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Kunstverein Göttingen e.V.

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06.03. - 17.04.2005

Dorothee Rocke

Zeichnungen

Dorothee Rocke (*1949 in Kiel), deren Arbeiten der Kunstverein Göttingen in den Monaten März/April ausstellt, hat sich lange Jahre ausschließlich der Malerei gewidmet, bevor sie sich der Zeichnung zuwandte. Dabei entstand, wie jetzt in den Räumen des Künstlerhauses zu sehen, eine Linienkunst ganz ungewöhnlichen Zuschnitts. Die intensive Beschäftigung mit der Zeichnung führt bei Dorothee Rocke nicht zu einem gleichbleibendem Linienstrich und minimalistischer Reduktion. Die Arbeiten der Frankfurter Künstlerin überraschen vielmehr durch ihre differenzierte Vielgestaltigkeit.

Im Plural laufen Linien, die die Zeichnungen Rockes formen, euklidischer Geradlinigkeit zuwider. Gebogen, gebündelt, gedreht, ausgefranst oder im Zickzackkurs umgehen sie den direkten Weg, schießen sie weit über das Ziel wohldefinierten Ankommens hinaus. Landkarten gleich geben sie Umrisse unbekannter Länder wieder. Die Punkte, die gemeinhin die Orte markieren, haben längst jede Bodenhaftung verloren. Schwerelos geworden werfen sie Schatten auf die unbekannte Fremde, über der sie schweben.

Daneben finden sich Zeichenblätter, auf denen Linien aufeinandertreffen und sich zu zellenartigen Gebilde mit unablässig repetierendem Muster zusammenfügen, die das Weiß des Papiers bis an die Ränder zuwuchern. Im nächsten Augenblick künden dieselben Linien, die dieses organische all over gestalteten, nicht weniger überzeugend Strich für Strich von räumlichen Perspektiven. Was gerade noch in seiner diffusen Form mehr gewachsen als konstruiert war, überzieht mit Liniengerüsten ganz anderer Art, aber genauso besitzergreifend, die planen Papierflächen und öffnet dabei nicht nur eine, sondern unzählige Türen in bildnerische Tiefe. Und dann wandelt sich der Charakter der Strichführung erneut und wird zu der zarten Linie, die den schwerelosen Fadengebilden verwandt ist, mit denen Spinnen ihren Lebensraum in den Kanten und Ecken der Botanik verankern.

Es ist das strukturschaffende Potential einfachster Linienkonstruktionen, das die Gesamtheit dieser unterschiedlichen Zeichnungen Dorothee Rockes fest aneinanderbindet.

Einerlei, auf welche der Arbeiten man blickt: Es wird umrissen, aufgeteilt, parzelliert. Winkel werden in mögliche Raumtiefen geschlagen, Flächen voneinander getrennt, Umrisse geformt und Punkte gesetzt. Alles, was gemeinhin dazu verwendet wird, Orientierung in unbekanntem Terrain zu bieten, geht hier voller Ernsthaftigkeit seiner Aufgabe nach. Es entsteht eine Struktur nach der anderen, manchmal sogar eine über der anderen. Aber statt auf klar und deutliche Ordnungstrukturen für schnelle Nutzung zu treffen, verirrt man sich auf den Arbeiten der Künstlerin ein ums andere Mal in labyrinthischen Blickfängen. Das Terrain, das die Künstlerin mit ihren Linienkontruktionen, die das gesamte Spektrum zwischen Fläche und Raum umfassen, besetzt, enthält detailliert geschilderte Strukturen, die aber aufgrund ihrer vagen Ausformung weder als Markierung noch als Zeichen für Ordnungssysteme dienen. Vergeblich sucht man in ihnen klare Orientierung. Ordnungs- wie Orientierungssinn werden hintergangen. Strukturen geschaffen, ohne das sie lesbar sind. Hier wird gezeichnet - nicht bezeichnet.

Linie für Linie entwickelt Dorothee Rocke mit ihren Zeichnungen Labyrinthe, die sich nicht als architektonische Erfindung des Menschen erklären, sondern als sichtbarer Ausdruck des Unbehagens zu lesen sind, sich trotz Strukturierheit des Raumes in demselben nicht zielsicher zurechtzufinden.

 

 

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