german galleries / index cities / index galleries / index artists / index Coburg


Kunstsammlungen der Veste Coburg

Veste Coburg
96450 Coburg
Tel. 09561 - 87 90, Fax 09561 - 879 66
Infotel. 09561 - 879 79
Di - So 13 - 16 Uhr
Öffnungszeiten: bis Oktober: Di - So 10 - 17 Uhr
ab November: Di - So 13 - 16 Uhr
sekretariat@kunstsammlungen-coburg.de
Homepage: www.kunstsammlungen-coburg.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

10.09. - 14.11.2004

Insult to Injury

Jake and Dinos Chapman

Francisco de Goya - Disasters of War

reworked and improved, 2003

80 überarbeitete und verbesserte Radierungen, 2003

 

"Die verfremdeten Radierungen lassen einen denken, ein Serienkiller mit dem Drang, psychotische Clowns zu malen, sei in das Kupferstichkabinett des Britischen Museums eingedrungen wie der Killer in Roter Drache [Kinofilm, 2002, mit Anthony Hopkins als Hannibal Lecter], der einen echten Blake verschlingt." Mit diesen Worten charakterisierte der britische Kunstkritiker Jonathan Jones seinen spontanen Eindruck beim Betrachten der Serie "Insult to Injury" [Beleidigung bis zur Verletzung] von Jake & Dinos Chapman. Die Präsentation der Serie im Frühjahr 2003 in Oxford erregte erhebliches Aufsehen und brachte den Künstlern eine Nominierung für den Turner-Preis ein. Die Folge von 80 Blättern, die noch während der Ausstellung in Oxford durch die prominente Londoner Galerie White Cube an einen Sammler in Übersee verkauft wurde, ist jetzt in den Kunstsammlungen der Veste Coburg zu sehen.

Vom Beginn ihres künstlerischen Schaffens an setzten sich Jake & Dinos Chapman immer wieder mit dem Werk Goyas auseinander, so 1994, als sie dessen graphische Folge "Die Schrecken des Krieges" in dreidimensionaler Form mit Spielzeugfigürchen nachbildeten. In den folgenden Arbeiten benutzten die britischen Künstler häufig den Körper als Möglichkeit zur Darstellung des Schreckens. Die "Tragischen Anatomien" (1996) zeigen naturgetreue Puppen kindlicher Körper mit Abnormitäten, nackt bis auf ein Paar Nike-Turnschuhe.

Bei allem subversiven Witz und schwarzen Humor, der sie zu Hauptvertretern der Brit-Art werden ließ, beweisen Jake & Dinos Chapman in ihren Arbeiten neben künstlerischer Kreativität immer auch handwerkliches Können als Zeichner und Graphiker. So 1999, als sie sich erneut Goya zuwandten und 80 Radierungen publizierten, die auf den Erfindungen von Goyas "Los Desastres de la Guerra" basieren. 2003 entstand "Insult to Injury", die zeichnerische Überarbeitung einer kompletten Serie der "Desastres" aus der Edition von 1937, indem sie die Köpfe und Gesichter der Personen teilweise übermalten. Tierköpfe und Clownsmasken sind an die Stelle der Gesichter der Gemarterten getreten. Die Absicht der Künstler ist es, die Aussage von Goyas Blättern durch die Überarbeitung zuzuspitzen ("Goya reworked and improved") und provozierend die Frage nach dem ästhetischen Verhältnis von Schönheit und Tod zu stellen. Zugleich wird mit dieser Veränderung - in den Augen mancher Kunstfreunde eine Entweihung - an ein Tabu gerührt. Die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts kennt Beispiele der Aneignung, Veränderung, ja sogar der Auslöschung eines Kunstwerkes durch einen anderen Künstler. Die Arbeit von Jake & Dinos Chapman ist aber nicht gegen Goya gewandt, sie ist vielmehr auf eine eigene Weise kongenial, sie überträgt Goyas Zeitzeugenschaft in das 21. Jahrhundert und entwickelt daraus eine neue ästhetische Auffassung.

Die Serie "Insult to Injury" wurde erstmals im Frühjahr 2003 in Oxford ausgestellt, wo sie großes Aufsehen erregte. Im Winter 2003/4 beteiligten sich die Künstler damit am Turner-Preis-Wettbewerb in der Tate-Gallery in London. Die Serie befindet sich heute in Privatbesitz in Übersee, ihre Präsentation in Coburg wurde möglich durch die freundliche Unterstützung von Jay Jopling / White Cube Gallery, London.

Dinos Chapman (geb. 1962 in London)
Jake Chapman (geb. 1966 in Cheltenham)

absolvierten beide das Royal College of Art in London und arbeiten seit Beginn der 1990er-Jahre zusammen. Sie gehören zu den Hauptvertretern der zeitgenössischen britischen Kunst, ihr Werk wird auf zahlreichen internationalen Ausstellungen präsentiert.

Francisco José de Goya y Lucientes (1746-1828)

Los Desastres de la Guerra (Die Schrecken des Krieges)

Der spanische Maler reflektierte in seinem Zyklus, der wohl 1810 begonnen wurde, die Napoleonische Eroberung und ihre Folgen in Spanien. Um die Jahreswende 1807/8 waren französische Truppen auf ihrem Weg nach Portugal in die Iberische Halbinsel eingefallen. Aus dem anfänglichen Durchmarsch der Franzosen war eine Besetzung geworden, nachdem Napoleon den spanischen König verbannt hatte, um seinen Bruder auf den Thron zu heben. Im Mai 1808 kam es in Madrid zu einem Volksaufstand gegen die Besatzer, dem diese mit äußerster Härte begegnen.

Dem Krieg in Spanien sind die Blätter 2-47 der "Desastres de la Guerra" gewidmet.

Eine zweite Gruppe von Radierungen (48-64) hat die Hungersnot in Madrid der Jahre 1811-12 zum Thema, die über 20.000 Menschenleben forderte.

Einem dritten Zeitabschnitt gehören die Blätter 65-80 an, die wohl 1820-23 entstanden. 1814 war der spanische König Ferdinand VII. wieder auf den Thron zurückgekehrt. Er hob die 1812 verabschiedete Verfassung auf und führte die Inquisition wieder ein. Erst eine Erhebung der Liberalen erzwang eine konstitutionelle Phase, deren freieres Klima es Goya erlaubte, die repressive Stimmung des vorangegangenen Höflingsregimes darzustellen.

Goya konnte seine "Desastres" nicht mehr veröffentlichen. Als das liberale Regime Spaniens 1823 durch einen erneuten Einmarsch beendet wurde, verließ der Künstler seine Heimat für immer und übersiedelte nach Bordeaux. Vor seiner Abreise übergab er die Platten seinem Sohn, der sie sicher aufbewahrte. 1863 erwarb die Academia San Fernando Madrid die Platten und ließ die 80 Platten 1863 in einer ersten Auflage drucken. Insgesamt wurden sieben Auflagen gedruckt, die letzte 1937.

Pressevorbesichtigung am Mittwoch, 8. September 2004, um 11.00 Uhr

Eröffnung am 9.9.2004, 18 Uhr

 

Zur Ausstellung liegt ein Katalog vor: Jake & Dinos Chapman. Insult to Injury. Text von Jake Chapman (mit beigelegter deutscher Übersetzung), 94 S., 80 farbige Abbildungen in Originalgröße, Göttingen (Steidl/MACK), 54 EUR

Mit freundlicher Unterstützung durch:

gefördert durch das Bayer. Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Kulturfonds Bayern

Stadt Coburg

Niederfüllbacher Stiftung

 


Führungen

Sonntag, 5. September, 11.00 Uhr
Führung Wolfgang Schwahn: Aspekte der Restaurierungsarbeit

Sonntag, 3. Oktober, 11.00 Uhr
Dr. Klaus Weschenfelder: Gespräch in der Ausstellung "Jake und Dinos Chapman - Insult to Injury"

Die Arbeit von Jake und Dinos Chapman wird kontrovers diskutiert, die Meinungen reichen von völliger Ablehnung bis begeisterter Zustimmung. Die Frage, ob die Auseinandersetzung der Brüder Chapman mit Goya angemessen ist, wird vom Ergebnis beantwortet. Eine starke, eigenständige Kunst ist in der Wahl ihrer Mittel frei.

Sonntag, 7. November, 15.00 Uhr
Führung Dr. Klaus Weschenfelder: "Memento mori"

 

 

german galleriesindex citiesindex galleriesindex artists