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ifa-Galerie Berlin

Linienstr. 139 / 140
10115 Berlin
Tel 030 / 22679616, Fax 22679618
fischer@ifa.de
Di - So 14 - 19 Uhr
http://www.ifa.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

11.06. - 15.08. 2004

Performing Arts in Asien

Butoh

Tanz der Dunkelheit

Tatsumi Hijikata

Der Taenzer und Schriftsteller Tatsumi Hijikata (1928 - 1986) war die zentrale Figur der japanischen Avantgarde der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Er hatte nicht nur großen Einfluss auf die Avantgarde des Tanzes und auf das japanische Undergroundtheater, sondern er war intellektuelles und produktives Zentrum eines Kreises von Theaterleuten, Schriftstellern, Musikern und Kuenstlern, die zu der Zeit die japanische Avantgarde anfuehrten.

Ausgebildet in Modern Dance und Ausdruckstanz brach Tatsumi Hijikata 1959 radikal mit der westlichen Tradition des modernen Tanzes, der in Japan nur als fremder Stil uebernommen worden war, um einen zeitgenoessischen und genuin japanischen Tanz zu entwickeln, einen Tanz, den er Ankoku Butoh nannte, "Tanz der Dunkelheit". Hijikata verweigerte alle traditionellen Darstellungs- und Auffuehrungsarten: er setzte keine Tanztechnik ein, keine Choreographie, keine Musik, kein Licht, kein Buehnenbild, kaum Requisiten. Radikal wandte er sich von den Konventionen des Tanzes ab: sein Ankoku Butoh verstand den Koerper des Taenzers nicht mehr als ein abstraktes Instrument oder Werkzeug aesthetischer Figuration, sondern versuchte, im Koerper tiefe, dunkle, unzugaengliche Schichten zur Erscheinung zu bringen, die sich in diesen Koerper eingeschrieben und ihn gepraegt haben.

In den ersten zehn Jahren orientierte sich Hijikata stark an Texten der neueren franzoesischen Literatur, die die großen Themen der (Homo)Sexualitaet und der Gewalt entfalten, an Texten von Jean Genet, von Bataille und Lautréamont, von Antonin Artaud. Nach 1968 verschob sich Hijikatas Suche immer staerker auf die Erforschung der spezifischen Dunkelheit des japanischen Koerpers, eines Koerpers, der sowohl historisch als auch biographisch spezifische Erfahrungen gemacht hat, die vor allem das Bewusstsein gepraegt haben. Die tiefen Spuren koennen mit Hilfe von Techniken wiedergefunden werden, die den Koerper an den Rand der Krise treiben; durch uebermaeßige Anstrengung, Zittern oder Erstarren wird die Kontrolle des Bewusstseins ueber den Koerper ausgeschaltet. Der Koerper wird in dieser Erforschung auch fuer den Taenzer undurchdringlich und dunkel.

Hijikatas "Rebellion des Fleisches", die in Japan als Tanz rezipiert wurde, steht radikalen perfor- mativen Entwicklungen nahe, die um 1960 in Europa und Nordamerika im Bereich der Kunst und des Theaters eingesetzt haben, dem "Wiener Aktionismus", inbesondere von Guenter Brus, aber auch den fruehen Aktionen von Joseph Beuys sowie den Auffuehrungen des "Living Theatre" in New York. "Ankoku Butoh" ueberragt diese verwandten Bewegungen jedoch in Radikalitaet und Strenge. Waehrend in den vergangenen Jahren in Europa verschiedentlich das traditionelle japanische Nô-Theater, das Kabuki-Theater und das Puppentheater Bunraku vorgestellt wurden, gibt diese Ausstellung erstmals einen Einblick in die Avantgarde der japanischen Tanztheaterszene, die Beziehungen und bewusste Differenzen zur westlichen Avantgarde aufweist.

In der Ausstellung werden Schwarz-Weiß-Fotografien von Hijikatas Auftritten praesentiert, von denen die meisten noch nicht publiziert worden sind. Vor allem aber zeigt die Ausstellung nahezu alle Filme, die mit Tatsumi Hijikatas Tanz zu tun haben: die Aufzeichnungen seiner eigenen Butoh-Auftritte sowie die Aufzeichnungen seiner Choreographien fuer seine verschiedenen Gruppen. Die Filme sind, abgesehen von kurzen Ausschnitten, bislang nicht veroeffentlicht und außerhalb Japans noch nie gezeigt worden.

Eine Ausstellung der ifa-Galerie Stuttgart

Eroeffnung  Donnerstag, 10. Juni 2004 um 19 Uhr

Pressegespraech Donnerstag, 10. Juni 2004 um 11 Uhr

Eintritt frei

Fuehrungen für Gruppen nach telefonischer Terminabsprache: Tel. 030/22679616.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit 128 Seiten, zahlreichen s/w-Abbildungen, zwei Texten von Tatsumi Hijikata und einem Text von Dr. Johannes Meinhardt, dem Kurator der Ausstellung, zum Preis von 9 Euro.

 

Veranstaltungshinweise:

Fuehrung durch die Ausstellung mit dem Kurator der Ausstellung

Dr. Johannes Meinhardt

Freitag, 11. Juni 2004, 17 Uhr

 

Vortrag von Dr. Johannes Meinhardt

"West-oestliche Begegnungen zwischen Tanz und Literatur"

Freitag, 11. Juni 2004. 19 Uhr

 

Vortrag Jan Koehler

"Unterwegs in Afghanistan"

Donnerstag, 12. August 2004, 19 Uhr

 

 

 

Donnerstag, 12. August 2004 um 19 Uhr

Alltag und Aufbruch
Afghan Badachschan in Erwartung des neuen Staates nach der Veralltaeglichung von Not und Buergerkrieg.

Diavortrag von Jan Koehler

Afghan Badachschan liegt im nordoestlichsten Teil Afghanistans und grenzt an China im Osten, Tadschikistan im Norden und Pakistan im Sueden. Es ist die einzige Provinz Afghanistans, die trotz wiederholter Versuche nie von den Taliban eingenommen worden war. Zwei Jahrzehnte Buergerkrieg und ein Jahrzehnt sowjetische Besatzung haben Wirtschaft und Gesellschaft in der Region schwer belastet. Bedingt durch Krieg und Duerre entging die Provinz zwischen 1999 und 2001 nur knapp einer Hungersnot. Seit 2002 hat sich die wirtschaftliche Situation der Menschen in mancher Hinsicht verbessert. Dies ist einer Kombination aus mehreren Faktoren geschuldet: (a) dem Fall der Taliban-Herrschaft im uebrigen Afghanistan, (b) dem "Einsickern" von staatlichen Institutionen auf Kosten der Herrschaft von Lokal- und Regionalkommandeuren, die ihre Legitimation aus der Zeit des Mujahedin-Widerstandes gegen Sowjets und Taliban ableiten und (c) (leider auch) der boomenden und ungehinderten Opiumwirtschaft.
Jan Koehler berichtet in einem Diavortrag von Eindruecken vom Alltag der Menschen in Afghan Badachschan in einer Zwischenzeit zwischen Krieg und Not auf der einen Seite und von vielen ersehnter zukuenftiger staatlicher Ordnung auf der anderen Seite. Die Aufnahmen entstanden waehrend zweier Reisen im Rahmen einer Konfliktanalyse für die { "http://www.gtz.de/"}Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Herbst 2003 in Afghan Badachschan.

Jan Koehler ist Ethnologe und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Osteuropa-Institut der Freien Universitaet Berlin. Dort ist er mitverantwortlich für die Leitung eines Forschungsprojektes zu Konfliktaustragung und Institutionenbildung im Kaukasus, in Zentralasien und in Nord-Afghanistan. Seit 1991 hat Jan Koehler Feldforschung in der ehemaligen Sowjetunion betrieben und sich dabei vor allem für den Zusammenhang zwischen informellen gesellschaftlichen Institutionen, Staatszerfall und der Eindaemmung von Gewalt in Konflikten interessiert. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in einer Reihe von Publikationen zugaenglich.
Neben seiner wissenschaftlichen Taetigkeit hat Jan Koehler für die OSZE gearbeitet und beraet Entwicklungshilfsorganisationen in Zentralasien, Afghanistan und dem Kaukasus zu Konfliktanalyse und Konflikttransformation.

Ausgewaehlte Publikationen:
Koehler, Jan und Zuercher, Christoph 2003, Potentials of Disorder. Explaining Conflict and Stability in the Caucasus and in the Former Yugoslavia, Manchester, New York, Manchester UP.
Koehler, Jan 2000, Die Zeit der Jungs. Zur Organisation von Gewalt und der Austragung von Konflikten in Georgien, Muenster, Hamburg, London, Lit.
Koehler, Jan und Heyer, Sonja 1998, Anthropologie der Gewalt. Chancen und Grenzen der sozialwissenschaftlichen Forschung, Berlin, VWF.

 

 

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