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Schloß MorsbroichStädtisches Museum Leverkusen Schloß Morsbroich
Gustav-Heinemann-Straße 80
51377 Leverkusen
Tel. 0214 - 85 55 60; Fax 0214 - 855 56 44
Di 11 - 21 Uhr, Mi - Fr 11 - 17 Uhr
E-Mail: 412@stadt.leverkusen.de
http://www.museum-morsbroich.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
04.12.1999 - 30.04.2000
Aspekte 1942 - 1998Gemälde und Skulpturen der Morsbroicher Sammlung
Seit der Erweiterung des bisherigen Kunstbegriffs, durch die Einbindung interdisziplinärer Aktivitäten sind die Möglichkeiten im Kunstbetrieb breit gefächert. Doch stellt sich in diesem Zusammenhang eine alles entscheidende Frage: Woran erkennt man Kunstwerke, wenn man nicht im voraus eine Art von Verständnis vom Wesen der Kunst hat? In der alltäglichen Erfahrung werden Kunstwerke dadurch identifiziert, daß sie sich an einem "Ort der Kunst" befinden, der sie als solche ausweist. Ein traditioneller "Ort der Kunst" ist in unserer Zeit nach wie vor das Museum.
Im idealistischen Sinne werden hier einzigartige Exemplare sinnerfüllter und bedeutungsvoller Gegenstände aufbewahrt; Kunstwerke also, die sich von Dingen und Gegebenheiten in der alltäglichen Umwelt grundsätzlich unterscheiden. Der "Ort der Kunst" und die Außenwelt stehen zueinander wie Idee und Gegenstand, wie Bewußtsein und Materie, wie Subjekt und Objekt, wie Kunstwerk und Umgebung, wie Innen und Außen. Die Ratlosigkeit unseres Verstandes - ein ausgeprägtes Merkmal unserer Zeit - sollte Grundvoraussetzung dafür sein, die Steigerung unserer Vorstellungsfähigkeiten, die Kunstwerke bei genauerer Betrachtung hervorrufen können, überhaupt zu erfahren. Der griechische Philosoph Epikur beschrieb das Betrachten, das genaue Sehen als Anstoß von Welterfahrung und Erkenntnis.
In diesem Sinne wurde 1951 in Leverkusen ein "Ort der Kunst" geschaffen und der damit verbundene Aufbau einer Sammlung begonnen. Die Stadt hatte damals beschlossen, in dem von der Industriellenfamilie von Diergardt übereigneten Schloß ein Museum einzurichten, in dem die Beschäftigung mit Werken zeitgenössischer Künstler im Mittelpunkt stehen sollte. Das Ende des 18. Jahrhunderts im Stil der Zeit umgebaute Schloß Morsbroich, 1220 erstmals urkundlich erwähnt und von 1619 bis 1803 Sitz des Deutschen Ritterordens, repräsentiert heute mit seiner vollständig erhaltenen Remisenanlage eines der schönsten sogenannten "Maison de Plaisance" (Lusthaus) im rheinischen Raum. Es ist eingebettet in einen von den Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné und Joseph Clemens Weyhe gestalteten englischen Landschaftspark, dessen prachtvoller Baumbestand und Teich mit Wasserfall eine ruhige Atmosphäre schafft. Diese ausgewogene Anlage bietet als "Ort der Kunst" heute eine kulturelle und ökologische Nische, inmitten einer stark besiedelten Industrieregion. Sie ist eine Insel, die eine Museumssammlung internationaler Gegenwartskunst mit rund 350 Gemälden, Skulpturen und Objekten sowie ca. 3500 Arbeiten auf Papier beherbergt.
In einer Zeit musealer Großausstellungen diskutieren wir zunehmend die Frage, was der Betrachter denn eigentlich für sich selbst - außer das auf nur jeden erdenklichen Gegenstand reproduzierte Kunstwerk - aus diesen Mammutschauen mitnimmt. Wenn nun im Museum die Anschauung von Kunst, die Auseinandersetzung mit Ästhetik, Philosophie und Geschichte erfolgt, kann man dies nicht auch mit der Betrachtung eines einzigen Werks erlangen? Liegt nicht vielleicht in der Fokussierung des einmaligen Artefakts die Chance einer intensiven Wahrnehmung, wie sie uns im Alltag vielfach kaum noch möglich ist? Die Morsbroicher Sammlung bietet künstlerisch artikulierte Reflektionen (auf diese kulturrelevanten Fragen. Sie läßt sich in vier Hauptströmungen unterteilen - es sind Schwerpunkte, die jedoch Positionen künstlerischer Einzelgänger nicht unberücksichtigt lassen: Monochrome Malerei, Kinetische Kunst, Geometrische und Gestische Abstraktion.
Laszlo Moholy-Nagy untersuchte in den 20er Jahren die Wirkung des Lichts bei der Darstellung von Bewegung. Der Einsatz von Licht, seine Spiegelung auf beweglichen Flächen, seine durch transparente Materialien wie Glas gebrochene Wirkung sowie die Vermischung verschiedenfarbigen Lichts führte bei ihm zur Betonung eines eher technoiden Charakters seiner Objekte. Ein Jahrzehnt später gestaltete Alexander Calder in seinen "Mobiles" erstmals kinetische Objekte bei denen lediglich ein Lufthauch genügte, um ihre abstrakten Formen in einem raumzeitlichen Bewegungsablauf zu erleben. Das Resultat ist ein labiler Schwebezustand.
In den 50er Jahren knüpften zahlreiche Künstler an diese Verfahren an. Victor Vaserely verdeutlichte, daß kinetische Effekte nicht nur mit Hilfe der Mechanik plastisch umsetzbar sind, sondern daß sie auch malerisch erzeugt werden. Dieser Bereich der visuellen Kinetik wird auch als Op-art bezeichnet (Optical-art - Optische Kunst). Das menschliche Auge nimmt regelmäßig strukturierte chromatische Farbbahren bzw. -felder oder Raster und Liniensysteme nicht als Summe von Einzelelementen wahr, sondern als eine geschlossene Bildeinheit, die einen dreidimensionalen raumplastischen Bewegungszustand suggeriert. Eine geringfügige Veränderung der Blickrichtung löst bereits optische Vibrationen aus. Die erste zusammenfassende Ausstellung kinetischer Künstler organisierte 1955 die Pariser Galeristin Denise René. In dieser Präsentation waren Künstler vertreten, deren Arbeiten heute wichtige Schwerpunkte der Morsbroicher Sammlung darstellen: Neben den bereits erwähnten Künstlern Calder und Vasarely sind hier Yaacov Agam und Jesús-Rafael Soto zu nennen. Des weiteren sind von deutscher Seite Adolf Luther, Otto Piene und Günther Uecker zu berücksichtigen sowie der Amerikaner Richard Joseph Anuskiewicz und die brasilianische Bildhauerin Mary Vieira.
Von der Kinetischen Kunst lassen sich Beziehungen zur Monochromen Malerei erstellen. In seinem "Manifiesto Blanco" forderte Lucio Fontana 1946 eine neue dynamische Kunst, bei der räumliche und farbliche Gestaltung sowie Klang, Licht und Bewegung miteinander verbunden werden. Diese lichtenergetische Farbraummalerei nimmt, wie die amerikanische Farbfeldmalerei, auch Einflüsse fernöstlicher Meditaition auf. Erste wegweisende Realisationen erschienen bei Fontano im Anschluß an sein "Weißes Manifest" mit seinen aufgeschlitzten Leinwänden, den "Concetti spaziali". Ähnliche Ideen einer neuen Sensibilisierung, Entgrenzung und Befreiung der Kunst verfolgte auch der Franzose Yves Klein, der sich seit 1947 mit monochromen Bildkonzeptionen beschäftigt hat. Er entwickelte 1956 die spezielle Farbmischung seines berühmt gewordenen "International Klein Bleu" (IKB), ein leuchtend tiefes Ultramarin, in dem der Künstler die Inkarnation des Kosmischen, Grenzenlosen und Universellen sah. Neben Werken von Fontana und Klein enthält die Sammlung Morsbroich ebenso Exponate anderer bedeutender Vertreter dieser Kunstrichtung, so u.a. von Piero Manzoni, Francesco Lo Scivio und Rupprecht Geiger.
Wie bereits die Monochrome Malerei und die Kinetische Kunst veranschaulichen, waren die 50er Jahre belebt durch unterschiedliche und oft auch widersprüchliche Tendenzen. Zum einen sah man eine Notwendigkeit, überkommene Wertvorstellungen und unterbrochene Entwicklungslinien wieder aufzugreifen, zum anderen wurden radikale Brüche gefordert, um Neuanfänge vorantreiben zu können. Während des Zweiten Weltkriegs und in den Jahren danach hatte sich in der Schweiz und dort vor allem durch die "Zürcher Gruppe" eine Form der Gestaltung entwickelt, die mit dem Begriffspaar "Konkrete Kunst" charakterisiert wurde. Zu dieser Bewegung zählte der Schweizer Max Bill, von dem sich eine säulenartige Skulptur vor dem Eingangsbereich des Schlosses befindet.
Er war einer der bedeutendsten Künstierpersönlichkeiten der 50er Jahre. In seinem Essay "Die mathematische Denkweise in der Kunst unserer Zeit" bemerkt er: "Das Ur-Element jeden Bild-Werks ist die Geo-Metrie, die Beziehung der Lagen auf der Fläche oder im Raum."
Der bereits erwähnte Künstler Vasarely, der als Vater der Op-art gilt, hat seine Ursprünge im Bereich der Konkreten Kunst, durch die er auf der Suche nach neuen Formulierungen sehr entscheidende Impulse erhielt. Die direkte Entwicklungslinie, die zu neuen Erkenntnissen führte, kann summarisch im Werk von François Morellet gesehen werden. Seine seit 1952 unternommenen Untersuchungen über Raster und System erweisen sich bis zur Gegenwart als Grundlagen der Herstellung von unlimitierten Systemen. Eine Vielzahl von Exponaten, die einen umfangreichen Überblick über das Lebenswerk des Künstlers vermitteln, befinden sich im Morsbroicher Sammlungsbestand. Ebenso Werke von Künstlern, die dieser Kunstrichtung sehr nahe stehen, so z.B. die der Bildhauer Heinz-Günter Prager und David Robinowitch.
Eine Gegenbewegung zu dieser Kunstrichtung entwickelte sich ungefähr zeitgleich: Der französische Kunstkritiker Michel Tapié stellte im März 1951 in der Pariser Galerie Dousset in der Ausstellung "Véhemences confrontées" die führenden Vertreter einer neu definierten abstrakten - ungeometrischen - Malerei vor, u.a. Wols, Hans Hartung, Georges Mathieu und die Amerikaner Jackson Pollock und Willem de Kooning. Tapiés präsentierte der Öffentlichkeit nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal eine neue Kunstrichtung, in der er die Bedeutsamkeit des Formlosen" erkannte. Mit dem Rückzug aus der Form erfolgte etwa gleichzeitig eine Rückbesinnung auf das eigene Ich. Das eigene Ich wurde nach dem fast völligen Zusammenbruch nach dem Zweiten Weltkrieg zum einzig sinnvollen Bezugspunkt - ich als einzige Kategorie. "Ich bin Natur", setzte Jackson Pollock entschieden allen traditionellen Erwartungen an eine abbildende Dimension der Kunst entgegen. Auch hier seien nur einige Vertreter aus der Morsbroicher Sammlung erwähnt: K.O. Götz, Norbert Kricke, Manolo Millarès, Jean-Paul Riopelle, Bernard Schultze und Emil Schumacher.
Die im Bestand des Museums ebenfalls vorhandenen zeitgenössischen Strömungen verdeutlichen ein auffälliges Phänomen der Gegenwart: Eine Vielfalt der Stile, die sich nicht mehr unbedingt in die Kategorie einer künstlerischen Bewegung zuordnen lassen. Diese zeitgenössischen Tendenzen in der bildenden Kunst stellen ein Resultat der oben genannten Sammlungsschwerpunkte dar. So wie sich bei Imi Knoebel geometrische Elemente erkennen lassen, sind in den Werken von Bernd Zimmer informelle Eigenschaften unübersehbar. Volker Hildebrandt spielt mit visuellen Täuschungen wie die Vertreter der Op-art. Monochrome Aspekte verarbeitet Frank Bodur in seiner künstlerischen Arbeit, während z. B. Michael Buthe, Dieter Krieg und Franz HitzIer eine Kombination von informellen und figürlichen Elementen im Bild suchen. Eine ähnliche Synthese - zwischen abstrakten und figurativen Formen - ist bei den Stahlbildhauern Anthony Caro und Tim Scott zu beobachten.
Oliver Zybok
Eröffnung der Ausstellung am 3.12.1999 um 19.30 Uhr
Es sprechen:
Dr. Georg Reinhardt, Komm. Museumsleiter
Walter Vitt, Köln
Paul Hebbel, Oberbürgermeister der Stadt Leverkusen
15.03. - 14.05.2000
Hans Günter SchmitzBodenschätze - Notes from Underground
Eröffnung: 14.03.2000, 19.30 Uhr
Begrüßung: Dr. Georg Reinhardt, komm. Leiter des Museums
Ludwig Gies
(1887- 1966)
Dauerpräsentation des künstlerischen Nachlasses
Werke der Bildhauerei, Medaillen und Plaketten 1911 bis 1965
1975 erhielt die Stzdt Leverkusen durch Künstlers, einen Großteil des künstlerischen Nachlasses von Ludwig Gies. Mit der Einrichtung der gegenwärtigen Dauerpräsentation würdigt die Stadt Leverkusen das Schaffen eines bedeuten den Einzelgängers in der Kunst des 20. Jahrhunderts und dankt zugleich seinen Erben für ihre großherzige Schenkung. Im Dachgeschoß des Städtischen Museums Leverkusen Schloß Morsbroich sind seit Juni 1997 die Arbeiten von Ludwig Gies in einem dafür neu eingerichteten Kabinett zu sehen.
Ludwig Gies (1887- 1966) erhielt eine Ausbildung als Metallbildhauer, Metalltreiber und als Ziseleur. Seit 1919 in Berlin, übte er die Erben von Hanna Gies, der Witwe des neben der freiberuflichen vor allem eine Lehrtätigkeit aus. Die Nationalsozialisten entließen ihn 1937 aus dem Amt und aus der Preußischen Akademie der Künste. Erst 1950 übernahm Gies erneut ein Lehramt, diesmal an den Kölner Werkschulen, das er bis zu seiner Pensionierung 1962 innehatte. Bis zu seinem Tode 1966 behielt er Köln als Wohnort.
Gies zählt zu den wichtigsten deutschen Bildhauern des 20. Jahrhunderts. Er entwickelte einen individuellen Stil, der vom Expressionismus geprägt ist. Sein Oeuvre umfasst Werke in Stein und Holz, Stuck und Metall, Glasmalerei, Flachglasschnitt, Keramik und sogar gestickte Behänge. Neben monumentalen Schöpfungen stehen kleine Arbeiten wie Medaillen, Plaketten und Porzellanskulpturen. Die Dauerpräsentation zeigt eine repräsentative Auswahl, die Gies' überragende Qualitäten aus den verschiedenen künstlerischen Bereichen belegt.
Bestandskatalog DM 30,-