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Brandenburgische Kunstsammlungen Cottbus

seit 2009: Dieselkraftwerk Cottbus
über die Brandenburgischen Kunstsammlungen
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7.9. - 26.10. 1997


Marc Chagall

Druckgraphik aus dem Sprengel Museum Hannover

 

Die Sonderausstellung "Marc Chagall - Himmel und Erde" ist ein Gemeinschaftsprojekt des Sprengel Museum Hannover, des Landesmuseums Oldenburg und des Cuxhavener Kunstvereins. Nach diesen drei Stationen wird die ca. 150 druckgraphische Werke umfassende Präsentation nunmehr im Cottbuser Kunstmuseum zu sehen sein.

Marc Chagall (1887-1985) ist einer der bekanntesten Avantgardisten des 20. Jahrhunderts. Nach einem Studienaufenthalt in Paris (1910-1914) kehrte er in seine russische Heimat zurück. 1922 verließ er sie erneut und für immer. "Wenige Monate nach seiner Ausreise aus Moskau hatte Chagall eine Reihe autobiographischer Notizen abgeschlossen, mit diesem Manuskript im Gepäck kam er in Berlin an.... (Dort) kam es ... zur Entstehung der ersten Radierfolge von Marc Chagall. Sie hieß MEIN LEBEN und stand am Beginn seines Weges als druckgraphischer Künstler. Die 20 Blätter der Mappe wie auch die nachfolgenden sog. Suplementblätter handeln von den Erinnerungen des Künstlers an seine Kindheit und von den Erlebnissen der letzten russischen Jahre. Formal spiegeln sie Chagalls Auseinandersetzung mit der französischen Avantgarde und mit dem russischen "Kubo-Futurismus" wider... Der Auftrag des Kunstverlegers Ambroise Vollard, NICOLAI GOGOL, DIE TOTEN SEELEN zu illustrieren (1923-1927, gedruckt 1948), führte Chagall 1923 zurück nach Paris. Formal kühn und einfallsreich, auch mit dem sicheren Gespür für Volkstümlichkeit, schuf Chagall neue Bilder für die Situationen und die Figuren der literarischen Vorlage. Im Zusammenspiel der druckgraphischen Mittel - Schraffuren Ätzflecken oder Aquatinta-Technik - fällt gegenüber dem überwiegend lineargraphischen Stil von MEIN LEBEN, die lockere Handschrift des Künstlers auf...

Im Jahre 1931 ... übernahm er erneut einen Illustrationsauftrag von Ambroise Vollard. Es ging um die BIBEL bzw. das von den Christen sogenannte Alte Testament. In der "chassidrisch"-frommen Erziehung seines Elternhauses ... war Chagall mit der Bibel aufgewachsen. Sie war ihm vertraut, doch bekannte er später, für die künstlerische Bearbeitung habe er die Heilige Schrift erst wieder "neu entdecken" müssen. Nach einer Palästinareise begibt er sich an die Arbeit: Bis 1939 ... entstanden 39 Deckfarbenmalereien (Gouachen).... Auf 105 Blättern, die ... über einen Zeitraum eines Vierteljahrhunderts entstanden sind, verlieh Chagall der biblischen Geschichte eine zutiefst menschliche Qualität. Sie lebt in den Handlungen, mehr noch in dem sichtbaren Ausdruck innerer Haltungen der biblischen Gestalten, die Chagall als fromme Vorbildlichkeit deutete.... Chagall sah die BIBEL, die 1956 bei Teriade in Paris herauskam, als sein Meisterwerk an. 1948 erschien in New York Chagalls erste farblithographische Mappe. Sie war den Märchen von "Tausendundeine Nacht" gewidmet, heißt ARABISCHE NÄCHTE und entstand in High-Falls, im Norden des Staates New York. Die Farbe zieht das Interesse des Künstlers von der erzählerischen Nähe zur literarischen Vorlage ab, wie sie für die Radierzyklen bezeichnend war. Sie erzeugt dafür einen bis dahin unbekannten farbatmosphärischen Bildraum, einen Farbenrausch von suggestiver Kraft, in dem die Figuren ... eintauchen wie die Meermaid in die blaugrüne See. (1948) kehrte Chagall aus dem amerikanischen Exil nach Frankreich zurück. Neben dem Abschluß der Radierfolge zur Bibel entstanden in den fünfziger Jahren vor allem Lithographien, farbige wie schwarzweiße. Dazu gehört LA BIBLE (1956) ... und die kleinere Folge mit großformatigen Lithographien ZIRKUS."


Textauszüge: Udo Liebelt

 

 

 

22 7. - 31.8.1997

 

Petrovsky

Signalstation

Malerei, Collage, Objekt, Siebdruck

 

Die Kunst des in Freital (bei Dresden) lebenden Malers und Grafikers Wolfgang Petrovsky bewegt sich zwischen zwei Polen: zwischen Geschichtsraum und Landschaftsbild, Dokumentarstil und subjektiver Geste. Über 20 Jahre entwickelte er seine Sprachformen. Es sind sehr verschiedene Impulse, die auf seinen Bildgründen zum Schnitt geführt werden: romantische Perspektive, dadaistische Materialkreuzung, grafische Nüchternheit und malerische Energie. Doch zeigen seine Arbeiten eine ganz andere Art des Historienbildes, nämlich den beständigen Versuch, Parallelen oder Entsprechungen zwischen Historischem und Gegenwart aufzudecken. Das erscheint als mühsames und zugleich spielerisches Hindurcharbeiten durch die Schichtungen der Geschichte, auf unser Hier und Heute zu. Das Objekt "Eingekochte Zeit" von 1990 zählt zu den herausragenden Stücken unserer Sammlung (Eine Werkmonografie befindet sich im Ringbuch "Reflexionen. 20 Jahre BKC" 1997). Die Fahnen beider deutscher Staaten, eingeweckt wie Gemüse in sechs Weckgläser und auf den Kunstband "Der nackte Mensch" gestellt, das Ganze in einer "genossenschaftlichen" Gemüsekiste untergebracht - so erscheint das Kunstwerk als schlagendes Sinnbild für einen entscheidenden Moment unserer jüngsten Geschichte.

Über Jahre wurde dem Künstler ein anderes Themengebiet wesentlich: "Auf der Suche nach den verlorenen Bildern" betitelt Petrovsky eine Werkgruppe von 1994. Sie sind für mich die Fortsetzung der Geschichtsbilder mit anderen, "privaten" Mitteln. Nicht selten muten die Kompositionen dabei wie die Auflösung eines Familienalbums an. Die Fotofundstücke verschwinden im "Gilb der Zeit", werden bearbeitet, collagiert, übermalt, abgerissen. So unternimmt der Künstler ironischerweise seine Suche, in dem er die individuelle Spur auslöscht. Aber gerade hierdurch fragt er einerseits nach den kollektiven Mustern und andererseits nach unseren Fähigkeiten als Betrachter, etwas von der Erinnerungskunst wiederzugewinnen in einer Zeit, wo die postmoderne Bilderwelt bunt, schnell und lächelnd alles auszulöschen droht. Es ist die Frage nach einer der (therapeutischen) Urfunktionen von Kunst: Wo sind unsere Innenbilder geblieben.

Im Zentrum der Ausstellung stehen Arbeiten auf Papier, die in der vom Künstler für sich entwickelten Technik Collage und Malerei auf oft vielschichtige Weise kombinieren. Daneben werden Objekte, Siebdrucke, Postkarten und Plakate das Bild des Schaffens abrunden. Die Ausstellungstournee beginnt im Freitaler Kunstverein, um nach Cottbus u.a. noch in Speyer, Leipzig, Berlin, Erfurt und Hamburg gezeigt zu werden. Ein Katalog wird zum ersten Mal das Schaffen des Künstlers umfassend dokumentieren.

(Katalog, Plakat, Postkarten)


Jörg Sperling

 

 

 

29.7. - 31.8. 1997


70 Anschläge von Feliks Büttner

 

Mit Beginn der achtziger Jahre vollzog sich deutlich erkennbar ein stilistischer Wandel in der Plakatkunst der DDR. In enger Verflechtung zur bildenden Kunst weist sie nicht nur formale, sondern auch inhaltliche Analogien auf. Die Veränderungen, die sich bereits in den siebziger Jahren abzeichneten, zeigen eine stärkere lndividualisierung der Ausdrucksweisen. Zu diesem Zeitpunkt gelang es Feliks Büttner durch unkonventionelle Plakatgestaltungen auf sich aufmerksam zu machen. Die Bildsprache des Rostocker Grafikers hat einen expressiven Duktus, hinter dem ein humorvoller Schelm sitzt, der scheinbar mühelos auf der klassischen Klaviatur der grafischen Instrumente spielt. Etwa seit zwanzig Jahren entwirft Büttner Plakate für das Theater, mehr noch für Kabaretts, aber auch im eigenen Auftrag. Ein wichtiger Bestandteil seines umfangreichen Plakatschaffens sind die Plakate für Jazz- und Rockgruppen. Feliks Büttner, der sich selbst in erster Linie als Maler und Grafiker sieht, zeigt ein starkes Interesse für Konzerte jeder Art. Es entstehen ungezählte Studien, Zeichnungen und Druckgrafiken, die ein reicher Fundus an Ausdrucksmöglichkeiten für die gleichzeitig entstehenden Plakate sind. Die Grenzen zwischen seiner freien Arbeit und seiner gebrauchsgrafischen Tätigkeit sind fließend. Malerei, Collage oder freie Grafik verknüpft er mit den Anforderungen des Plakates und hebt es damit aus der reinen Gebrauchsgrafik heraus. Viele seiner Arbeiten sind drastisch und unverblümt in ihrem Ausdruck. Witzig, sarkastisch und augenzwinkernd unverschämt spießt er den Bürger in seiner Unzulänglichkeit auf die spitze Feder. Das Plakat zum Theaterstück "Faust" am Volkstheater Rostock zeigt eine geballte Faust, deren Physiognomie unverkennbar eine Mischung aus Faust und Mephisto darstellt. Ein anderes Beispiel ist das Ausstellungsplakat zum Thema Menschenrechte. Dem Betrachter offenbart sich nach Art der Comic-Zeichnungen die Hinteransicht eines Schweins, gefleckt wie eine Weltkarte. In einer Sprechblase entweicht ihm "Human rights" wie ein heißer Wind. Auf dem Plakat für eine Operette, in der Büttner auch die Ausstattung besorgte, ist ein gelber, leicht geöffneter Mund dargestellt Geformt wie eine Banane steckt zwischen den Zäh nen ein langer Oberschenkelknochen, auf den eine Krone gestülpt ist. Banane, Zepter, Krone, das ist "Häuptling Abendwind".

Feliks Büttner hat in der internationalen Plakatszene einen guten Ruf. Einladungen zu eigenen Präsentationen oder Jury-Teilnahmen erfolgen aus Paris, Warschau, Lahti oder den USA. Bereits in den siebziger Jahren besaß Büttner durch seine persönlichen Kontakte zu Künstlern u.a. aus Dänemark, Polen, Schweden oder Japan, eine bedeutsame Sammlung internationaler Plakate, die er später den Brandenburgischen Kunstsammlungen Cottbus überließ.

Neben den regelmäßig stattfindenden Ausstellungen der Reihe "Plakate der Welt" ist beabsichtigt, weitere Personalausstellungen bedeutender Plakatgestalter zur präsentieren. Mit der Ausstellung "70 Anschläge von Feliks Büttner" wird ein Künstler vorgestellt, dessen Arbeiten in der besten Tradition deutscher Plakatkunst stehen.


Barbara Bärmich

 

 

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