german galleries / index cities / index galleries / index artists / index Leipzig


Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig

Karl-Tauchnitz-Str. 11
04107 Leipzig
Tel. 0341 - 14 08 10; Fax 0341 - 140 81 11
e-mail: office@gfzk.de
Di - So 12 - 19 Uhr
Führungen So 15 Uhr und nach Vereinbarung
http://www.gfzk.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

27.01.2002 - 01.04.2002

Der dritte Sektor

Christine Hill

Volksboutique Organizational Ventures

 

1. Der dritte Sektor

Am 26.01.2002 um 19.00 Uhr eröffnet die Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig die Ausstellung "Der dritte Sektor", die zuvor im Kunstverein Wolfsburg zu sehen war. Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem Wandel der Städte Leipzig und Wolfsburg von Industrie- hin zu Dienstleitungsgesellschaften/-städten.

Der Dienstleistungssektor galt als die große Hoffnung des 20. Jahrhunderts und sollte Garant für ökonomische, politische und soziale Stabilität sein. Er stellte Vollbeschäftigung, humanere, weil am Menschen orientierte, Arbeit, regelmäßige Verteilung gesellschaftlichen Reichtums und die Demokratisierung der Herrschaftsverhältnisse in Aussicht. Heute bedeutet der Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft nicht mehr unbedingt eine Hoffnung, sondern auch eine Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt und damit aus der Gesellschaft.
In der Ausstellung wird über die Auswirkungen des dritten Sektors in-besondere aus feministischer, ökonomischer und urbanistischer Perspektive reflektiert. Dreizehn internationale KünstlerInnen zeigen zum Teil ortsspezifische Auseinandersetzungen mit diesem Themenkomplex.

Die Fotografin Erika Sulzer-Kleinemeier begleitete in den 60er/70er Jahren Frauen in typischen Frauenberufen mit der Kamera. Sie ergänzt diese älteren Aufnahmen in der Ausstellung durch neue Fotografien typisch dienstleistungsgeprägter Orte, wie einer Messe, einem leeren Flughafenschalter und einer Troja-Ausstellung in einer Bank. Auch die Gemälde der Biennale Venedig 2001-Teilnehmerin Ursula Reuter-Christiansen, die feministische Vorreiterinnen wie Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und Alexandra Kollontaij zeigen, bleiben in der Diskussion um Frauen als Mütter und Berufstätige immer noch aktuell. In ihrer "Food-Novel" einer McTower's- Maid schildert Martha Rosler humoristisch den Alltag einer Angestellten der Fastfoodkette McTower. Die Angestellte entwickelt gewerkschaftlich-kämpferische Ambitionen zur Verbesserung des Massenessens.

In Malika Ziouechs Politmusical "Alle für Arbeit" erfährt der Zuschauer etwas über das Schicksal einer studierten Frau, die wie so viele unserer Gesellschaft, schließlich auf der Suche nach irgendeinem Job ist, und so oft kläglich an den absurden Anforderungen eines 0815-Jobs scheitert, bis sie schließlich zu kriminellen Handlungen greift und den Arbeitsminister erpresst. Die dänische Künsterinnengruppe Kvinder på Værtshus (Frauen im Wirtshaus) hat vor dem Hintergrund sexualisierter Autowerbungen eine "Sextour im Autoland" entwickelt, die die BesucherInnen per Telefonnummer, Freecards und Plakat auffordert, sich 10 Fragen zum Thema Einsatz von männlicher und weiblicher Sexualität in der Werbung Gedanken zu machen. Die Künstlerin Margit Czenki beobachtete männliche Barkeeper in einem Hambuger Kaffeehaus, wie sie mütterliche Handlungen des Milchaufschäumens liebevoll ausführen. Der Blick weiblicher Serviererinnen ergänzt in Leipzig die Installation. Angela Bulloch thematisiert mit gefundenen Regeln der "rules-series" das Regelwerk einer Gesellschaft, die ohne Ordnungsprinzipien nicht auskommt. Herausgenommen aus dem Alltag führen die "Rules" eines Stripperinnen-Saloons in New York City in der Ausstellung als eine Ansammlung harter Arbeitsbedingungen im Alltag der "baby-dolls" vor. Ein Bild von harter körperlicher Arbeit wird in ihrer Arbeit "Working Manicure" thematisiert. Die Künstlerin läßt allen MitarbeiterInnen der GfZK für die Eröffnung schwarze Fingernagelspitzen malen.

2. Christine Hill "Volksboutique Organizational Ventures"

Während der documenta X in Kassel präsentierte Christine Hill ihre mittlerweile legendär gewordene "Volksboutique" zum ersten Mal einem größeren Publikum: BesucherInnen /KundInnen konnten sich nach eigenen Vorstellungen bzw. nach Beratung mit der Künstlerin zu moderaten Preisen einkleiden. "Volksboutique" ist jedoch mehr als ein Kleiderladen; es ist Label, Verkaufslokal und diskursives Forum.

"Volksboutique" hat sich in den letzten Jahren von einem konkreten Ortsbezug abgekoppelt und in ein Label verwandelt, unter dem verschiedenste Produkte hergestellt bzw. bestimmte Organisationsformen erprobt werden. Über ihr Label (die "Dachmarke" gewissermaßen) vertreibt Hill nicht nur ihre Produkte, sondern managt sich auch selbst. Sie schreibt sich damit als Künstlerin in ein ökonomisches Terrain ein, das durch "Selfmade"- Strategien in Anlehnung an große wirtschaftliche Unternehmen charakterisiert ist. Unterstützt durch Handbücher und Trainingsvideos ("Wege zum Erfolg", "Wie werde ich Unternehmer?" etc.) widmet sie sich Fragen der Selbstverwaltung und des Kleinunternehmertums. Dabei gelingt es ihr, liberale Wirtschaftsforderungen und -versprechen (nach mehr Eigeninitiative, mehr Engagement, mehr Erfolg; jeder kann es schaffen) zu exponieren und quasi auf die Bühne zu stellen. Mit anderen Worten: Hill inszeniert Kleinunternehmertum/Dienstleistung als Grundlage ihrer eigenen künstlerischen Praxis. In der Gestaltung lehnt sie sich an Büroeinrichtungen der 70er Jahre an, sie bilden den Hintergrund bzw. die Kulissen für den "Auftritt" der "Volksboutique" (Die Entscheidung für die 70er Jahre erscheint naheliegend, bilden diese doch den Auftakt eines "boomenden" Dienstleistungssektors.)
Die Ausstellung in Leipzig gibt Einblick in die Bandbreite des "Unternehmens" ("Volksboutique Identity Package"). Einzelne Projekte der "Volksboutique" u.a. "Stock Piece", "Tourguide", "Handbag" und "Pilot" werden exemplarisch vorgestellt bzw. dokumentarisch in der "Volksboutique Reference Library" zusammen gefasst. Im Kunstverein Wolfsburg wurde der erste Teil der Bücher gezeigt, im Migros Museum wird der zweite und in Leipzig der dritte und letzte Teil der insgesamt 9 Bände umfassenden Arbeit zu sehen sein. Jedes Buch enthält Verweise und Dokumentationen zu den künstlerischen Projekten von Hill.
Ergänzt werden die Bücher der Künstlerin durch ein in Wolfsburg produziertes "Training Video" der "Volksboutique" und einen Katalog zur Ausstellung. Der bei Hatje Cantz/Ostfildern erscheinende Katalog von Christine Hill und Markus Dressen gestaltet folgt als Leitmotiv den "Volksboutique Organizational Ventures" und enthält auch Materialien zu den drei Stationen (Wolfsburg/Zürich/Leipzig).

Gegen Ende des Jahres plant Christine Hill die Realisierung einer Fashion Show (Modeschau) mit LeipzigerInnen als Models. In diesem Zusammenhang sollen Laien unter Moderation der Künstlerin ihre Lieblings-Outfits vor Publikum präsentieren.

Termine

23.01.02, 19.00 Uhr Buch des Monats, "Ein diskreter Gegenstand" die Meisterratsprotokolle des Staatlichen Bauhauses Weimar 1919-1925, vorgestellt von Heidi Stecker und Ute Ackermann

26.01.02, 19.00 Uhr Eröffnung Christine Hill / 3.Sektor/ Sammlung I
31.01.02, 19.00 Uhr Kunstskandale, Julia Schäfer spricht u.a. über Andreas Slomskis "Eisstil" Zensur einer Schaufensterinstallation

06.02.02, 19.00 Uhr Talk in der Galerie, Dr. Susanne Litzel und Isabel Podeschwa (BDI) im Gespräch mit Barbara Steiner

13.02.02, 19.00 Uhr Buch des Monats, George Ritzer: "Die McDonaldisierung der Gesellschaft", vorgestellt von Barbara Steiner und Eröffnung der Sammlung II

21.02.02,19.00 Uhr Kunstskandale, Barbara Steiner spricht über Diego Riveras Wandgemälde in den Ford-Werken, Chicago

06.03.02, 19.00 Uhr Buch des Monats, Katharina Steffen: "Übergangsrituale einer auto-mobilen Gesellschaft", vorgestellt von Julia Schäfer

13.03.02: Eröffnung der Sammlung III

14.03.02, 19.00 Uhr Kunstskandale, Jan Winkelmann spricht über verschiedene Projekte von Maurizio Cattelan

21.-24.03.02: Die GfZK auf der Leipziger Buchmesse

22.03.02, 20.00 Uhr Im Rahmen der Leipziger Buchmesse liest Michael Wallner aus seinem neuen Roman "Haut", erschienen bei Reclam Leipzig

10.04.02, 19.00 Uhr Buch des Monats, Annegret Schüle: "Die Spinne. Die Erfahrungsgeschichte weiblicher Industriearbeit im VEB Leipziger Baumwollspinnerei", vorgestellt von Heidi Stecker

 

 

 

MITTWOCH, 13. FEBRUAR 2002, 19.00 UHR
IN DER REIHE >BUCH DES MONATS<
spricht Barbara Steiner über:

>Die McDonaldisierung der Gesellschaft< von George Ritzer

Wer kennt nicht McDonalds. Überall auf der Welt prangt der goldene Doppelbogen von Moskau, Peking bis New York, ideologische Barrieren scheinbar mühelos überbrückend. Man weiß, wenn dieses Zeichen auftaucht, wird Altbewährtes geboten: Hamburger im Durchmesser von 8,9 cm (das Brötchen), aus denen das Fleisch 0, 94 cm herausragt, mit einem Fettgehalt, der nicht über 19% liegt.

Am 13.02. wird Barbara Steiner über "Die McDonaldisierung der Gesellschaft von George Ritzer, einem amerikanischen Sozialwissenschaftler, sprechen. Das Phänomen McDonalds mit seinen Eckpfeilern Effizienz, Berechenbarkeit, Vorhersagbarkeit und Kontrolle, greift zunehmend auf alle Lebensbereiche über. Der Spielwarensektor ("Toys´R`Us"), die Kindererziehung ("Children Care"), der medizinische Bereich ("McDoctors", "Mc Dentists"), das Steuerwesen ("H&R-Block") u.a. werden nach dem Vorbild der großen Restaurantkette ausgerichtet. Selbst der universitäre Bereich und das Zeitungswesen bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont.

Im Café der
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig
KARL-TAUCHNITZ-STRASSE 11
04107 Leipzig

EINTRITT FREI

DONNERSTAG, 21. FEBRUAR 2002, 19.00 UHR
IN DER REIHE >KUNSTSKANDALE<
spricht Barbara Steiner über

Diego Rivera, The Detroit Industry Murals; Institute of Arts, Detroit

1932 erteilte Edsel Ford, damaliger Präsident der Ford-Werke in Detroit, dem mexi-kanischen Maler und überzeugten Kommunisten, Diego Rivera, den Auftrag zu einem monumentalen Wandgemälde. Rivera gestaltete daraufhin vier Wände im überdachten Hof des Institute of Arts und nahm dabei auf den Industrialisierungsprozess, konkret: auf die Autoindustrie Bezug. Nach ihrer Fertigstellung 1933 lösten die Fresken hefti-ge Kontroversen aus: Rivera wurde wegen seiner schonungslosen Darstellung der In-dustriearbeiter, wegen angeblich pornographischer Details und einem respektlosen Umgang mit religiösen Symbolen kritisiert.
Vor allem jedoch stieß man sich daran, dass ein mexikanisch-kommunistischer Künstler mit 30.000 Dollar bezahlt wurde, während Amerika in einer tiefen wirt-schaftlichen Depression steckte. Die Museumsverantwortlichen konnten jedoch schlussendlich die geforderte Zerstörung der Monumentalgemälde verhindern, die heute zu den wichtigsten erhaltenen Arbeiten von Diego Rivera zählen. Für seinen Folgeauftrag die Ausstattung des Rockefeller Center in New York gilt dies jedoch nicht: Diese Wandmalereien wurden noch, bevor sie fertig gestellt werden konnten, aus politischen Gründen zerstört.

Im Bürofoyer der
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig
KARL-TAUCHNITZ-STRASSE 11
04107 Leipzig
EINTRITT: 2,00 Euro / Förderkreismitglieder frei


 

 

 

23.06.02 - 22.09.02


Preisträger des Blinky-Palermo-Stipendiums 2001 der Ostdeutschen Sparkassenstiftung

Francesco Vezzoli

Preisträger des Blinky Palermo Stipendiums 2001 der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Freistaat Sachsen ist der Mailänder Francesco Vezzoli.

Vezzolis Videoarbeiten stellen eine komplexe Reinszenierung kinematographischer und medialer Wirklichkeitsfragmente dar. Mit Hilfe von Stars und Diven aus dem Bereich des Films, der Werbung, der Mode und des TV, deren Ruhm bereits weitestgehend verblichen ist, dreht Vezzoli eindringliche Filmsequenzen, in denen unterschiedliche Ebenen von medialer Realität, Traum, Wirklichkeit und Fiktion verschmelzen. Wie ein roter Faden zieht sich dabei das handarbeitliche Sticken durch seine Arbeiten. Gleich einer Art kontemplativer Wirklichkeitsaneignung werden in seinen Videos und Performances mit Nadel und Faden kunstvoll Porträts von den beteiligten Stars und/oder von Vezzoli selbst gestickt. Hierbei durchdringen sich einander entgegengesetzte Bezugsysteme von häuslich-privater Handfertigkeit mit mythologisierendem Glamour der porträtierten Stars, um sich in gleichsam nostalgischen Erinnerungen wie auch distanziertem Entrücktsein gegenseitig zu hinterfragen.

Vezzoli plant für Leipzig ein Projekt mit einem der ehemaligen Superstars aus Andy Warhols Factory.

Übergabe des Stipendiums und Vortrag des Künstlers zu seiner Arbeit
12. Oktober 2001, 19.00 Uhr

Ausstellung des Künstlers Francesco Vezzoli
vom 23.06.2002 bis 22.09.2002, Eröffnung: 22.06.2002, 19.00 Uhr




 

german galleriesindex citiesindex galleriesindex artists