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Brandenburgische Kunstsammlungen Cottbus
seit 2009: Dieselkraftwerk Cottbus
über die Brandenburgischen Kunstsammlungen
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
17.1. - 14.3.1999
Jeanne Mammen 1890-1976Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen
Jeanne Mammen - Gertrud Johanna Louise Mammen, geb. 1890 in Berlin, gest. 1976 daselbst - zählt zu den Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts, die ähnlich den Dresdener Malerinnen Paula Lauenstein, Alice Sommer oder Elfriede Lohse-Wächtler "versunken im Malstrom der Zeit" (Hildegard Reinhardt) erst spät eine umfassende Würdigung ihres künstlerischen Schaffens erfuhren.
In einer groß angelegten Retrospektive würdigten die Berlinische Galerie (08.11.1997 - 04.01.1998) und das Ulmer Museum (18.01. - 15.03.1998) das Gesamtwerk von Jeanne Mammen. Kindheit und erste Studienjahre verlebte die Künstlerin in Paris. Nach den Besuchen der Königlichen Kunstakademie in Brüssel und der Scuola Libera Villa Medici in Rom, die sie mit Erfolg absolvierte, gelangte die Künstlerin - mitgerissen von den Wirren des Ersten Weltkrieges - 1915 nach Berlin. Sie bezog 1919 ein bescheidenes Wohnatelier am Kurfürstendamm 29 und dort lebte und arbeitete die Künstlerin 57 Jahre bis zu ihrem Tode.
Das symbolistische Frühwerk (1908 - 1914) Jeanne Mammens wird der Cottbuser Präsentation vorangestellt. Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden die äußerst sensiblen Aquarelle der 20er und frühen 30er Jahre, sowie große Bleistiftzeichnungen aus demselben Zeitraum und eine Auswahl der frühen, noch erhaltenen Gemälde.
Kurt Tucholsky schrieb 1929 in der Weltbühne: "Die zarten, duftigen Aquarelle, die Sie in Magazinen und Witzblättern veröffentlichen, überragen das undisziplinierte Geschmier der meisten ihrer Zunftkollegen derart, daß man Ihnen eine kleine Liebeserklärung schuldig ist. Ihre Figuren fassen sich sauber an, sie sind anmutig und herb dabei, und sie springen mit Haut und Haaren aus dem Papier. In dem Delikatessenladen, den uns ihre Brotherren wöchentlich oder monatlich aufsperren, sind sie so ziemlich die einzige Delikatesse."
Die Künstlerin hatte seit Mitte der 20er Jahre für die Zeitschriften "Jugend", "Ulk", "Uhu" und "Simplicissimus" gearbeitet, eine Arbeit, die ihr hauptsächlich den Lebensunterhalt sicherte.
Stilistisch traf Jeanne Mammen genau den Typ, den wir uns vom Leben der nächtlichen Berliner Halbwelt, den sogenannten "Goldenen Zwanziger Jahren", heute noch vorstellen.
Ab den 30er Jahren verdichtete sich der Duktus ihrer Werke zu stärkerer Geschlossenheit und Strenge. Namentlich die Bleistiftzeichnungen erhalten eine bisher nicht gekannte Bündelung der Strichlage. Innerhalb der Richtung des Großstadtrealismus jener Zeit nimmt das Werk der Künstlerin einen originären Platz ein.
Während der Naziherrschaft wandte sich Jeanne Mammen in innerer Emigration einer abstrakten Formensprache zu, die sie auch nach dem Kriege bis zu ihrem Tod beibehielt. Dieser vornehmlich an Picasso orientierte kubo-expressive Stil brachte ihr sogar in den ersten Nachkriegsjahren die Bezeichnung "Madame Picasso" ein. Eine kleine Auswahl, insbesondere des skulpturalen Werkes, wird ebenfalls zu sehen sein.
Die Cottbuser Präsentation vermittelt nach ihrer Präsentation in der Kunstsammlung Gera (25.09. - 22.11.1998) ein eindrucksvolles Bild der noch zu unrecht wenig bekannten Berliner Künstlerin Jeanne Mammen; Zeitgenossin von George Grosz, Rudolf Schlichter und Karl Arnold.
Ein vom Wienand Verlag editierter umfangreicher Katalog begleitet diese Ausstellung.