ggerman galleries / index cities / index galleries / index artists / index Braunschweig
Kunstverein Braunschweig
Haus Salve Hospes
Lessingplatz 12
38100 Braunschweig
Tel. 0531 - 495 56; Fax 0531 - 12 47 37
täglich außer Mo 11 - 17 Uhr, Mi 11 - 20 Uhr
info@kunstverein-bs.de
www.kunstverein-bs.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
30.08. - 16.11. 2008
Nina Beier & Marie Lund
A Circular Play
Die dänischen Künstlerinnen Nina Beier (geb. 1975) und Marie Lund (geb. 1975) arbeiten seit 2003 zusammen und sind vor allem durch Inszenierungen bekannt geworden, die das Publikum in scheinbar alltägliche Situationen verwickeln und so zum Akteur machen.
Sie verhandeln in ihren Arbeiten Zusammenhänge von Erinnerung und Identität sowie zeitgenössische Rituale der Repräsentation. Dabei greifen sie häufig Strategien der Performance auf. Das Verwirrspiel mit tradierten Rollenzuschreibungen wird zunehmend zur Reflexion und Überprüfung Identität verbürgender individueller und gesellschaftlicher Wertvorstellungen genutzt. Hinzu tritt eine Auseinandersetzung mit Inszenierungs- und Aufführungspraktiken.
In der Reihe Staging - der Cuboid als Bühne werden Nina Beier und Marie Lund eine begehbare Bühnenlandschaft für den Kunstverein Braunschweig realisieren, die gleichzeitig auch Dokumentationsraum ist. Ihre neue Arbeit A Circular Play verbindet in besonderer Weise Erinnerungsarbeit und Aufführungspraxis: Während der Schauspieler Armin Dallapiccola auf einer Bühne Samuel Becketts Ein-Mann-Stück Das letzte Band spielt, notiert eine Stenotypistin, die ihm gegenüber auf einer zweiten Bühne platziert ist, seine Worte und Gesten. Diese Mitschrift wird zur Grundlage der nächsten Aufführung, die wiederum aufgezeichnet wird und so fort. Samuel Becketts Stück thematisiert Erinnerung, indem er zwei Zeitebenen in das Stück einführt: Als alter Mann hört der Protagonist Krapp Tonbandaufnahmen aus früheren Lebensphasen ab und kommentiert sie. Nina Beier und Marie Lund fügen eine weitere Zeitebene hinzu: die Erfahrung des Beobachters.
A Circular Play zitiert nicht nur den Titel des 1920 entstandenen Theaterstücks von Gertrude Stein sondern nimmt zentrale Gedanken der amerikanischen Dichterin und Dramatikerin auf. A Circular Play inszeniert eine Bühnenlandschaft mit mehreren Zentren und macht den Erfahrungsprozess zum Bestandteil des Stückes selbst. A Circular Play entsteht in einer untrennbaren Hin- und Herbewegung von Aufführung zur Erfahrung und Dokumentation. A Circular Play erzeugt so eine nicht abschließbare Folge von Umschreibungen, die gerade die Lücken im Verstehen ernst nehmen. A Circular Play aktualisiert Erfahrung als Play in Circles.
Nach Beteiligungen an zahlreichen internationalen Gruppenausstelllungen und Performances in Kunstinstitutionen wie der Tate Modern, der Tate Britain und dem ICA in London, freuen wir uns, als erste deutsche Institution eine Einzelausstellung von Nina Beier und Marie Lund zu präsentieren.
Zur Eröffnung am Freitag, 29. August findet eine Performance um 21 Uhr statt. Weitere Termine werden bekannt gegeben. Während der Ausstellungszeit ist der begehbare Bühnenraum als Installation und eine weitere Videoarbeit der Künstlerinnen zu sehen.
30.08. - 16.11. 2008
Tue Greenfort
Linear Deflection
Der dänische Künstler Tue Greenfort (geb. 1973 in Holbæk, lebt in Berlin) beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit ökologischen und ökonomischen Fragen: Vor dem Hintergrund globaler Zusammenhänge geht es um unseren Umgang mit Umwelt- und Artenschutz sowie mit Ressourcen und Nachhaltigkeit im Hinblick auf die Verknappung von Rohstoffen. Greenfort geht diese Themen nicht belehrend, sondern mit hintersinnigem Humor, mit hoher ästhetischer ja poetischer Qualität und mit intelligenten Bezügen auf die Kunst der 1960er und 1970er Jahre an.
In Braunschweig präsentiert Greenfort neue, ortspezifische Arbeiten. Im Rahmen seiner Recherchen hat er sich mit der Villa Salve Hospes, Sitz des Kunstvereins Braunschweig, und ihrer ursprünglichen Parkanlage, dem Hollandsgarten, auseinandergesetzt. Dieser steht symbolisch für die bürgerliche Offenheit des 19. Jahrhunderts der Bauherr D. W. Krause machte den Park an einigen Tagen in der Woche allen Braunschweigern zugänglich und für das kulturelle bürgerliche Engagement jener Zeit, dem Deutschland seine Kunstvereine zu verdanken hat.
Doch Greenfort schlägt nicht nur eine Brücke in den Park. Er verweist in verschiedenen Werkgruppen auf komplexe Zusammenhänge scheinbar heterogener Themenfelder. Einige beschäftigen sich mit norddeutschen Phänomenen, zeigen jedoch, dass lokale ökologische Probleme stets im globalen Zusammenhang zu sehen sind: Überdüngung und Pestizide hinterlassen Spuren in der norddeutschen Landschaft; in Bremerhaven wurden 2008 30.000 Tonnen Müll aus Neapel verbrannt; Kohlendioxid führt zu Erderwärmung und Versauerung der Meere und die Quallenplage an der Kieler Bucht wurde vor einigen Jahren hervorgerufen durch eine invasive, ursprünglich im Atlantik Nord- und Südamerikas beheimatete Spezies, die auf das Ökosystem der Ostsee verheerende Auswirkungen hat.
Die Ausstellung spiegelt anhand aktueller, meist 2008 entwickelter Arbeiten die Themenvielfalt und das Vorgehen Tue Greenforts, der durch seine Teilnahme an zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenausstellung, u.a. Secession, Wien (2007), Witte de With, Rotterdam (2006), Skulptur Projekte Münster (2007) oder Made in Germany, Hannover (2007) von sich Reden machte.
Zur Ausstellung erscheint im Verlag der Buchhandlung Walther König ein Katalog (dt./engl.).
german galleries: index Braunschweig