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Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Hans-Thoma-Straße 2
76133 Karlsruhe
Tel. 0721 - 926 31 88; Fax 0721 - 926 67 88
E-mail: info@kunsthalle-karlsruhe.de
Di - So 11 - 18 Uhr, Mittwoch 11 - 20 Uhr
www.kunsthalle-karlsruhe.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

22.09.2007 - 06.01.2008

Aquarelle 1800 - 1850


Hauptgebäude - Ausstellung im Kupferstichkabinett

 

Die Wasserfarbenmalerei erreichte in ihrer sich über viele Jahrhunderte erstreckenden Entwicklung im Zeitalter der Romantik sowohl technisch wie künstlerisch einen Höhepunkt. Was das Aquarell im Gegensatz zur Ölmalerei vor allem auszeichnet, ist die Transparenz des Farbauftrags, verbunden mit einer spontanen optischen Vergegenwärtigung von Licht, Luft und atmosphärischer Stimmung. Das Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe bewahrt unter seinen mehr als 80.000 Blättern neben Zeichnungen und Drucken eine beträchtliche Anzahl meisterhafter Aquarelle. Die Fragilität des Papiers und die Lichtempfindlichkeit der Farben sind der Grund, aus dem man diese Blätter nur für relativ kurze Zeit ausstellen kann. Eine Auswahl exquisiter Werke aus der Zeit zwischen 1800 und 1850 wird nun im Vorlegesaal des Kupferstichkabinetts präsentiert.

In der kleinen Ausstellung werden nicht nur diverse Zeitstile vor Augen geführt (Einflüsse von Klassizismus, Romantik, Biedermeier und Realismus), sondern auch unterschiedliche Funktionen des Aquarells vorgestellt: Neben spontanen Skizzen von malerischen Örtlichkeiten, die die Künstler auf ihren Reisen sahen, finden sich auch Entwürfe, die ­ mehr oder weniger ausgearbeitet ­ eine Etappe auf dem Weg zu einer Komposition sind. Die dritte Gruppe umfasst eine Reihe von Blättern, deren detaillierte Ausarbeitung dem Aquarell den Rang eines Gemäldes verleiht.

Ein Großteil der Arbeiten zählt zum alten Bestand der Karlsruher Sammlung oder war im Besitz des Großherzoglichen Privatkabinetts. Dabei bildet die Landschaftsdarstellung in ihren vielfältigen formalen Ausprägungen die dominante Bildgattung. Dieser Schwerpunkt ist nicht nur ein Spiegel des Bestandes, sondern vermittelt auch eine Vorstellung vom Geschmack der damals tonangebenden Kunstsammler im Großherzogtum Baden. Denn es waren die Landschafter, die entscheidende Zeichen setzten und ­ nicht nur in Karlsruhe ­ den weiteren Gang der Kunstentwicklung wesentlich mitbestimmen sollten.

 

 

Max Ernst: "Europa nach dem Regen I" (1933)

Pressekonferenz

Einladung zur Vorbesichtigung von
Max Ernst: "Europa nach dem Regen I" (1933)
am 9. November 2007 um 15.30 Uhr

Max Ernsts Gemälde "Europa nach dem Regen I" aus dem Jahr 1933 gehört zu den eindrucksvollsten Werken, die der Künstler vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geschaffen hat. Es gilt als ein Hauptwerk des Surrealismus und konnte dank finanzieller Unterstützung der Museumsstiftung Baden-Württemberg, der Kulturstiftung der Länder und der Ernst von Siemens Kunststiftung für die moderne Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe erworben werden. Die festliche Übergabe der Erwerbung wird am Freitag, dem 9. November 2007, um 17 Uhr in der Rotunde der Orangerie der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe stattfinden. Der Presse möchten wir schon um 15.30 Uhr die Gelegenheit geben, diese herausragende Neuerwerbung in Augenschein zu nehmen und sich über deren Erwerb zu informieren.

Der 1891 in Brühl bei Köln geborene Max Ernst zählt nicht nur zu den herausragenden Künstlern der surrealistischen Bewegung, sondern wird dank eines umfangreichen uvres an Gemälden, Plastiken und Graphik zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts gerechnet.

Nach seiner Übersiedlung 1922 von Köln nach Paris erprobte Max Ernst neue künstlerische Arbeitsweisen, die beispielsweise 1925 mit dem Frottage-Verfahren in seinem frühen Hauptwerk "Histoire naturelle" zur Anwendung kamen. In den folgenden Jahren entstanden Bildfolgen zu "Horden" und "Wäldern". Nach den tief greifenden Veränderungen, die der Erste Weltkrieg in Deutschland und die Russische Revolution von 1917 in Europa ausgelöst haben, schafft Max Ernst 1933 mit dem Gemälde "Europa nach dem Regen I" ein Kunstwerk, das Europa auf rätselhafte Weise nach einer im Titel angedeuteten Flut zeigt.

Das überwiegend aus einem bemalten Gipsrelief bestehende Bild zeigt ein Europa ohne die bekannten Staatsgrenzen. Das bemalte Gipsrelief lässt Europa gleichsam in einer versteinerten Oberfläche auferstehen. Der ordnende Blick sucht vergeblich nach dem italienischen Stiefel, auch die markanten geographischen Grenzen von Frankreich und der iberischen Halbinsel sind verloren gegangen, während neue, imaginäre Grenzlinien willkürlich neue Territorien entstehen lassen. Einzig die Lage des Mittelmeers erscheint dem Betrachter vertraut, das aber durch die geographische Verformung den Zugang zum Atlantik verloren hat und in ein Binnenmeer transformiert worden ist. Auch das Schwarze Meer wird von Osten nach Westen verlagert, so als wäre Europa entlang der Nord-Süd-Achse gefaltet worden. Der beklemmende Eindruck, den die Naturkatastrophe der Sintflut in Europa hervorruft, wird durch die feinen, rot gestrichelten Schifffahrtsrouten aufgebrochen, da in ihnen eine mögliche Bewegung der Menschen zumindest auf See angedeutet wird. Die radikal veränderte geographische Darstellung von Europa und das Entstehungsdatum von 1933 hat auch Kennern des Werks von Max Ernst Anlass geboten, in dem Gemälde eine Vision zu sehen, die die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges vorwegzunehmen scheint.

Der Kunsthistoriker Ralph Ubl hat in seinem Beitrag für das Patrimonia-Heft "Europa nach dem Regen I" überzeugend neu interpretiert. Er führt aus, dass die Surrealisten als künstlerische Avantgarde eine tief gehende Veränderung der europäischen Zivilisation wünschten und darauf hofften, durch die intensiven politischen und ideologischen Auseinandersetzungen gleichsam eine Katastrophe auszulösen, um anschließend Europa als terra incognita des revolutionären Lebens zu erkunden. Der Regen wird im Surrealismus positiv gedeutet, als Sinnbild eines Vorgangs, der das Bestehende "wegspült". In diesem Sinne bildet die Naturkatastrophe, die Europa so grundlegend verändert hat, eine Voraussetzung für die Darstellung der gestrichelten Schifffahrtslinien, die die neuen Möglichkeiten eines surrealistischen Lebens andeuten.

In der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe finden sich mit den Gemälden "Der Wald", 1927, (Öl auf Leinwand, 114 x 116 cm) und "Die Windsbraut", 1926/27, (Öl auf Leinwand, 81,5 x 100 cm) sowie der Plastik "Der Vogel", ca. 1923, (Holz, Höhe: 101,1 cm; Breite: 21,0 cm; Tiefe: 32,9 cm) bereits drei bedeutende Werke von Max Ernst.

Mit der Erwerbung von "Europa nach dem Regen I" bietet die Kunsthalle den Besuchern einen Einblick in die Blütezeit des Surrealismus, der in dieser Qualität nur selten in einem deutschen Museum zu finden ist.

Zur festlichen Übergabe des Bildes in der Orangerie sprechen am Freitag, dem 9. November 2007, um 17 Uhr Prof. Dr. Klaus Schrenk, Direktor der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Dr. Dietrich Birk (MdL), Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Isabel Pfeiffer-Poensgen, Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Prof. Dr. Joachim Fischer, Ernst von Siemens Kunststiftung, und Prof. Dr. Ralph Ubl, University of Chicago, der den Festvortrag unter dem Titel "Die Zukunft des Surrealismus. Europa nach dem Regen neu interpretiert" halten wird.

 

 

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