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Brandenburgische Kunstsammlungen Cottbus

seit 2009: Dieselkraftwerk Cottbus
über die Brandenburgischen Kunstsammlungen
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5.2. - 21.3.1999


Fotografie und Gedächtnis

Eine Bilddokumentation im Land Brandenburg

 

Als im Oktober und November 1989 in vielen Städten der DDR für einen gesellschaftlichen Wandel demonstriert wurde, war es eine der ersten Forderungen, den Verfall - und in manchen Orten auch den Abriß - der Altsätdte zu stoppen. Besucher aus dem Westen sahen mit Bewunderung, wieviel an historischer Bausubstanz hier dennoch authentisch erhalten geblieben war - aber auch mit Trauer, in welchem Zustand sich viele Baudenkmale befanden. In dieser Zeit entstand in Gesprächen zwischen Kulturhistorikern und Fotografen die Idee, gerade die unscheinbaren, die am wenigsten bekannten Orte, aber auch die am ehesten gefährdeten, am meisten geschädigten Bauwerke fotografisch zu dokumentieren.

Nachdem ein Probelauf im Lande Brandenburg erfolgreich abgeschlossen war, konnte das Projekt Bilddokumentation vom Frühjahr 1993 bis zum Frühjahr 1996 in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt durchgeführt werden. Insgesamt wurden 75 Arbeitsaufträge (25 für jedes der drei beteiligten Bundesländer) an 56 Fotografinnen und Fotografen aus Ost und West vergeben.

Für Brandenburg konnten 23 namhafte Fotografen zur Mitarbeit gewonnen werden, die auf ihren Reisen die Kulturlandschaft dieses Landes fotografiert haben. Das Ergebnis der mehrjährigen Arbeit: 25 Fotodokumentationen zu ausgewählten Orten mit jeweils über 240 Aufnahmen, d.h. insgesamt mehr als 6.000 Aufnahmen, von denen über 1.000 ausgewählte Motive vergrößert wurden. Diese umfangreichen Arbeitsergebnisse wird die Arbeitsgemeinschaft für Bildquellenforschung und Zeitgeschichte e.V. am 5. Februar 1999 an die Sammlung Fotografie der Brandenburgischen Kunstsammlungen Cottbus zum dauernden Verbleib übergeben. Anläßlich der Schenkung präsentiert das Museum erstmals in seinen Rumen eine kleine Auswahl von ca. 40 Fotografien.

Neben ihrem ästhetischen Wert (aber nicht unabhängig davon) haben die Fotografien eine zentrale Funktion: die der historischen Zeugenschaft. Wie jede Zeugenaussage ist auch die fotografische subjektiv - und darum notwendigerweise zu hinterfragen. Motivwahl, Lichtführung und Sichtweise beruhen auf der unabhängigen Entscheidung des Fotografen, auch wenn andere an der Bestimmung des Ortes mitgewirkt haben, an dem er tätig wurde. So sind die Aufnahmen nicht nur in Ort und Zeit historisch eingebunden, sondern zugleich Zeugnisse einer künstlerischen Weltaneignung und einer persönlichen Ausdrucksweise.

Die Fotografien, die für das Projekt Bilddokumentation aufgenommen wurden, sollen mehr als einer Generation Auskunft geben und Anschauung bieten. Das kann nur mit den Mitteln der Schwarzweißfotografie gewährleistet werden, deren Ergebnisse bei einwandfreier Verarbeitung eine Lebensdauer von 300 Jahren haben können.

Obwohl manches von dem, was in den Jahren 1993 bis 1996 fotografiert wurde, heute nicht mehr existiert, war mit diesem Projekt keine Sammlung verschwundener Gegenstände und Objekte beabsichtigt. Es ist kein Trost, im Bild bewahrt zu haben, was in der gesellschaftlichen Realität und von ihr vernichtet wurde. Die Bilder dieses Projektes wollen vielmehr darauf aufmerksam machen, wie vieles immer noch verfällt, wie vieles noch gerettet werden könnte. Die Lebensqualität eines Landes hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob seine Alleen und Parkanlagen, Dörfer und Altstädte, Industriedenkmale und Kulturlandschaften erhalten bleiben, - ob seine Geschichte nicht nur in Bildern nachvollziehbar, sondern in Raum und Zeit real erlebbar bleibt.

 

 

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