german galleries / index cities / index galleries / index artists / index Bremen
GAK
Gesellschaft für Aktuelle Kunst e.V.
Teerhof 21 (Weserburg)
28199 Bremen
Tel. 0421 - 50 08 97; Fax 0421 - 59 33 37
Di - So 11 - 18 Uhr, Do bis 21 Uhr, Do bis 21 Uhr, Mo geschlossen
office(at)gak-bremen.de
www.gak-bremen.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
27.02. - 09.05. 2009
Sarah Ortmeyer
NAVY ROYAL
Florian Hüttner
FLUSS-VERSCHLAG
Mit den beiden zeitgleich stattfindenden Einzelausstellungen von Sarah Ortmeyer und Florian Hüttner präsentiert die GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst zwei ausdrücklich unterschiedlich arbeitende, künstlerische Positionen.
Sarah Ortmeyer isoliert aus historischen Fakten Personen und Situationen und re-kombiniert sie auf eine Weise, wie diese eigentlich nicht zusammen gedacht werden. Historisch Verbürgtes bildet somit die Grundlage für ein subjektives Denken und eine fiktionale Erweiterung in die Gegenwart hinein. Ihre Filme, Installationen und Objekte bereichern unseren Umgang mit dem Faktischen, indem sie elegant und assoziativ gleichermaßen das Potential und den Zauber offenbaren, die in dem liegen, was wir als gesichert anzunehmen gewohnt sind. Ortmeyer legt Schichten und Verbindungen hinter den neutralen Informationen frei, die uns zwar vertraut sind, aber in den seltensten Fällen tatsächlich berühren. Ihre Arbeiten filtern aus der Geschichtsschreibung das Subversionspotential heraus, das sich hinter den historischen Fakten verbirgt. Dabei lässt sich ihre Vorgehensweise mit dem von Claude Levi-Strauss in Das wilde Denken geprägten Begriff der "Bricolage" vergleichen, der das grundlegende, menschliche Bedürfnis umschreibt, aus dem, was an Zeichen, Bedeutungen und Geschichte bereits vorhanden ist, neue Mythen zu schaffen.Die Ausstellung NAVY ROYAL in den Räumen der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen verfolgt den thematischen Strang des Matrosenaufstandes von 1918. Damit lehnt sich NAVY ROYAL an die Lage der GAK auf der Teerhofinsel mitten im Fluss sowie an die Geschichte Bremens als alte Schifffahrtsstadt an, ohne direkt ortsspezifisch zu sein. Ortmeyer treibt vielmehr ein generelles Interesse an dieser historischen Begebenheit an, die den Beginn der Novemberrevolution und damit das Ende der Monarchie in Deutschland einleitete. Die in die Ausstellung integrierten Arbeiten formulieren unterschiedliche Aspekte des Geschehens und ziehen Spuren bis in die Gegenwart, wenn sie die Bedeutung monarchischer Strukturen bis in die heutige Zeit untersuchen. Ein Stockanker, der symbolträchtig auf einem vorgefundenen Riss im Boden platziert wird, ein in ungewohntem Rot geschneidertes Modell der klassischen Matrosenuniform, Gewehrpyramiden, die zwischen Spielzeug und Realität angesiedelt sind, ein Matrosen-Kleidersack mit einer Seekarte Bremens, ein rückwärts laufender Film, der sinkende Schiffe aus dem Wasser auferstehen lässt oder Bildrecherchen zur Verbreitung der Matrosenkleidung bei Kindern in der Vergangenheit und zum Glamourleben der Monarchen in den Gossipzeitschriften der Gegenwart NAVY ROYAL entwirft ein Gesamtbild, das Fragen nach Freiheit, Widerstand, Macht, Individualität und Sehnsucht stellt.
Sarah Ortmeyer wurde 1980 in Frankfurt/Main geboren und hat an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach sowie bei Wolfgang Tillmans und Simon Starling an der Städelschule in Frankfurt/Main studiert. Sie lebt derzeit in Wien.
Florian Hüttner (geb. 1964, lebt in Hamburg) hingegen entwickelt mittels vielfältiger Medien wie Zeichnung, Fotografie, Installation, Performance, Audioaufnahme oder Film neue Sichtweisen auf den städtischen Raum. Mit FLUSS-VERSCHLAG realisiert er eine ortsspezifische Installation in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst: An die prägnante Fensterfront der zur Weser gewandten Außenfassade baut er eine offene Konstruktion an, die die vorhandenen Räume temporär ergänzt. Diese ca. 4m hohe, 9m breite und 2,50m tiefe Raumerweiterung ist nicht zu betreten, aber durch die Fenster des Ausstellungsraumes einsehbar. Formal erinnert sie an provisorische Anbauten, denen ihre Zeitlichkeit und Flexibilität als wesentliche Bestandteile eingeschrieben sind. Diese "parasitäre" Architektur wird nicht nur von Besucher/innen der Ausstellung, sondern auch von Fußgänger/innen auf der anderen Flussseite sowie dem Auto- und Schiffsverkehr wahrgenommen als temporäres Wahrzeichen, das trotz seiner provisorischen Anmutung sein Umfeld prägt.
Innerhalb von FLUSS-VERSCHLAG beobachten Kameras ihre direkte Umgebung: sich selbst, Tiere, Pflanzen, Menschen, die Schiffe und das Wasser der Weser. Die Bilder werden als Projektion in den Innenraum übertragen, laufen collagenartig zusammen und überlagern sich mit Zeichnungen des Künstlers. Auf diese Weise entsteht eine Gleichzeitigkeit in der Wahrnehmung von Innen- und Außenraum sowie von verschiedenen Medien, Darstellungen und Zeitlichkeiten. Darüber hinaus lassen Recherchematerialien in Form von Fotografien, Zeichnungen, Plakaten und Objekten die Besucher/innen nachvollziehen, aus welchen Quellen sich FLUSS-VERSCHLAG und der künstlerische Arbeitsschwerpunkt von Florian Hüttner speisen. So werden z.B. Fotografien von aus gefundenem Material gebauten Obdachlosenhütten zu sehen sein eine aufgrund des provisorisch-temporären Eindrucks der Architektur und ihrer Ansiedlung in den Niemandsländern und Randgebieten unserer Gesellschaft wichtige Inspirationsquelle für seine Arbeit für die GAK.
In der Tradition von Robert Smithson greift Florian Hüttner Aspekte auf, die Materialien aus anderen Funktionszusammenhängen umwerten, sich mit bereits vorhandener Architektur auseinander setzen sowie Stadtraum temporär besetzen und neu definieren. In einer gefühlten Nähe zu "Bildermachern" wie Courbet oder Manet bleibt er dabei jedoch in einem von der Zweidimensionalität sich herleitenden Denken, das sich Landschaft in Zeichnung, Fotografie und Film aneignet. FLUSS-VERSCHLAG fungiert in diesem Sinne weniger als architektonisches und skulpturales Element, sondern als eine bildhafte Erweiterung des Raumes.
Die Ausstellung von Sarah Ortmeyer wird unterstützt von der Waldemar Koch Stiftung.
Die GAK wird gefördert durch den Senator für Kultur der Freien Hansestadt Bremen.
Für weitere Informationen und Bildmaterial wenden Sie sich bitte an:
Imke Itzen, presse@gak-bremen.de, T. +49 (0)421 500897Die Ausstellungen von Sarah Ortmeyer und Florian Hüttner werden thematisch mit Künstlergesprächen sowie Vorträgen, einem Filmabend und Führungen im Rahmen der DONNERSTAGSTERMINE ergänzt.
DONNERSTAGSTERMINE:
04. März 2010, 19 Uhr
Führung mit Janneke de Vries11. März 2010, 19 Uhr
Kenneth Anger, Fireworks (USA, 1947, 13:31 min.)
Bavo Defurne, Matroos (B, 1998, 17 min.)
Filmabend anlässlich der Ausstellung NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer18. März 2010, 19 Uhr
Do it! KunstAktionen im öffentlichen Raum
Vortrag von Heinz Schütz, Kunsttheoretiker und Kurator, München
(anlässlich der Ausstellung FLUSS-VERSCHLAG von Florian Hüttner)
25. März 2010, 19 Uhr
Führung mit Janneke de Vries01. April 2010, 19 Uhr
On sailor men
Musik- und Leseabend mit Christian Haake und Janneke de Vries
(anlässlich der Ausstellung NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer)08. April 2010, 19 Uhr
Künstlergespräch
Florian Hüttner und Janneke de Vries über seine Ausstellung in der GAK und seinen künstlerischen Ansatz15. April 2010, 19 Uhr
Daniel Mann, Willard (USA, 1971, 90 min.)
Filmabend mit einer Einführung von Florian Hüttner (anlässlich seiner Ausstellung FLUSS-VERSCHLAG)22. April 2010, 19 Uhr
Führung mit Carla Habel29. April 2010, 19 Uhr
Geschichte als Material in der Kunst der Gegenwart
Vortrag von Susanne Leeb, Kunsthistorikerin, Freie Universität Berlin
(anlässlich der Ausstellung NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer)06. Mai 2010, 19 Uhr
Führung mit Imke ItzenMit freundlichen Grüßen,
Imke Itzen>>>english version<<<
Press release
Sarah Ortmeyer. NAVY ROYAL
Florian Hüttner. FLUSS-VERSCHLAG
Press Conference: Thursday, 25 February, 11 a.m.
Opening: Friday, 26 February, 7 p.m.
Runtime: 27 February to 9 May 2009
With these parallel exhibitions of works by Sarah Ortmeyer and Florian Hüttner the GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst presents two artistic positions with fundamentally different approaches.
Sarah Ortmeyer wrests individual persons and situations from their historical contexts and reassembles them in unfamiliar and thought-provoking constellations. Established historical fact forms the basis for an idiosyncratic and subjective perspective which extends its fictions into the present day. The associations evoked by her films, installations, and objects enrich our encounter with the past and reveal the magic that slumbers within what we hold to be established fact. Ortmeyer uncovers the layers and connections that exist behind the neutral information with which we are so familiar, yet which so rarely impinges on our lives. Her works draw out the potentially subversive elements hidden within historical narratives through an approach that is reminiscent of what Claude Levi-Strauss described as "bricolage" in his work La Pensée sauvage, referring to the fundamental human need to create new myths from the signs and meanings available within a socio-historical context.
The exhibition NAVY ROYAL at the GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen explores the 1918 mutiny of the German High Seas Fleet. While NAVY ROYAL subtly draws on both the gallery's location on the Teerhof Island on the the Weser River and the city's maritime history, the exhibition is not directly site-specific. Instead, Ortmeyer's works manifest a more general interest in the historical event that marked the first stirrings of the November Revolution and the end of the monarchy in Germany. The works displayed in the exhibition explore various aspects of these events and trace the reach of monarchical structures into contemporary society. The exponents include a fisherman's anchor placed poignantly on a crack found in the gallery floor, a sailor's uniform tailored in red cloth, a pyramid of rifles which oscillates between the realms of gritty realism and children's playthings, a sea sack with a map of Bremen's waterways, a film played in reverse showing sunken ships re-emerging from the depths, and Ortmeyer's visual research on the children dressed in sailors' uniforms and the glamorous portrayal of monarch's in contemporary gossip magazines NAVY ROYAL sketches out a broad vision that explores questions of freedom, resistance, power, individuality and yearning.
Sarah Ortmeyer was born in Frankfurt/Main in 1980. She studied at the Hochschule für Gestaltung in Offenbach and at the Städelschule in Frankfurt/Main under Wolfgang Tillmans and Simon Starling. She currently lives in Vienna.
Florian Hüttner (born 1964, lives in Hamburg) employs a diverse range of media, including drawing, photography, installation, performance, and sound and film recordings, to create new ways of experiencing urban space. FLUSS-VERSCHLAG (riverside shack) will see Hüttner create a site-specific installation at the GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst: an open-sided structure situated on the prominent riverside building façade which will temporarily extend the gallery space. Hüttner's 4m x 9m x 2,5m extension cannot be entered, but its interior is visible through the gallery windows. Bearing all the hallmarks of a provisional building extension, the structure's most prominent characteristics are its contingency and flexibility. This "parasitic" architecture is visible to gallery visitors, as well as pedestrians across the river, passing motorists and shipping on the river as a temporary landmark which leaves its mark on its surroundings.
Cameras set up within FLUSS-VERSCHLAG monitor the immediate environment: animals, plants, people, other cameras, ships and the Weser River. These images are projected into the interior and form a shifting collage superimposed upon the artist's drawings. In doing so FLUSS VERSCHLAG creates a simultaneous perception of interior and exterior space, various media, representations, and modes of time. A collection of research materials, including photographs, drawings, posters and objects, offers insight into the materials which Hüttner has drawn on and the focus of his artistic work. The collection includes photographs of temporary structures built by the homeless the makeshift and temporary aura of these structures and their location on the margins of contemporary urban space have made them an important source of inspiration for his work at the GAK.
Working in the tradition of Robert Smithson, Florian Hüttner draws on such aspects as the use of materials taken from other functional settings, the confrontation with pre-existing architecture, and the temporary occupation and redefinition of urban space. In spite of a certain affinity with the works of such visual composers as Courbet and Manet, Hüttner's approach is resolutely two-dimensional in its exploration of landscape in drawings, photography and film. In that sense FLUSS-VERSCHLAG constitutes a graphic extension of space, rather than an architectural or sculptural element.
Sarah Ortmeyer's exhibition is presented with the support of the Waldemar Koch Foundation.
The GAK is funded through the Senator für Kultur der Freien Hansestadt Bremen.
Donnerstagstermin in der GAK
Donnerstag, den 15. April 2010, 19 Uhr
Willard von Daniel Mann (USA, 1971, 90 min., in engl. Sprache)
Filmabend mit einer Einführung von Florian Hüttner anlässlich
seiner Ausstellung FLUSS-VERSCHLAG
Willard ist ein freundlicher, aber einsamer junger Mann, der Schwierigkeiten hat, soziale Beziehungen aufzubauen. Besonders das Verhältnis zu seiner Mutter und zu seinem Chef, der vor einigen Jahren das Geschäft seines Vater gestohlen hat, ist schwierig.
Eines Tages soll Willard im Auftrag seiner Mutter einige Ratten umbringen, die im Garden von ihr gesehen wurden. Anstatt die Ratten zu töten, rettet Willard die Tiere und ist in der Lage, mit ihnen zu kommunizieren. Die Ratten helfen ihm, sich bei seinem Kollegen Martin für dessen Unverschämtheiten zu rächen. Als Martin eine von ihnen tötet, wird er von den Nagern aufgefressen. Und auch Willard ist nach der anfänglichen Verbrüderung nicht mehr vor den Ratten sicher...Florian Hüttner präsentiert an diesem Abend mit Willard von Regisseur Daniel Mann einer seiner Lieblingsfilme. Im dem "Horrorwerk" aus dem Jahr 1971 geht es vornehmlich darum, wie eine Horde Ratten die Macht ergreift. In der Arbeit FLUSS-VERSCHLAG von Florian Hüttner in der GAK spielen jene Nagetiere ebenfalls eine wichtige Rolle - sind sie doch ausdrücklich eingeladen, das Kunstwerk zu erobern.
Donnerstagstermin in der GAK
Donnerstag, den 22. April 2010, 19 Uhr
Führung durch die Ausstellungen NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer
und FLUSS-VERSCHLAG von Florian Hüttner mit Carla Habel, Volontärin der GAK
SARAH ORTMEYER
NAVY ROYAL
Aus historischen Fakten isoliert Sarah Ortmeyer (geb. 1980, lebt in Wien) Personen und Situationen und re-kombiniert sie auf eine Weise, wie diese eigentlich nicht zusammen gedacht werden. Historisch Verbürgtes bildet somit die Grundlage für ein subjektives Denken und eine fiktionale Erweiterung in die Gegenwart hinein. Ortmeyers Filme, Installationen und Objekte bereichern unseren Umgang mit dem Faktischen, indem sie elegant und assoziativ gleichermaßen das Potential und den Zauber offenbaren, die in dem liegen, was wir als gesichert anzunehmen gewohnt sind.Ausgangspunkt der Ausstellung NAVY ROYAL in den Räumen der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen ist der deutsche Matrosenaufstand von 1918. Ortmeyer treibt ein generelles Interesse an dieser historischen Begebenheit an, die den Beginn der Novemberrevolution und damit das Ende der Monarchie in Deutschland einleitete. Die in die Ausstellung integrierten Arbeiten formulieren unterschiedliche Aspekte des Geschehens und ziehen Spuren bis in die Gegenwart. NAVY ROYAL entwirft mit seinen vielfältigen Elementen ein assoziativ verbundenes Gesamtbild, das Fragen nach Freiheit, Widerstand, Macht, Neubeginn, Individualität und Sehnsucht stellt.
FLORIAN HÜTTNER
FLUSS-VERSCHLAG
Florian Hüttner (geb. 1964, lebt in Hamburg) realisiert mit FLUSS-VERSCHLAG eine ortsspezifische Installation in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst: An die prägnante Fensterfront der zur Weser gewandten Außenfassade baut er eine offene Konstruktion an, die die vorhandenen Räume temporär ergänzt. Diese ca. 5m hohe, 9m breite und 2m tiefe Raumerweiterung ist nicht zu betreten, aber durch die Fenster des Ausstellungsraumes einsehbar. Formal erinnert sie an provisorische Anbauten, denen ihre Zeitlichkeit und Flexibilität als wesentliche Bestandteile eingeschrieben sind.Innerhalb von FLUSS-VERSCHLAG beobachten Kameras ihre direkte Umgebung und die durch verschiedene Eingriffe Hüttners und Einflüsse von außen sich ständig verändernde Situation im Inneren des Anbaus. Ihre Bilder werden in den Innenraum übertragen. Auf diese Weise entsteht eine Simultanität in der Wahrnehmung von Innen- und Außenraum sowie von geführtem (durch die Kameras) und selbstständigem Blick (der Besucher/innen von der Fensterfront aus). Das Prozesshafte des Projektes wird durch Ausdrucke an den Wänden betont, die im Laufe der Ausstellung anwachsen und die Situation innerhalb des Verschlages im Verlauf der Zeit dokumentieren. Darüber hinaus umkreisen rund 80 Bleistiftzeichnungen und Aquarelle die Idee der an die Fassade angebauten Konstruktion.
Die Ausstellungen NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer und FLUSS-VERSCHLAG von Florian Hüttner sind bis zum 09. Mai 2010 in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst zu sehen.
29.05. - 08.08. 2010An einem schönen Morgen des Monats Mai
Mit Bas Jan Ader, John Baldessari, Walead Beshty, Juliette Blightman,
Carol Bove, Liudvikas Buklys, André Cadere, Cyprien Gaillard, Sebastian Gräfe, Wade Guyton, Gareth Moore, David Sherry, Fiete Stolte und Guido van der Werve
Einschränkungen, Fehler, Krise, enttäuschte Erwartungen oder gar Scheitern all diese Begriffe laufen unserer auf Erfolg und Produktivität ausgerichteten Zeit zuwider und sind in unseren gesellschaftlichen Zusammenhängen eindeutig negativ belastet. Wirtschaftskrise und Rezession wohin man schaut. Zielsetzungen, ob von uns selbst oder von anderen an uns gestellt, müssen erfüllt werden. Nichterfüllung hat schnell den Beigeschmack des Versagens. Abhilfe scheint da nur durch vollständigen Entzug oder Zynismus erreicht werden zu können (etwa in Christoph Schlingensiefs Projekt Chance 2000 oder durch Zusammenschluss in Gruppen wie Glückliche Arbeitslose oder Polnische Versager).
Doch was, wenn gerade das Wissen um Restriktionen, Fehlerhaftigkeit oder ein vorprogrammiertes Scheitern zum produktiven Antrieb wird? Im Bereich der kulturellen Produktion ist dieses Phänomen immer wieder zu beobachten strebt man doch dort von jeher an, gestellte und damit einschränkende Erwartungen zu unterlaufen. So beschreibt schon Balzacs Kurzgeschichte Das unbekannte Meisterwerk das zehnjährige, letztendlich aussichtslose Ringen des Malers Frenhofer um das ideale Frauenbildnis. Doch was, wenn die Kunst einen Schritt weitergeht und in vollem Bewusstsein der Unmöglichkeit eines Unterfangens sisyphosartig immer wieder genau den Weg geht, der zu einem Ergebnis führt, das man langläufig als gescheitert ansehen würde? Was, wenn die Fehler und Limitierungen eines Mediums, eines Materials oder einer Thematik nicht nur in Kauf genommen, sondern bewusst in den Schaffensprozess einbezogen und somit positiv genutzt werden?Die Gruppenausstellung An einem schönen Morgen des Monats Mai... führt internationale Künstlerpositionen zusammen, für die Fehler und Scheitern zum konstituierenden Antrieb ihrer kulturellen Produktion werden. Titelgebend ist dabei die Figur des Joseph Grand aus Camus' Die Pest, ein kleiner Stadtangestellter, der von der fixen Idee getrieben ist, den perfekten Roman schreiben zu wollen, aber schon am Verfassen des ersten Satzes scheitert (einer der zahlreichen Versuche lautet "An einem schönen Morgen des Monats Mai durchritt eine elegante Amazone auf einer wunderbaren Fuchsstute die blühenden Alleen des Bois de Boulogne.").
Ausgangspunkt der Ausstellungspräsentation sind drei Arbeiten aus der Konzeptkunst der 1970er Jahre von Bas Jan Ader (I'm too sad to tell you), John Baldessari (Teaching a Plant the Alphabet) und André Cadere (Barre de bois rond). Sie fungieren im Ausstellungszusammenhang als historische Referenz und markieren eine künstlerische Geisteshaltung, die Scheitern und Fehlerhaftigkeit in ihrer langläufigen Definition nachhaltig umdeutet.
Das Hauptaugenmerk der Präsentation liegt jedoch auf der Generation der seit den 1970er Jahren geborenen Künstler/innen, die die Gedanken der Vorgänger mittels Installation, Malerei, Fotografie, Film, Objekt und Performance in die heutige Zeit weiter führen und zu ganz eigenen Vorgehensweisen gelangen. So nutzt Wade Guyton etwa die eingeschränkten Möglichkeiten eines Tintenstrahldruckers, um "artfremde" Leinwände mit am Computer erstellten Formkompositionen zu bedrucken, damit Fehler im Herstellungsprozess zu provozieren und auf diese Weise mit Hilfe eines seriellen Verfahrens malerische Unikate zu schaffen. Luidvikas Byklus präsentiert ein Gemälde ohne Geschichte (das sein Vater beim Zusammenbruch der Sowjetunion auf dem Schwarzmarkt in Vilnius kaufte und über dessen Autor nichts bekannt ist), das sich noch in seiner Transportverpackung befindet, und evoziert damit eine poetische Auseinandersetzung über gescheiterte politische Utopien und die Autorenschaft einer künstlerischen Arbeit. Gescheiterte Utopien der Moderne verhandelt auch Cyprien Gaillards Projektion Pruitt-Igoe Falls. Die gezeigte Sprengung eines modernistischen Sozialbaus ruft allerdings eher Empathie für die ungeliebte Architektur auf und befragt unseren Umgang mit unserer gebauten Umgebung. Fiete Stolte setzt sich über die als Einschränkung empfundene normative Zeiteinteilung von 7 Wochentagen zu je 24 Stunden hinweg und lebt in einem Rhythmus von 8 Tagen die Woche zu je 21 Stunden. Seine Arbeiten lassen die beiden unterschiedlichen Umgangsweisen mit Zeit kollidieren. Walead Beshty lässt Plexiglaskuben in der Größe von FedEx-Transportkisten bauen und schickt sie mit dem genannten Transporteur auf Reisen das letztendliche Werk entsteht durch die Transportschäden, die das Plexiglas wie feine Linienzeichnungen überziehen. Sebastian Gräfe kämpft einmal einen aussichtslosen Straßenkampf gegen das stürmische Meer und deckt zum anderen Darwins Theorie vom Überleben der Stärksten als Großes Missverständnis auf. Guido van der Werve lässt sich, ganz in der Tradition eines Bas Jan Aders stehend, zunächst überfahren und dann fünf Ballerinen einen Totentanz aufführen. Carol Bove kombiniert verrostete Blechfundstücke mit minimalistischen Sockeln auf eine Weise, die Chamberlain mit Brancusi und Minimal Art zusammen bringt und als Meditation on Violence die Frage nach der Gültigkeit von gesellschaftlichen und künstlerischen Utopien stellt. Und Gareth Moore, Juliette Blightman und David Sherry werden neue Arbeiten für die Ausstellung in der GAK entwickeln.
Mit An einem schönen Morgen des Monats Mai... feiert die GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst ihr 30jähriges Bestehen.
Kurator/innen: Imke Itzen und Janneke de VriesPressekonferenz: Donnerstag, 27. Mai, 11 Uhr
Eröffnung: Samstag, 29. Mai, 18 Uhr
Donnerstagstermin in der GAK
Donnerstag, den 29. April 2010, 19 Uhr
Geschichte als Material in der Kunst der Gegenwart
Vortrag von Susanne Leeb, Kunsthistorikerin, BerlinSeit der Schule des Neuen Historismus der 1980er Jahre hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass Geschichte nicht nur etwas mit "Vergangenheit" zu tun hat, sondern in erster Linie eine bestimmte Narrationsform ist. Im Unterschied zur Vergangenheit sind Narrationen reversibel. So greifen gerade in jüngerer Zeit Künstler/innen in diese Narrationen ein und ergänzen sie um andere mediale Formen, etwa Fotografie und Film. Geschichte erscheint dabei weniger als Gegebenheit, denn als künstlerisches Material. Der Vortrag zeigt anhand einiger Arbeiten, wie sich dies in der Kunst manifestiert.
Susanne Leeb ist Kunsthistorikerin und arbeitet derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Sonderforschungsbereichs "Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste" an der Freien Universität Berlin. Jüngste Publikation: Mitkonzeption der Themenausgabe "Geschichte/History" (Dezember 2009) der Zeitschrift Texte zur Kunst.
Der Vortrag von Susanne Leeb findet anlässlich der aktuellen Ausstellung NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer statt.
Donnerstagstermin in der GAK
Donnerstag, den 29. April 2010, 19 Uhr
Geschichte als Material in der Kunst der Gegenwart
Vortrag von Susanne Leeb, Kunsthistorikerin, BerlinSeit der Schule des Neuen Historismus der 1980er Jahre hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass Geschichte nicht nur etwas mit "Vergangenheit" zu tun hat, sondern in erster Linie eine bestimmte Narrationsform ist. Im Unterschied zur Vergangenheit sind Narrationen reversibel. So greifen gerade in jüngerer Zeit Künstler/innen in diese Narrationen ein und ergänzen sie um andere mediale Formen, etwa Fotografie und Film. Geschichte erscheint dabei weniger als Gegebenheit, denn als künstlerisches Material. Der Vortrag zeigt anhand einiger Arbeiten, wie sich dies in der Kunst manifestiert.
Susanne Leeb ist Kunsthistorikerin und arbeitet derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Sonderforschungsbereichs "Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste" an der Freien Universität Berlin. Jüngste Publikation: Mitkonzeption der Themenausgabe "Geschichte/History" (Dezember 2009) der Zeitschrift Texte zur Kunst.
Der Vortrag von Susanne Leeb findet anlässlich der aktuellen Ausstellung NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer statt.
Donnerstagstermin in der GAK
Donnerstag, den 06. Mai 2010, 19 Uhr
Führung durch die Ausstellungen NAVY ROYAL von Sarah Ortmeyer
und FLUSS-VERSCHLAG von Florian Hüttner mit Imke Itzen
SARAH ORTMEYER
NAVY ROYAL
Aus historischen Fakten isoliert Sarah Ortmeyer (geb. 1980, lebt in Wien) Personen und Situationen und re-kombiniert sie auf eine Weise, wie diese eigentlich nicht zusammen gedacht werden. Historisch Verbürgtes bildet somit die Grundlage für ein subjektives Denken und eine fiktionale Erweiterung in die Gegenwart hinein. Ortmeyers Filme, Installationen und Objekte bereichern unseren Umgang mit dem Faktischen, indem sie elegant und assoziativ gleichermaßen das Potential und den Zauber offenbaren, die in dem liegen, was wir als gesichert anzunehmen gewohnt sind.Ausgangspunkt der Ausstellung NAVY ROYAL in den Räumen der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen ist der deutsche Matrosenaufstand von 1918. Ortmeyer treibt ein generelles Interesse an dieser historischen Begebenheit an, die den Beginn der Novemberrevolution und damit das Ende der Monarchie in Deutschland einleitete. Die in die Ausstellung integrierten Arbeiten formulieren unterschiedliche Aspekte des Geschehens und ziehen Spuren bis in die Gegenwart. NAVY ROYAL entwirft mit seinen vielfältigen Elementen ein assoziativ verbundenes Gesamtbild, das Fragen nach Freiheit, Widerstand, Macht, Neubeginn, Individualität und Sehnsucht stellt.
FLORIAN HÜTTNER
FLUSS-VERSCHLAG
Florian Hüttner (geb. 1964, lebt in Hamburg) realisiert mit FLUSS-VERSCHLAG eine ortsspezifische Installation in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst: An die prägnante Fensterfront der zur Weser gewandten Außenfassade baut er eine offene Konstruktion an, die die vorhandenen Räume temporär ergänzt. Diese ca. 5m hohe, 9m breite und 2m tiefe Raumerweiterung ist nicht zu betreten, aber durch die Fenster des Ausstellungsraumes einsehbar. Formal erinnert sie an provisorische Anbauten, denen ihre Zeitlichkeit und Flexibilität als wesentliche Bestandteile eingeschrieben sind.Innerhalb von FLUSS-VERSCHLAG beobachten Kameras ihre direkte Umgebung und die durch verschiedene Eingriffe Hüttners und Einflüsse von außen sich ständig verändernde Situation im Inneren des Anbaus. Ihre Bilder werden in den Innenraum übertragen. Auf diese Weise entsteht eine Simultanität in der Wahrnehmung von Innen- und Außenraum sowie von geführtem (durch die Kameras) und selbstständigem Blick (der Besucher/innen von der Fensterfront aus). Das Prozesshafte des Projektes wird durch Ausdrucke an den Wänden betont, die im Laufe der Ausstellung anwachsen und die Situation innerhalb des Verschlages im Verlauf der Zeit dokumentieren. Darüber hinaus umkreisen rund 80 Bleistiftzeichnungen und Aquarelle die Idee der an die Fassade angebauten Konstruktion.
Die Ausstellungen von Sarah Ortmeyer und Florian Hüttner sind nur noch bis zum 09. Mai 2010 in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst zu sehen.
Am 29.Mai 2010 eröffnet die GAK die Gruppenausstellung "An einem schönen Morgen des Monats Mai..." und feiert ihr 30-jähriges Jubiläum.
DONNERSTAGSTERMIN IN DER GAK
Donnerstag, den 24. Juni 2010, 19 Uhr
A performance, a lecture, a talk with someone else, some questions?, an evening of music, and possibly something else
Ein Abend mit Gareth Moore (in engl. Sprache)
Die künstlerische Vorgehensweise von Gareth Moore (*1975, lebt in Berlin und Vancouver) ist geprägt von einer Offenheit für prozessuale und ortspezifische Zusammenhänge sowie einer Ökonomie der Mittel. Oft stellt er institutionelle Gesetzmäßigkeiten in Frage, indem er sie mittels minimaler Gesten und auf gleichermaßen präzise wie humorvolle Weise unterläuft.
Moores Arbeit für die aktuell in der GAK laufende Gruppenausstellung An einem schönen Morgen des Monats Mai... besteht aus zwei für diesen Anlass angefertigten Beiträgen. Sculpture Which Is Its Own Documentation Truly besteht aus einer Holzstele, an der fünf farbig eingefasste Fotoapparate hängen. Der Titel stellt eine Nähe zu John Baldessaris berühmtem Gemälde A Painting That Is Its Own Documentation von 1966-68 her, das die bildnerische Darstellung durch die schriftliche Aufzählung von Ausstellungsorten und daten ersetzt und damit in Frage stellt. Moores Stele darf ausschließlich vom GAK-Fotografen und nur durch die an ihr befestigten Kameras fotografiert werden, wobei die Filme erst nach Beendigung der Ausstellung zu entwickeln sind Vorgaben, die eine herkömmliche Ausstellungsdokumentation und pressearbeit unmöglich machen. Darüber hinaus hat der Künstler mit Something Like Distractions mehrere Objekte in den Räumen der GAK verteilt, die nicht als Kunstwerke, sondern als Störfaktor und Brechung innerhalb der Gesamtpräsentation fungieren: Ein collagiertes Foto, ein Bildfries aus Aufklebern, eine eingefärbte Münze oder eine Pappcollage sind nahezu unsichtbar unter einem Heizkörper angebracht oder in die Spendendose und das Katalogdisplay integriert, ein abgelehnter Plakatentwurf zieht sich als Material gewordenes Scheitern über ein Fensterbrett oder schummelt sich auf die Plakatwand der Institution, ein schildähnliches Objekt mutet wie eine Warnung vor frisch geputzten Böden an und ein kleiner Wandzettel begrüßt den männlichen Toilettenbesucher.
Moores Abend A performance, a lecture, a talk with someone else, some questions?, an evening of music, and possibly something else entzieht sich herkömmlichen Festlegungen, indem er unterschiedliche Elemente eines klassischen Künstlerabends fragmentarisch und performativ miteinander kombiniert: Ein kurzes Künstlergespräch, wenige Publikumsfragen, ein Musikstück, ein kurzer Film, kaltes Bier, warmer Tee und andere Szenarien schaffen eine offene Struktur, die nicht nur inhaltliche Informationen über die künstlerische Arbeit von Gareth Moore bietet, sondern auch ein atmosphärisches Bild seines Ansatzes zeichnet.
Anlässlich der Ausstellung An einem schönen Morgen des Monats Mai...
In Kooperation mit der Kanadischen Botschaft
DONNERSTAGSTERMIN IN DER GAK
Donnerstag, den 15. Juli 2010, 19 Uhr
Kunst ist nichts ohne Wissenschaft. Das Erratik Institut Berlin
Vortrag von Heinrich Dubel, Journalist und Mitbegründer des Erratik Instituts BerlinAusgehend von der Vorstellung, die wissenschaftliche Entwicklung lasse in ihrer Gesamtheit nur den Schluss zu, die Welt werde zwangsläufig immer seltsamer, begründet Heinrich Dubel im Jahre 1991 das Erratik Institut in Berlin. Erratik: Lehre des Rätselvollen und Verwirrenden, der Abweichung und Täuschung, der Wissenschaft von Fehlerermittlung und Materialbruch. Rekurrierend u.a. auf Deleuze und Guattari soll die Idee der "rosa Wissenschaften" in die Praxis übertragen werden und Grenzgänge provozieren. Die Erratik als eine Wissenschaft bleibt zunächst undefiniert. Bei aller Unschärfe lassen sich konkrete Ergebnisse erratisch-wissenschaftlicher Forschung jedoch nicht vermeiden, obwohl wie Dubel nicht müde wird zu betonen niemals ergebnisorientiert gearbeitet wird. Auf Einladung der GAK unternimmt Begründer Heinrich Dubel nun erstmals den Versuch einer Definition der wissenschaftlichen Erratik, stellt ihre Disziplinen und die wichtigsten Arbeitsergebnisse in den unterschiedlichen Forschungsfeldern vor.
Der Vortrag von Heinrich Dubel findet statt im Rahmen der GAK-Ausstellung An einem schönen Morgen des Monats Mai..., die sich mit Restriktionen, Fehlerhaftigkeit und Scheitern als produktivem Antrieb innerhalb des künstlerischen Schaffensprozesses auseinander setzt. Dubel ist Journalist und Medienkünstler und lebt in Berlin.
german galleries: index Bremen