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Kunstforum Ostdeutsche Galerie
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17.03. - 14.04.2002
Ernest Neuschul1895-1968
Die neusachlichen Bilder
Wiederentdeckung eines deutsch-tschechisch-jüdischen Malers der Neuen Sachlichkeit
Der 1895 in Aussig/Usti nad Labem (Tschechische Republik) geborene Ernest Neuschul zieht nach seinem Kunststudium in Wien, Krakow und Prag nach Berlin, wo er sein Studium an der Kunstakademie fortzusetzen plante. In Berlin schließt er sich der Novembergruppe an, bald lernt er die junge deutsch-jawanische Tänzerin Takka-Takka kennen und 1922 gehen sie zusammen - er unter dem Namen Yoga Toro - als ein jawanisches Tänzerpaar auf eine Tour durch Europa, USA und Kanada. Auch während der Tournee malt und stellt er aus, u.a. in Rom, Paris, Chicago. Ab 1926 lebt Neuschul wieder in Berlin, ist mit Arthur Segal und Ludwig Meidner befreundet und zeigt seine Bilder in renommierten Berliner Galerien, aber auch in Prag und Aussig. Als 1933 in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht kommen, verläßt Neuschul Berlin und kehrt nach Aussig zurück, stellt dort und in Prag aus und porträtiert den ersten Präsidenten der Tschechoslowakei, Tomas G. Masaryk. Er heiratet Christel Blell, der erste Sohn Tyl Peter (Khalil) wird geboren. 1935 reist er mit seiner Frau auf Einladung des Moskauer Künstlerverbandes in die Sowjetunion, stellt in Moskau aus und lehnt ein Angebot eines Lehrstuhls an der Kunstakademie in Charkow ab. 1936 kehrt er nach einer Warnung in die Tschechoslowakei zurück, um bald feststellen zu müssen, daß seine russischen Freunde in die Mühle der stalinistischen Monsterprozesse geraten sind. Als während einer Aussiger Ausstellung einige seiner Bilder von den Nazis zerschnitten wurden, bereitet er sich zur Abreise ins Exil vor. Mit dem letzten Zug, der noch die Grenze passieren darf, verläßt er und sein Familienkreis die Tschechoslowakei in Richtung Großbritannien. Hier versucht er an seine künstlerische Leistung anzuknüpfen, weitgehend jedoch ohne Erfolg. Neuschul stirbt 1968 in London.
Die Ausstellung und der sie begleitende Katalog entdecken Ernest Neuschul als einen bedeutenden Maler der Zwischenkriegsepoche wieder. Sein OEuvre ist zwar weitgehend verschollen, dennoch kann man es anhand der noch erhaltenen Bilder und einer fotografischen Dokumentation, die der Künstler hinterließ, gut rekonstruieren. Es wird deutlich, dass Ernest Neuschul als hervorragender Maler und politisch engagierter Zeitgenosse zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist. In seinem Lebensweg kann man ein typisches Schicksal eines klugen, begabten und aktiven jungen Mannes des damaligen (noch) multikulturellen Mitteleuropas verfolgen. Seine Neigung zu allen Formen des alternativen Lebens, sei es die Freikörperkultur, sei es das politische Engagement oder die Lust, mit der er an Seite seiner ersten Frau Takka-Takka eine Tanzkarriere betrieb, zeugt von einer Vitalität und einem Optimismus einer Generation, die einen Neuanfang sucht. Sein Schicksal ist jedoch auch charakteristisch für das tragische Scheitern vieler seiner Zeitgenossen an den ungünstigen historischen Bedingungen.
Der erste Anstoß für das Neuschul-Projekt gab der vor zwei Jahren verstorbene Kunsthistoriker Karel Kral, der als Angestellter des Aussiger Museums eine Grundforschung über das weit verstreute Werk des Malers anstellte. Nachdem das Projekt in das Ausstellungsprogramm des Hauses der Kunst der Stadt Brünn aufgenommen worden war, bekam Krals Vorhaben konkrete Konturen und wurde professionell realisiert. Die dazu erforderliche Forschung erstreckte sich über große Teile Europas, von der Tschechischen Republik über Deutschland bis nach England. Für die Ausstellung wurden Bilder aus dem Familienbesitz und tschechischen und deutschen öffentlichen und privaten Sammlungen ausgewählt, die in die "neusachliche" Phase des Gesamtwerkes Neuschuls gehören. Die Ausstellung und der zweisprachige Katalog sind ein gemeinsames Projekt des Hauses der Kunst der Stadt Brünn und des Museums Ostdeutsche Galerie, Regensburg. Die Konzeption des Gesamtprojektes entwickelte Pavel Liäka, die organisatorische Durchführung und Bearbeitung des Katalogs ist der Brünner Kuratorin Jana Vranova zu verdanken. Der erste Ernest-Neuschul-OEuvre-Katalog beinhaltet - neben vielen interessanten Textbeiträgen - auch ein vollständiges Verzeichnis der verschollenen Bilder.
Die Ausstellung, die unter der Schirmherrschaft des Botschafters der Tschechischen Republik, Herrn Dr. Boris Lazar steht, wird am Sonntag, dem 17. Februar, um 11 Uhr in Anwesenheit des Sohnes des Künstlers eröffnet. Sie ist täglich außer montags von 10 - 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 3,10 EUR, ermäßigt 1,50 EUR. Der Katalog wird zum Preis von 14 EUR angeboten.
Pressekonferenz: Freitag, 15. Februar 2002, 11 Uhr
Eröffung: Sonntag, 17. Februar, 11 Uhr