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Olaf Gulbransson Museum für Graphik & KarikaturIm Kurgarten
83684 Tegernsee
Tel. 08022-3338
Öffnungszeiten tgl. von 11 bis 17 Uhr außer montags
olaf.gulbransson@gmx.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
19.10. - 31.12.2003
Max ErnstDas innere Leben der Linie
Graphisches Werk, Skulpturen, Illustrationen, Fotos
Er selbst bezeichnete seine Kunst als aufrührerisch und widersprüchlich.
Sein Vagabundieren, seine Unruhe und seine Revolten hätten kein Klima
geschaffen, das für das Entstehen eines ruhigen, heiteren Werks günstig gewesen wäre.
Für Kunstexperten, Logiker und Moralisten sei es deshalb unannehmbar, jedoch
habe es die Gabe, seine Komplizen, "die Dichter, die Pataphysiker (Lehre von
den imaginären Lösungen) und ein paar Analphabeten zu bezaubern."Die Bildwelt von Max Ernst (1891-1976), der zu den einflussreichsten
Künstler des 20. Jahrhunderts zählt, erscheint rätselhaft, phantastisch und äußerst
vielfältig. Dies gilt nicht nur für sein malerisches Werk, sondern auch für
seine Graphiken, Illustrationen, Bücher und Mappenwerke. Diesen noch kaum
erforschten Bereich aus dem Schaffen des Dadaisten und Surrealisten Max Ernst
widmet das Olaf-Gulbransson-Museum für Graphik & Karikatur Tegernsee nun einegroße Ausstellung. Unter dem Titel >Das innere Leben der Linie" zeigt sie vom 19. Oktober bis zum 31. Dezember über 120 Werke des in Brühl bei Bonn
geborenen Künstlers. Die präsentierten Bronzeskulpturen, Radierungen, Lithographien und Buchillustrationen sind Leihgaben der Stiftung Max Ernst und derKreissparkasse Köln. Sie geben einen ersten Eindruck vom zukünftigen Max Ernst Museum, das im Herbst nächstes Jahres in Brühl eröffnet wird.Der Titel der Ausstellung stammt vom Künstler selbst. Während seiner
Studienzeit an der Bonner Universität hatte Max Ernst 1912 in einem Zeitungsartikel mit der programmatischen Überschrift "Kunst und Können" geschrieben: "Können heißt Gestaltenkönnen. Können setzt voraus, daß man das innere Leben der Linie und der Farbe empfinden kann." Eine zufällige Linienverschwingung wird so als Quelle der Inspiration der Ausgangspunkt einer grundlegenden Experimentierlust mit Vorgefundenem. Das gleiche gilt für die von Max Ernst häufig verwandte Technik der Collage und der von ihm erfundenen Frottage, bei der natürliche Strukturen, wie etwa die Maserung des Holzes, durch Durchreiben mit einem Bleistift auf das Papier gebracht werden.Hineinsehen und Ausdeuten durchziehen das Werk von Max Ernst, führen immer
wieder zu überraschenden Seherlebnissen und zur Poetisierung des Banalen. In
einer unbetitelten Radierung von 1963, die in der Ausstellung zu sehen ist,
klingen sowohl dieser Prozess der Inspiration als auch der Titel der
Ausstellung an. Das Blatt zeigt einfache und doch verschlungen wirkende Linienverläufe, die ein vogelartiges Wesen erkennen lassen. Das Auge des Geschöpfes ist nach Innen gerichtet, um sich vom inneren Leben der Linie anregen zu lassen. Der Vogel, der wie der Künstler in seinem freien Flug über die Welt eine andere Sicht auf die Dinge hat, war das Symboltier von Max Ernst und diente ihm als sein Alter Ego.Die Ausstellung vermittelt im ersten Teil einen Überblick. Die Besucher
werden von den tanzenden Figuren des in Arizona entstandenen Maskenfrieses
"Sedona I" aus dem Jahr 1948 empfangen. Zwei große graphische Suiten flankieren die Bronzeskulptur. Den Radierungs- und Gedichtszyklus >Das Schnapelpaar" schuf Max Ernst 1953 nach einem Besuch in Köln und Brühl. Er ist der Rückkehr und Rückerinnerung des seit den 20er Jahren in Frankreich und den USA lebenden Künstlers gewidmet. Der Zyklus thematisiert Verwandlung und Neubeginn. Die graphische Folge "Oiseaux en péril" (Vögel in Gefahr) mit eingeklebten Collage-Elementen wurde 1975 zu Gedichten seiner Frau Dorothea Tanning veröffentlicht. Spitze Gegenstände und Ungeziefer signalisieren hier eine bedrohliche Welt, die auch in die Gedichte eindringt. Während auf den ersten sieben Blättern Vogelpaare zu sehen sind, taucht im letzten ein einzelner Vogel auf, der mitgroßem Auge in die Zukunft blickt: Freiheit, aber auch der Tod stehen im bevor.Der zweite Teil der Ausstellung ist chronologisch aufgebaut. Die Expedition
in das phantasievolle Universum von Max Ernst beginnt mit frühen Karikaturen
für die Abiturzeitung und endet mit Vogel-Darstellungen aus den 60er Jahren.
Im Zentrum steht hier das Mappenwerk >Maximiliana oder die widerrechtliche
Ausübung der Astronomie", das zu den schönsten Künstlerbüchern des 20.
Jahrhunderts zählt. Das 1964 veröffentlichte Buch schildert in einer Kombination aus Text, Bildern und einer selbsterfundenen Hieroglyphenschrift das Leben des
Astronomen Ernst Wilhelm Leberecht Tempel (1821-1889), dessen Entdeckungen von den offiziellen Astronomen nicht anerkannt wurden, weil Tempel kein Diplom
besaß. Auch Max Ernst hatte keine Kunstakademie besucht und sein Studium in
Bonn nach wenigen Semestern abgebrochen.
Bis auf die Skulpturen sind alle präsentierten Werke in der Ausstellung in
einem von der Kreissparkasse Köln im DuMont-Verlag herausgegebenen Katalog
enthalten, von dem eine begrenzte Anzahl an Presseexemplaren zur Verfügung steht und der auf Anfrage vermittelt werden kann. Bei der Ausstellungseröffnung
und auf Anfrage ist zudem eine CD-ROM mit einigen Abbildungen aus der
Ausstellung als Pressematerial erhältlich.
Ausstellungseröffnung am Sonntag, den 19. Oktober um 11.30 Uhr im Barocksaal
des Tegernseer Schlosses und anschließend im Olaf-Gulbransson-Museum für
Graphik & Karikatur TegernseeLaudatio "Mon ami Max": Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Spies (ehem. Direktor des
Centre Pompidou Paris)Einführung: Dr. Jürgen Pech (Leiter des Max-Ernst-Kabinetts Brühl)