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Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Hans-Thoma-Straße 2
76133 Karlsruhe
Tel. 0721 - 926 31 88; Fax 0721 - 926 67 88
E-mail: info@kunsthalle-karlsruhe.de
Di - So 11 - 18 Uhr, Mittwoch 11 - 20 Uhr
http://www.kunsthalle-karlsruhe.de
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19.05. - 22.07.2001


Gotthard Graubner

Malerei auf Papier

Gotthard Graubner, 1930 in Erlbach im Vogtland geboren, gehört zu den bedeutendsten deutschen Malern des 20. Jahrhunderts. Sein umfangreiches Oeuvre umkreist ein einziges Thema in immer neuen Anläufen: Es befragt und exponiert die Farbe, einen Kosmos aus Licht und Dunkelheit, Tönen, Sättigungsgraden, Verläufen, Nebeln, Übergängen und Verfestigungen. Die Farbe ist der Stoff, aus dem Graubners Bildwelt hervorgeht. Seine Gemälde, die in den großen Museen der Welt hängen, die auf der documenta in Kassel und der Biennale in Venedig gezeigt wurden, öffnen sich nicht nur zu imaginären Lichträumen in scheinbare Tiefen, sondern wachsen sich auch plastisch in den Real-Raum zu organisch sanft gewölbten, ausgedehnten, atmenden Bildleibern aus.

Gotthard Graubner hat sich vom planen Tafelbild früh verabschiedet und seinen malerischen Werken Objekt-Charakter gegeben. Aus der Farbe gingen schon in den sechziger Jahren nicht einfach Bilder, sondern immer wieder lebendig durchpulste, leuchtende Bildorganismen hervor. "Farbe = Verdichtung zum Organismus = Malerei" - auf diese Gleichung brachte der Maler, der an den Kunstakademien in Dresden (1948/49 und 195 1) und Düsseldorf (1954-59) ausgebildet wurde, sein Lebensthema schon in den siebziger Jahren. Er verfolgte es mit ebenso intensiver Konsequenz wie Präzision. Resultat dieser jahrzehntelangen Konzentration waren die Kissenbilder, Lichttrampoline und Farbraumkörper. Im Jahr 1967 schrieb er dazu: "Meine Bilder sind Spiegel des Lichts, Quellen und Filter, sind Trampoline des Lichts. Das Licht wird von der gespannten -Haut der Bilcler zurückgeworfen, es dringt unter die Haut, weckt die Farben sättigt sich an ihnen, füllt die Hohlräume und lässt den Puls der Farben durch die Haut nach außen dringen."

Die stufenweise Entwicklung seines bildnerischen Denkens, Empfindens und Agierens dokumentieren seine Arbeiten auf Papier besonders stringent. Sie zeugen von der Entfaltung der Farbe, einem unerschöpflichen Reichtum ihrer Möglichkeiten, ihrer Fähigkeit sich zu verdichten und verflüchtigen, Atmosphären und Übergänge zu schaffen, transitorische Momente, Bewegungen empfindbar zu machen. Die Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe vereint rund 120 Blätter, einsetzend im Jahr 1958.

In verschiedenen Werkgruppen lässt sich die Bedeutung unterschiedlicher Verfahren, Instrumentarien - des Pinsels, des Schwamms und eigens entwickelter Malmittel - und der Papiere verfolgen. Saugende Träger setzt Graubner mit besonderer Vorliebe ein, um der Farbe Freiheit zu schenken: Sie verflüchtigt sich dann in Randpartien selbständig, gerät ins Rinnen, bewegt sich eigenwillig durch und über das Papier. Aber auch glatte Papiere, auf denen die Farbe sicher steht, benutzt der Maler. Zeitweilig, selten jedoch, wird Gestisches in schwungvollen Körperkürzeln fassbar, das an Graubners frühe Zeichnungen, sein bis heute gültiges Bekenntnis zum Naturstudium, sein ursprüngliches Interesse für Figur erinnert. Zumeist ist jedoch alles Handschriftliche aus dem Werk verbannt.

Die Malerei auf Papier ist für Graubner ein den Bildern gegenüber durchaus gleichberechtigtes Medium, nicht etwa nur experimentelle Vorstudie oder Nebenprodukt. Graubner selbst sagt: "Mich interessiert an traditioneller Malerei in erster Linie dieses Eigenleben von Farbe, wie es, wenn auch zuweilen versteckt, in aller großen Malerei zu finden ist." Dieses Eigenleben entfaltet sich auf dem Papier noch vehementer und überraschender als auf den großen Leinwänden.

Irn Jahr 1969 wurde Gotthard Graubner Professor für freie Malerei an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, von 1976 an lehrte er an der Kunstakadernie Düsseldorf. Studienreisen führten ihn unter anderem nach Indien, Nepal und Bhutan - Quellen seines meditativen Verständnisses von Malerei liegen auch im fernöstlichen Denken. Mit seinem Interesse für Nuance und Stofflichkeit, für die Farbe als Materie, für ihr Eigengewicht, ihre Aura steht Graubner jedoch vor allem in der Tradition der abendländischen Malerei, in einer Reihe von Meistern, von denen er selbst Tizian, El Greco, Rembrandt, Turner, Cézanne und Matisse als seine Wahlverwandten nennt.

Auf eindrucksvolle und solitäre Weise vereinen sich so eine zutiefst sensitive Askese und eine barocke Lust an der Farbe, ihrer suggestiven Wucht im Werk von Gotthard Graubner, dessen tiefste - nicht nur formale, sondern auch inhaltliche und ethische - Intention die Steigerung von Wahrnehmungs-Sensibilität ist. Auch dies spiegeln seine Papierarbeiten mit einer bannenden und gleichzeitig befreienden Energie.

Die von Dr. Siegmar Holsten kuratierte Ausstellung wird von einem Katalog mit 100 Farbabbildungen begleitet.


 

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