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Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig

Karl-Tauchnitz-Str. 11
04107 Leipzig
Tel. 0341 - 14 08 10; Fax 0341 - 140 81 11
office@gfzk.de
Di - So 12 - 19 Uhr
Führungen So 15 Uhr und nach Vereinbarung
http://www.gfzk.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

20.05. - 13.08. 2006, in der GFZK-2 #

Archit-Action!


Mit: AS-IF, Lina Bo-Bardi, Ines Dullin-Grund und Hans Wotin, Anne Lacaton und Philippe Vassal, 51N4E, Cedric Price, Richard Rogers und Renzo Piano, SANAA und Walter Niedermayr


Eine Ecke für seine Erinnerung? Ein Grab für berühmte Mumien? Ein Lagerhaus oder ein Archiv menschlicher Arbeit, von Menschen gemacht, schon veraltet und mit einem Gefühl von Mitleid behandelt? (Lina Bo-Bardi)

Ein Stadtzentrum, zugänglich für alle Schichten seiner Bürger.
Ein Theater, ein Konzertsaal, Bibliotheken für Kinder, für Musikliebhaber..., Ausstellungsflächen und Kontaktzonen..., ein Lesecafé, eine Weinstube, ein Theatercafé, Club- und Zirkelräume für künstlerische und technische Freizeitinteressen? (Ines Dullin-Grund)

Ein Werkzeug, eine Fabrik... ein aktives Gebäude?
Ein Zentrum mit permanent neuer Information..., eine Mischung zwischen dem Informationsorientierten, computerisierten Times Square und dem British Museum? (Piano & Rogers)

Eine Universität der Straße? (Cedric Price)

Am 19. Mai 2006 eröffnet die Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig um 19 Uhr Archit-Action!, kuratiert von Barbara Steiner und Oana Tanase. Die Ausstellung widmet sich architektonischen Praktiken, die ein aktivierendes Verhältnis zwischen Kunst, Architektur und Gesellschaft etablieren wollten und wollen, die jeweiligen NutzerInnen in den Mittelpunkt stellen und ihre Aktivität herausfordern.
Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts finden sich innerhalb der Avantgardebewegungen alternative Ansätze zum Umgang mit Kunst, etwa in den Arbeiten von El Lissitzky oder Friedrich Kiesler. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Beziehung zwischen Kunst, Architektur und Gesellschaft in sozialistischen und kapitalistischen Ländern jedoch unterschiedlich entwickelt.
In Westeuropa und den Vereinigten Staaten trat in den 60er und 70er Jahren der weiße Ausstellungsraum ins Zentrum architektonischer und künstlerischer Kritik. Abgeschottet von Geschichte und gesellschaftlichem Umfeld suggerierte dieser, dass "Kunst über dem Boden schwebe und nichts mit der historischen Situation zu tun habe, aus der sie sich entwickelte" (Hans Haacke). Gesellschaftliche Umbrüche haben den Konflikt um die Vorstellung einer autonomen Kunst weiter verschärft. Fragen nach Repräsentanz, Ausschluss, Hegemonie und Macht wurden mit Vehemenz gestellt und diskutiert. Dies wirkte sich auf die Konzeption von Architektur aus: Anstelle sich von einer Außenwelt abzuschotten, sich in eigens der Ästhetik geweihten Räumen aufzuhalten, sollte Kunst verstärkt in alltägliche Lebenszusammenhänge ein- und an das jeweilige städtische Umfeld angebunden werden. So öffneten sich die Gebäude buchstäblich nach außen, Glasscheiben und Großbildschirme sollten eine Verbindung zwischen den Aktivitäten im Inneren und Äußeren herstellen, die räumlichen und sozialen Grenzen fließend und durchlässig gestalten. Beispiele sind Cedric Prices Fun Palace, Renzo Pianos und Richard Rogers Centre George Pompidou und Lina Bo-Bardis Museu de Arte in Sao Paolo. Alternative Raumprogramme, Funktionszuordnungen und Präsentationssysteme definierten den Ort der Kunst und die Begegnungsmöglichkeiten mit Kunst neu. Damit war die Hoffnung verbunden, eine radikale Veränderung in den Produktions- und Rezeptionsmodi von Kunst herbeizuführen, sich verschiedenen Interessensgruppen zu öffnen, kurzum: der Kunst neue gesellschaftliche Wirksamkeit zu verleihen. Dieser Wunsch nach gesellschaftlicher Wirksamkeit war von Anfang an wesentlicher Bestandteil der sozialistischen Konzeption von Kunst. Kultur und Kunst bildeten einen integralen Bestandteil des sozialistischen Gesellschaftskonzeptes und erhielten eine wichtige Rolle beim Aufbau des neuen Staates. Kulturhäuser sollten daher kulturelle, erzieherische mit politischen Aktivitäten vereinen. Aber, auch wenn Kulturhäuser dieser staatlichen Doktrin weitgehend folgten, finden sich Auffassungsunterschiede in der Architekturkonzeption: So bricht etwa das Haus der Kultur und Bildung in Neubrandenburg von Ines Dullin-Grund mit dem repräsentativen Typus des Kulturhauses sowjetischer Prägung und orientiert sich am Bauhaus. Es handelt sich um ein multifunktionales Haus u.a. mit Theatersaal, Ausstellungsräumen, Restaurants und Bibliothek. Der Einstieg in die kulturelle Produktion und Rezeption wurde bewusst niederschwellig gehalten.
Die in den 60er und 70er Jahren angestellten Überlegungen erhalten in Teilen der zeitgenössischen Architektur erneute Relevanz: Im Wissen, dass Architektur keineswegs nur ein neutraler Hintergrund für ausgestellte Objekte ist, sondern den Blick organisiert und bestimmte Lesarten und Bedeutungen vorgibt, wird die Beziehung zwischen dem wahrnehmenden Subjekt, dem ausgestellten Objekt und der rahmenden Architektur zum Thema. Im Unterschied zu den 60er und 70er Jahren wird mit den gesellschaftlichen Rahmen, d.h. inklusive ihrer politischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen Implikationen, gerechnet. Wenn von Veränderbarkeit gesprochen wird, dann geht es um Bespielungsmöglichkeiten innerhalb ganz bestimmter vorgegebener Spielregeln. Die Flexibilität ist in diesem Fall ganz bewusst begrenzt, um die jeweiligen Bespielungen und die damit verbundenen Veränderungen innerhalb eines vorgegebenen Sets von Rahmenbedingungen umso stärker sichtbar werden zu lassen. Die Veränderbarkeit der Innenraumstruktur des Gebäudes bezieht sich nicht nur auf die Geometrie der Raumverbindungen, sondern legt auch eine Umformulierung der Funktion des jeweiligen Raums nahe. Die Räume sind nicht mehr nur für eine ganz bestimmte Funktion entworfen, sondern sie beinhalten bereits die Möglichkeit ihrer Uminterpretation. Ausgehend davon, dass die Funktion und die Bedeutung von Architektur einer bestimmten sozialen Übereinkunft bedürfen, eines kommunikativen Aktes, durch den der Raum in seiner Bedeutung erst produziert wird, werden Verhandlungsflächen zur Verfügung gestellt. Die Gebäude laden quasi zur Verhandlung institutioneller Parameter ein. Beispiele sind das 21st Century Museum of Contemporary Art in Kanazawa von SANAA, das Groeningemuseum in Brügge und das Lamot-Zentrum in Mechelen von 51N4E, das Palais de Tokyo in Paris, der Louvre in Lens und die Architecture Foundation in London von Lacaton & Vassal.
Die Gestaltung der Ausstellung übernimmt Tom Unverzagt; die Architektur der GfZK-2 Leipzig von AS-IF ist Ort der Ausstellung.

Die Ausstellung wird auch in der Emil Filla Galerie in Usti nad Labem (CZ) gezeigt. Archit-Action! ist Teil des Projektes dagegendabei und wird von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben. Die Ausstellung wird durch das Instituto Lina Bo e P.M. Bardi in Sao Paolo unterstützt.

Unter dem gemeinsamen Titel dagegendabei kooperieren fünf Institutionen: Die Faculty of Art and Design, J. E. Purkyne University, Usti nad Labem, das Forum Stadtpark in Graz, das Van Abbe Museum in Eindhoven, die Skuc Galerie in Ljubljana, das Institut for Contemporary Art in Dunayvaros und die Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig.

 

Eröffnung am 19.05. 2006, 19 h

 

 

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