
in der musealen Präsentation dar. Die Bilder von Rudolf Jahns sind als sinnliches Ereignis und darüber hinaus als kritische Reflexion der künstlerischen Möglichkeiten zu charakterisieren. Die Frage der Materialität des Kunstwerks und die damit verbundene erstaunlich sorgfältige Vorbereitung und Ausführung der Werke, kennzeichnen Jahns als einen äußerst präzise arbeitenden Künstler.
Der Umgang mit ungegenständlichen und abstrakten Tendenzen einerseits sowie die Bezugnahme auf gegenständliche Positionen andererseits, charakterisieren Rudolf Jahns als einen Künstler, der vermeintlich gegensätzliche Positionen in seinem Werk vereinigte.
Der Katalog zur Ausstellung umfasst auf 132 Seiten im Hardcover rund 120 Abbildungen mit einem Vorwort von Ulrich Krempel, Texten von Steffen Eigl sowie der Aufzeichnung eines Gesprächs mit Barbara Roselieb-Jahns, der Tochter des Künstlers.