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Haus am Waldsee

Argentinische Allee 30
14163 Berlin
Tel. 030 - 8091-2234; Fax 030 - 802 20 28
Di - So 12 - 20 Uhr, Führungen So 16 Uhr
über das Haus am Waldsee
http://www.hausamwaldsee.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

29.03. - 08.05.2002, verlängert bis 09.06.2002


Paran G'Schrey

(1927 - 1967)

Ein Maler des deutschen Informel

 

Mit der seit langern geplanten Retrospektive des Werks von Paran G'Schrey aus Anlass des 75. Geburtstages des Künstlers setzt das Haus am Waldsee seine Ausstellungsreihe zum Thema "Die vergessene Generation" fort. Der Künstler und seine Zeit, die Inselstadt Berlin vor und unmittelbar nach dem Maerbau, kommen mit dieser Werkübersicht und den in den in die Ausstellung integrierten Text- und Filmdokumenten erstmals wieder in den Blick und vervollständigen das Bild des zu Unrecht vergessenen und bereits zu Lebzeiten kaum gewürdigten informellen Malers. Paran G'Schrey markiert einen Sonderweg des deutschen Informel der 50er/60er Jahre. In dieser Zeit dominiert - auch als existenzielle ästhetische Reaktion auf die Vereinnahmung und Gleichschaltung der Künste durch Nationalsozialismus und Stalinismus - die"Weltsprache der Abstraktion" (Will Grohmann). Die Ablehnung einer organisierten Formstruktur und fester Kompositionsregeln ist allen Strömungen des abstrakten Expressionismus gemeinsam: art autre, Tachismus, Action painting, Art brut und art informel.

"Gemeinsam ist ihnen ... die Abkehr von der 'geometrischen Abstraktion', die Auflösung mithin der Form zur Nicht-Form. Das heißt, an die Stelle der Form tritt eine offene Struktur, die keine Entscheidung darüber zulässt, ob es sich dabei um die Offenheit einer Form-Werdung handelt oder um eine Form-Auflösung."(Rolf Wedewer, Stichworte zum Informel, in: Kunst in der Bundesrepublik Deutschland 1945 - 1985, Nationalgalerie Berlin, Berlin 1985, S, 121).

"Psychogramme innerer Vorstellung" besetzen die Malerei, wie exemplarisch am Werk Paran G'Schreys zu beobachten ist: spontane Gebärden, frei erfundene Zeichen und spontane Rhythmik von Farben und Lineaturen. Mit Ausstellungen wie "Gegenwart bis 62" und "Skripturale Malerei" (1962) sowie "Thema: Informel - Zur Struktur einer 'anderen' Zeit" (1973) und zahlreichen Einzelpräsentationen (Hartung, Hoehme, Schultze, Schumacher, Thieler, Trier, Trökes, Wols u.a.) hat das Haus am Waldsee dieser stilistischen Ausformung der Abstraktion in der Nachkriegskunst besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Paran G'Schrey traf nicht das Schicksal vieler anderer Künstler seiner und einer früheren Generation, die während des Nationalsozialismus als "Entartete" diskriminiert, ausgegrenzt und verfolgt wurden, ihr Leben und Werk im Zweiten Weltkrieg verloren oder nach 1945 nicht mehr an ihr Frühwerk anknüpfen konnten, somit zu einer vergessenen Generation" gehören. Erst in den Nachkriegsjahren hat er das Privileg, bei bedeutenden Künstlern wie Baumeister, Kuhn, Kaus und Schmidt-Rottluff seine 19431-44 begonnenen Studien fortzusetzen und genießt als viel versprechender Repräsentant einer neuen Generation erste Erfolge als Stipendiat und auf dem Kunstmarkt. Dennoch ist durch besondere, schicksalhafte persönliche Lebensumstände auch Paran G'Schrey zu den "Vergessenen" zu zählen, wie Michael Nungesser nach zweijähriger Recherche in seinem fundamentalen, kenntnisreichen Aufsatz über die Rezeption G'Schreys zu seinen Lebzeiten und unmittelbar nach seinem Freitod (1967) dargelegt hat. Ihm ist auch die Bearbeitung der Briefe, der Biographie, des Ausstellungsverzeichnisses und der Bibliographie zu verdanken.

Der 75. Geburtstag Paran G'Schreys am 1. April 2002 bietet nun den angemessenen Zeitpunkt für seine Würdigung, in der Hoffnung, dass die Rezeption von Künstler und Werk mit dieser Ausstellung und dem begleitenden Katalog einige neue Anstöße zu seiner Wiederentdeckung erhalten kann. In diesem Zusammenhang freuen wir uns besonders, mit Heinz Ohff einen bedeutenden Berliner Kunstkritiker der Nachkriegszeit als Autor gewonnen zu haben, dessen Beitrag aus heutiger Perspektive den historischen Text zu Paran G'Schrey von Will Grohmann, ein Wiederabdruck von 1963, ergänzt.

Besonders der unermüdlichen Initiative der Witwe des Künstlers, Katharina Ehrlicher, ist es zu verdanken, dass nach langen Jahren der Vorbereitung nun diese Ergebnisse in einer Zusammenschau sichtbar geworden sind, maßgeblich unterstützt durch die Bremer Galerie Rolf Ohse. Aus dem Berliner Nachlass konnten bedeutende und z.T. unbekannte Werke bereitgestellt werden, ergänzt durch bedeutende Museumsleihgaben sowie Foto- und Textdokumente, die hier erstmals zur Veröffentlichung kommen, etwa die (Liebes-)Briefe und Briefentwürfe Paran G'Schreys an seine Frau Katharina, an Freunde und Bekannte. Sie eröffnen einen intensiven und überraschenden, bisweilen verstörenden Blick auf Persönliches und Persönlichstes im Leben, Denken und Arbeiten Paran G'Schreys und markieren Höhen und Tiefen seiner psychischen Befindlichkeit im Kampf mit seiner Zeit, Momenten der unauslöschlichen Erinnerung, Ängsten und Problemen der Existenz, die schließlich übermächtig wurden und ihn keinen Ausweg als den Freitod finden ließen.

Paran G'Schreys Werk erscheint als eine existenzialistisch, wenn nicht nihilistisch entäußerte Malerei der Psychogramme innerer Vorstellungen, geprägt vom untrüglichen Wissen des Künstlers als zarathustrischer "Seiltänzer" um unüberwindliche Distanzen des Lebens zwischen Übergang und Untergang, permanentem Abschiednehmen und der trügerischen Hoffnung auf Ewige Wiederkehr, Distanzen, die auch die Kunst nicht prinzipiell überwinden kann.

 

Katalog

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (hrsg. von Katharina Ehrlicher und Rolf Ohse, 120 S., 90 Abb. in Farbe und Duoton, mit Texten von Will Grohmann, Michael Nungesser, Heinz Ohff, Barbara Straka sowie unveröffentlichten Briefen und Texten von Paran G'Schrey, Biographie und Bibliographie) zum Preis von 25,- Euro.

Die Pressevorbesichtigung findet am Donnerstag, dem 28.03.02 um 12:00 Uhr im Haus am Waldsee 19.00 Uhr.

Eröffnung am Donnerstag, dem 28.03.02 um 19.00 Uhr.

Die Witwe des Künstlers, Frau Katharina Ehrlic Ausstellung führen. Zur Eröffnung sprechen der Berliner Kunsthistoriker Michael Nungesser sowie als Zeitzeuge und Weggefährte Paran G'Schreys der Künstler Michael Otto.

Bitte beachten Sie den veränderten Presse- und Eröffnungstermin, der wegen der Osterfeiertage auf Donnerstag vorverlegt wurde. Die Ausstellung ist regulär am Karfreitag und Ostersonnabend geöffnet, am Ostersonntag und -montag geschlossen.

11. April, 19 Uhr

Vortrag von Michael Nungesser zum Therna "Paran G'Schrey - Annäherung an einen Künstler des Existenziellen"

18. Aril 19 Uhr: Sonderführung durch die Ausstellung mit Katharina Ehrlicher und
Zeitzeugengespräch (mi Ben Wargin und weiteren Gästen)

 

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