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Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig

Karl-Tauchnitz-Str. 11
04107 Leipzig
Tel. 0341 - 14 08 10; Fax 0341 - 140 81 11
e-mail: office@gfzk.de
Di - So 12 - 19 Uhr
Führungen So 15 Uhr und nach Vereinbarung
http://www.gfzk.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

07.09. - 09.11.2003

Öffentlich privat / Publicly Private

Das Bild des Privaten in der deutschen Nachkriegsfotografie

kuratiert von Heidi Stecker und Barbara Steiner

Trautes Heim / Cosy Home

kuratiert von Julia Schäfer

Überlebensstrategien / Strategies of Survival

Kunstzeitschriften aus Osteuropa

kuratiert von Ilina Koralova

Öffentlich Privat
Die Ausstellung "Öffentlich Privat" setzt beim Bild des Privaten an, um Verschiebungen im öffentlichen Bild des Privaten sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland nachzuzeichnen. So tauchen in der Fotografie in der DDR der 70er Jahre verstärkt Motive auf, die einen privaten Raum beschreiben. Zweisamkeit, Familienleben, Individualität und die Gestaltung der persönlichen Lebenswelt fungieren als Gegenbild zur offiziellen DDR-Ideologie, die auf Gemeinschaftssinn und staatliche Kollektive setzt. Die fotografischen Darstellungen, etwa von Margit Emmrich und Christian Borchert, rütteln an der Vorstellung einer zunehmenden Annäherung der Klassen und Schichten und damit an einer Homogenisierung der Gesellschaft. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang Zeitschriften wie die "Sibylle", die DDR-untypische Lebensweisen zeigten und zum Anderssein ermutigten. In der Nachkriegszeit der BRD dominierte zunächst das bürgerliche Lebensmodell, das eine strikte Trennung von öffentlicher und privater Sphäre forderte, wobei der häusliche, reproduktive Bereich der Frau und der öffentliche, politische dem Mann zugeordnet wurde. Herlinde Koelbl setzt in den 70er Jahren mit ihren "deutschen Wohnzimmern" bei dieser Haltung an und gibt einen Einblick in die Wertvorstellungen des Nachkriegsbürgertums. Unter dem Slogan "Das Private ist politisch!" wurde dann vor allem von Seiten engagierter Feministinnen auf die politische Bedeutung der häuslichen bzw. privaten Sphäre hingewiesen.
Die Darstellungen des Privaten beschränken sich jedoch nicht nur auf die häusliche Sphäre. So zeigen Arno Fischer und Evelyn Richter bereits in den 50er Jahren Menschen, die sich entweder im Park entspannen oder sich in der Bahn ihrer Müdigkeit hingeben, sich also in der Öffentlichkeit Privatraum nehmen. Sie beanspruchen einen Raum, der zwar öffentlich zugänglich ist, erlauben sich aber ein Verhalten, das sich gesellschaftlicher Funktionalisierung entzieht. Nischen finden sich auch am Arbeitsplatz und am Kranken- und Pflegebett. Dabei handelt es sich um den demonstrativen Versuch, wenigstens einen Rest an Eigenständigkeit und Raum auch unter den inhumansten Bedingungen zu behalten.
Das Fotografieren dieser Räume bedeutete implizit auch Gesellschaftskritik, wie etwa Gundula Schulze Eldowys "Tamerlan"-Serie eindrucksvoll belegt. Auch aus einem politischen Engagement heraus widmeten sich FotografInnen gesellschaftlich ausgegrenzten Gruppen und deren aus der öffentlichen Sicht genommenen Räumen. So fotografierte Erika Sulzer-Kleinemeier zwischen 1969 und 1972 türkische Gastarbeiterfamilien im Frankfurter Westend, AsylbewerberInnen in Deutschland oder im Auftrag der Schulbehörde das Leben behinderter Kinder.
In den 80er werden Privaträume instabil, geraten buchstäblich ins Wanken genauso wie die Rolle des Subjekts selbst. Wenn sich Anna und Bernhard Johannes Blume dem trauten Heim widmen, dann spielt dieses verrückt. Cornelia Schleime setzt sich ähnlich und auf kritische Weise mit dem Eindringen der Stasi in ihre Privatheit und mit der Unmöglichkeit eines geschützten Raumes auseinander.
Die mediale Perforierung des Privatraumes thematisieren Wiebke Loeper und Wolfgang Tillmans. Während Loeper nach Erinnerungsbildern sucht, die sich zunehmend medial überlagern, rechnet Tillmans von vornherein mit dem öffentlichen Blick. Mit der Veröffentlichung von Fotos seiner Freunde macht er gezielt auf eine bestimmte Kultur und auf Werte wie Zusammengehörigkeit und Identifikation aufmerksam, die für ihn ein "utopian ideal of togetherness", ein utopisches Potential von Zusammengehörigkeit sind.

Mit: Anna und Bernhard Johannes Blume, Christian Borchert, Margit Emmrich, Arno Fischer, Herlinde Koelbl, Wiebke Loeper, Evelyn Richter, Erika Sulzer-Kleinemeier, Cornelia Schleime, Gundula Schulze Eldowy, Wolfgang Tillmans

Kuratiert von: Heidi Stecker, Barbara Steiner

Mit freundlicher Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Freistaat Sachsen gemeinsam mit der Sparkasse Leipzig.

trautes heim
Die Ausstellung "trautes Heim" konzentriert sich auf das private Wohnen, medial vermittelte Bilder/Vorstellungen vom Wohnen und auf Wünsche und Verschiebungen des Begriffs "Zuhause-Sein". Die eingeladenen KünstlerInnen haben u.a. für die Ausstellung neue Arbeiten konzipiert, die sich mit dem Leben/Wohnen in Leipzig auseinandersetzen.

Die Künstlerin Pia Lanzinger (München, Jg.1960) widmete sich im Jahr 2001 in sog. "Wohnwanderungen" durch die Messestadt Riem bei München der Frage nach Wohnstilen. Lanzinger hat ein starkes Interesse an Kommunikation. Ihre künstlerische Sprache umfasst Führungen, Touren, Interviews, Portraits. Den Schwerpunkt der Leipziger Arbeit bildet die häufig von Frauen ausgeführte "Teleheimarbeit". Inwieweit passt sich das häusliche Umfeld einer beruflichen Tätigkeit von zu Hause aus an und worin machen sich Veränderungen bemerkbar? Sofie Thorsen (Kopenhagen, Jg. 1971) geht der Frage nach, was am Stadtrand Leipzigs passiert. Sie untersuchte bereits in früheren Arbeiten die "Ästhetik von Dörfern". Auf welche Wohntypen trifft man dort, wie wachsen Neubaugebiete und aus welchen Gründen lockt das "Eigenheim"? Sofie Thorsen hat in mehreren Aufenthalten in Leipzig neuere, sowie ältere Dörfer besucht und dokumentiert. Die Zeichnungen und Installationen der Künstlerin informieren u.a. auch über wirtschaftliche und soziale Hintergründe dieser Wohnformen. Miriam Bäckström (Stockholm, Jg.1967) untersucht Settings, wie man sie in Möbelhäusern und an Filmdrehorten vorfindet. Die Serie der Fotografien von IKEA-Schauräumen ("IKEA throughout the Ages", 1999) zeigt die Geschichte des Einrichtungshauses in gewohnten, bühnenartigen Szenerien. Die menschenleeren Aufnahmen könnten in Leipzig, Stockholm und mittlerweile auch Moskau gemacht worden sein, was Vorstellungen von Individualität und Lokalität problematisiert. Das vermeintlich Intime ist hier öffentlich zugänglich und nicht privat. Dorit Margreiter (Wien, Jg.1967) kombiniert in ihrer Installation "Short Hills" subjektive Wohnvorstellungen und dokumentarische Bilder mit solchen, die wir aus "Sitcoms" und "Soap Operas" kennen. Sie untersucht in einer Stadt wie Los Angeles, die als medial vermitteltes Setting weltweit bekannt ist, das Verhältnis der BewohnerInnen zu ihren Privaträumen. "Architektur erweist sich hier (in Los Angeles) als Fassade, wo das, was sich dahinter befindet, völlig vom Außen getrennt ist." (Margreiter) Moira Zoitl (Berlin, Jg.1968) beschäftigt sich mit unterschiedlichen Rollenbildern von Frauen. Die Arbeit "Zimmer der Dame" ist eine Rekonstruktion eines Raumes, wie ihn der Architekt Adolf Loos 1930 für das "Haus Müller" in Prag konzipiert hat. Dieser "Hochsitz" erlaube es der Dame des Hauses den totalen Überblick über das Geschehen im Haus zu haben. Die Künstlerin nutzt dieses Setting als Präsentationsort für eine Arbeit, die sich mit ihrer Großmutter beschäftigt.

Roman Ondak (Bratislava, Jg.1966) arbeitet mit Vorstellungen und Erinnerungen von Räumen und Architektur. Ondaks Installation "Antinomades, 2000" zeigt auf 12 verschiedenen Postkarten Freunde unterschiedlichen Alters und sozialer Herkunft in ihren Privaträumen. "Die Menschen hier sind nicht flexibel oder mobil. Aus diesem Grund betrachten sie die neuen politisch-kulturellen Einflüsse, denen sie sich ausgesetzt fühlen und Europa, das sie angeblich integrieren möchte, mit Skepsis." (Ondak) Isa Rosenberger (Wien, Jg.1969) hat in Leipzig mit BewohnerInnen und ArchitektInnen sowie KünstlerInnen Interviews zum Thema Wohnen in Leipzig/Wohnen in der Platte gemacht. Hierbei konzentriert sich ihr Fokus auf die Aneignung der genormten Räume eines Plattenbaus durch die BewohnerInnen. Rosenberger entwickelt Wandmalereien und Zeichnungen, die Schnittmengen des Untersuchten zeigen und veranschaulichen.
Die Ausstellung wird ergänzt durch eine >"Sitzecke", eine Vermittlungsstation mit Videos, Büchern und Zeitschriften rund um das Thema "Wohnen". Auf einer Diaprojektion in der "Sitzecke" zeigt Jens Volz die Fotoserie "Siedler", eine Arbeit, die LeipzigerInnen dabei dokumetiert, wie sie ihr Eigenheim selbst bauen, und man sieht eine Gemeinschaftsarbeit von Katja Heinecke, Reinhard Krehl, Silke Steets und Nils Emde über die Wohnsiedlung Dessau-Törten, und die individuelle Aneignung dieser Bauhaussiedlung durch ihre BewohnerInnen.

Mit freundlicher Unterstützung von: LWB (Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH), BKA (Bundeskanzleramt Österreich), DCA (Danish Contemporary Art), Leipzig Marriott Hotel

Kuratiert von Julia Schäfer

Kunstzeitschriften aus Osteuropa Überlebensstrategien
Als Reaktion auf eine lang andauernde Isolation, Zensur und den eingeschränkten Zugang zu Information war das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts durch einen regelrechten Boom an Massenmedien in den ehemaligen "Ostblock"-Staaten gekennzeichnet. Zeitungen, Zeitschriften, Websites, freie Radiostationen, legale und illegale private Fernsehsender versuchten, den Informationsdurst der Menschen zu befriedigen. Informiert sein, wurde zum Synonym für frei sein,.
Während der sozialistischen Ära dienten die Kunstzeitschriften sozusagen als Trägermaterial der Staatsideologie und Ästhetik des sozialistischen Realismus. Nur in wenigen Ländern existierte einer Kulturszene im Untergrund mit eigenen Zeitschriften. In dieser Szene füllte die Euphorie über den uneingeschränkten Zugang zu allen Informationen das gesamte Spektrum der sozialen Aktivitäten aus, selbstverständlich auch die Kunst und die Kultur. Plötzlich erschienen auf dem Markt Zeitschriften, die versuchten, die Jahre der Zensur aufzuholen. Der Mangel an Kunstwerken der Moderne nach dem Zweiten Weltkrieg (in einigen der Länder) musste mittels Informationen und übersetzten theoretischen Abhandlungen über die Geschichte und die gegenwärtige Situation der modernen und zeitgenössischen Kunst aus sogenannten West,-Ländern ausgeglichen werden. Gleichzeitig wurden diese Zeitschriften zu einem Forum für die neugeborene oder wiederbelebte moderne Kultur im sogenannten Osten.
Zeitgleich mit Freiheit und Demokratie wurden die Länder Osteuropas mit den Gesetzen der freien Marktwirtschaft konfrontiert. Viele Zeitschriften, Zeitungen, sogar Hochglanz-Lifestylemagazine verschwanden kurz nach dem Erscheinen ihrer ersten Ausgaben wieder.
Ohne staatliche Unterstützung leidet das kulturelle Leben am meisten unter den Nachteilen der freien Marktwirtschaft. Die auf diesem Gebiet Tätigen müssen lernen, andere Quellen finanzieller Unterstützung zu finden. Sogar jetzt, zehn Jahre nach den politischen Veränderungen, ist die Überlebensfrage der Kunst- und Kulturzeitschriften in den meisten Fällen durch die Frage des Inhalts bestimmt und beeinflusst die Redaktionspolitik.
Ziel des Projektes Kunstzeitschriften aus Osteuropa Überlebensstrategien ist die Vermittlung der gegenwärtigen Situation in diesem kulturellen Bereich. Es liegt auf der Hand, dass moderne Kultur sehr stark von der Reaktion der Kunstkritiker und journalisten, den fortwährenden Diskussionen abhängt, die in den Kunstzeitschriften veröffentlicht werden. Zur gleichen Zeit ist die Herstellung von Kunstzeitschriften eng an die wirtschaftliche Entwicklung gekoppelt. Aus diesem Grund möchten wir die unterschiedlichen Strategien erforschen, die diese Zeitschriften entwickeln, um zu überleben.
Im Oktober 2003 findet eine Roundtable-Diskussion mit einigen der Herausgeber der ausgestellten Zeitschriften statt, die ihre Erfahrungen, Ideen und Arbeitsmethoden in einem öffentlichen Gespräch näher beleuchten.
Zeitschriften: ARTeon Warsaw, ART-hoc Chisinau, Balkan Umbrella Belgrade, Balkon Budapest, IDEA art + society Cluj, Mana Mana Budapest, Moscow Art Magazine Moscow, New Moment Ljubljana, pH Kaliningrad, Raster Warsaw (web magazine) Studija Riga, Umélec Prague, ZAYAC Skopje (web magazine), ivot Umjetnosti Zagreb, etc.

 

 

Veranstaltungen

Mittwoch, 10. September 2003, 18.00 Uhr
"Was sehe ich", Vortrag von Heidi Stecker, in Kooperation mit der
Volkshochschule Leipzig

Mittwoch, 10. September 2003, 19.00 Uhr
"Bestandsaufnahme: die Arbeit von Christine Hill und Volksboutique"
Buchpräsentation

Donnerstag, 11. September 2003, 19.00 Uhr
Vortragsreihe "Hinter den Kulissen": Barbara Steiner (Direktorin der
GfZK), Angela Boehnke (Depotverwalterin), Sybille Reschke
(Restauratorin): "Die Sammlung: Aufbewahrung, Erfassung und
restauratorische Betreuung"

 

 

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