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Städtische Galerie Nordhorn
Vechteaue 2 (Alte Weberei)
48529 Nordhorn
Tel: 05921-97 11 00, Fax 0921-97 11 05
Di - Fr 14 - 17 Uhr, Sa 14 - 18 Uhr, So 11 - 18 Uhr
kontakt@staedtische-galerie.nordhorn.de
www.staedtische-galerie.nordhorn.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
08.09. - 29.10. 2006
Wucherungen und Wandnahmen
mit Hannes Kater, Ubbo Kügler, Jan Mancuska, Nik Nowak, Gunter Reski, Christine Rusche, Christian Schwarzwald und Fairy von Lilienfeld
Eine jüngere Generation von Zeichnern verlässt gegenwärtig mit Lust und Energie den klassischen Rahmen von Papiermaß und Zeichenstift und erobert sich mit neuen Perspektiven und Techniken ganze Wände und Räume. Acht international orientierte Künstlerinnen und Künstler haben in der Städtischen Galerie Nordhorn mit großen, raumgreifenden und zumeist eigens für das Projekt entwickelten Wandzeichnungen die beiden Ausstellungspavillons in Besitz genommen. Zwischen komplexen szenischen Bilderwelten, die sich vielfältig verzweigend über die Wände ausbreiten, spektakulären Raumeroberungen, die das architektonische Gefüge optisch ins Wanken bringen, und plakativ ironischen Brechungen popkultureller Zeichen repräsentieren die eingeladenen TeilnehmerInnen ein weites Spektrum zeichnerischer Auseinandersetzung. Zugleich wird das Zeichnen selbst als künstlerische Technik neu beleuchtet und weit über die Beschränkungen einer Bleistiftarbeit auf Papier hinausgeführt. Zwischen szenischen Motiven und dem Graffiti entlehnten Äußerungen, zwischen ornamentalen Befragungen der Zeichenwelt und analytisch sezierenden Auseinandersetzungen mit Architektur und Raum bewegen sich dabei die allzeit vom Linearen ausgehenden künstlerischen Arbeiten.
Die Ausstellung beginnt mit unerwarteter Strenge: Der tschechische Künstler Jan Mancuska (*1972) hat mit rund 1.500 Schusslöchern das Bild eines Stuhles direkt in die Wand eingeschrieben Vorstellung und Erinnerung als ebenso gewaltsame wie melancholische Aneignung von (Lebens-)Raum. Direkt dahinter jedoch nimmt Gunter Reski (*1963) mit seinen verdrehten, poetisch ironischen Schriftbildern und Pinselzeichnungen die Galeriewände selbstbewusst in Besitz: "Zuviel Licht im Hirn macht Schatten auf der Zunge". Christian Schwarzwald (*1971) inszeniert im folgenden Raum mit "Ornithology" eine 17 m breite Wandcollage, in der er sich zeichnerisch der Konstruktion von Bildräumen widmet. Oberflächlich geht es um verschiedene Perspektiven auf identische Räume, doch dahinter verborgen lauert die Frage nach der Anwesenheit von Erzählung in medial "verbrauchten" Bildern. Ubbo Kügler (*1964) wiederum lässt seine zeichnerischen Skizzen wie Assoziationsketten ausufernd über die Wände ranken, ineinander überblendet und prall voller Alltag, eine Art in den Raum wachsendes Tagebuch, das sich im Auswuchern zugleich von seinem Autor löst. Hannes Kater (*1965) hat sich in der Welt der Zeichen und Icons gleich ein ganzes Darsteller-Ensemble versammelt. Seine Zeichnungen wachsen ganz wörtlich in den Raum, lösen sich von den Wänden ab und verwandeln seine Installation in einen kompakten Bühnenraum, in dem der Betrachter zum Regisseur der Erzählung wird. Bei Nik Nowaks (*1981) zeichnerischer Arbeit schließlich haben auch Stifte und Pinsel ihre Funktion verloren: Er zeichnet mit Klebeband, Folien und Vaseline. Zwei gigantische Kettenfahrzeuge schieben hier die splitternden Reste eines intakten Bildraums so zusammen, dass sie an die Packeisschollen bei C. D. Friedrich erinnern. Christine Rusche (*1971) wiederum fasst einen Mauerwinkel des Galeriepavillons als eigenständige skulpturale Form auf, isoliert ihn aus dem architektonischen Gefüge und bringt ihn mit scharf gezogenen Linien und Flächen zum Schweben und Kippen. Mit Fairy von Lilienfeld (*1978) endet die Ausstellung dann überraschend doch noch mit einer Kohlezeichnung: Riesig vergrößert machen sich auf ihren Wänden Darstellungen von Parasiten breit, die gerade in ihrer Unbeschwertheit drängend nach der Realität von (wissenschaftlichen?) Vorstellungswelten fragen und zugleich augenzwinkernd die Existenz der Städtischen Galerie Nordhorn in der Alten Weberei kommentieren.
"Wucherungen und Wandnahmen" ist damit vor allem auch ein Experiment mit der Wahrnehmung, das voller Geschichten und optischer Überraschungen für die Besucher steckt. So ist dieses Ausstellungsprojekt nicht nur eine Präsentation aktueller künstlerischer Ansätze der zeichnerischen Auseinandersetzung mit räumlichen Gefügen, sondern auch ein Unterfangen, das die Situation des Ausstellens und die örtlichen Gegebenheiten der Präsentation selbst in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Ein reich bebilderter Katalog erscheint zum Ausstellungsende.
Eröffnung am Freitag, 15. September 2006, um 20 Uhr
mit Live-Jazz vom Jan-Olaf Rodt-Quartett und Ignaz Dinne
Die Künstlerinnen und Künstler sind anwesend