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Staatliche Kunsthalle KarlsruheHans-Thoma-Straße 2
76133 Karlsruhe
Tel. 0721 - 926 31 88; Fax 0721 - 926 67 88
E-mail: info@kunsthalle-karlsruhe.de
Di - So 11 - 18 Uhr, Mittwoch 11 - 20 Uhr
http://www.kunsthalle-karlsruhe.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
10.07. - 12.09. 2004
Georg Baselitz
Malelade
Ein "Opus magnum innerhalb der Künstlerbücher des 20. Jahrhunderts" nannte Siegfried Gohr "Malelade" von Georg Baselitz. Der Künstler bezeichnete mit diesem Titel eine Folge von 41 großformatigen, farbigen und schwarz-weißen Radierungen und Strichätzungen, die von dem Hamburger Drucker Till Verclas gedruckt und 1990 von der Galerie Michael Werner verlegt wurde. Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe konnte die "Suite libre" und ein gebundenes Exemplar von "Malelade" im Dezember 1998 erwerben. In diesem Werk gibt der 1938 in Deutschbaselitz geborene Maler und Bildhauer unter anderem versteckt Auskunft über seine Sicht auf Natur, Kunst, Biographie, Romantik und die Frage nach der Funktion von Erinnerung."Malelade" ist das erste von bislang sechs Künstlerbüchern von Georg Baselitz. Es entstand im wesentlichen im Jahr 1989 und gilt als eines seiner Hauptwerke. Im Medium der Druckgraphik, das seine malerische Arbeit stets klärend und bekräftigend begleitet, schließt es eine rund zweijährige Arbeitsphase im Oeuvre des Künstlers ab. In jener Zeit entstanden rund 200 großformatige, virtuose Pastelle und Ölbilder unter dem Titel "Das Motiv", in denen Baselitz mit fulminanter Energie und Ausdauer grundsätzliche Probleme der Flächenkunst befragte. Die Bilder und Pastelle dieser Zeit - und in der Folge wesentlich auch die Blätter von "Malelade" - kreisen in unermüdlich vorgetragenen, immer wieder neuen Attacken um die Problematik des Verwebens von Figur, Grund und Ornament, um Fragen der Raumkonstituierung, der Farb-Interaktion, des Über-, Neben-, Gegen-, In- und Miteinander nicht nur von Linien und Flächen, sondern auch der ihnen zugrunde liegenden widerstreitenden rationalen und irrationalen Impulse und Vorstellungen. "Malelade" bildet das formal faszinierende und inhaltlich vielschichtige Zentrum der Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, das rund 40 Arbeiten aus der Reihe "Das Motiv" und die Künstlerbücher von Georg Baselitz ergänzen.
Erstmals begegnen in "Malelade" Grafiken des Künstlers von ihm selbst geschriebenen Texten kindlich stolpernden, an dadaistische Vorbilder erinnernden, anrührenden, aber auch grotesk komischen lyrischen und liedhaften Zeilen. Mit Sprache operiert Baselitz von Beginn seines künstlerischen Weges an bildhaft, seine Bilder jedoch meiden das Erzählerische spätestens seit 1969 mit der Umkehr des Motivs und der partiellen Abkehr von ihm. Treten beide Elemente - wie in den Künstlerbüchern - zueinander, entsteht ein komplexer Dialog, eine vieldeutige Spannung zwischen rudimentärer Ausdrücklichkeit und bildnerischer Verfremdung, kommunizierbarem Sachinhalt und eigenständigem Forminhalt. "Malelade" lässt einen Streifzug imaginieren, auf dem ein suchendes Subjekt die Welt betrachtet, entdeckt, erinnert und zu sich findet.
Nicht nur tauchen für den Künstler typische Motive auf, sondern auch Verweise auf kunsthistorische Vorbilder: Im speziellen Fall gab vor allem eine mittelalterliche Handschrift, der sogenannte Physiologus von Smyrna, dem Künstler Anregungen für sein Werk. Der "Physiologus" war bis ins 19. Jahrhundert, das ihn gering zu schätzen begann, neben der Bibel das meistgelesene Buch des christlichen Abendlandes. Er diente der erbaulichen Belehrung und beeinflusste die Bildproduktion nachhaltig. Das schmale Werk erzählte ursprünglich wohl 48, später immer mehr Geschichten um reale, heimische und exotische Tiere und Fabelwesen, um Bäume und wunderwirkende Steine. Seine hochmittelalterliche Gestalt hat der "Physiologus" erst nach unzähligen und nicht mehr klar voneinander scheidbaren Textredaktionen angenommen, dann wurde er zum ersten in zahlreiche europäische Sprachen übertragenen Volksbuch. Schon in den frühen Fassungen verbinden sich Schilderungen, die aus genauer antiker Naturbeobachtung hervorgehen, mit mythischen Vorstellungen und Legendenbildungen verschiedener Einflusstraditionen zu moralisierend-didaktischen, religiösen Gleichnissen. Tiere figurieren durchgängig als allegorische Stellvertreter, deren Charakteristika in Analogie zu menschlichem Verhalten oder zu den Eigenschaften der Protagonisten der christlichen Heilsgeschichte interpretiert werden.
Diese mythische Sicht auf Natur ist in Baselitz' Bild- und Vorstellungswelt völlig aufgegeben. Er zeigt zwar auch Adler, Hase, Hahn, Hund, Meise, Pferd, Schwein und andere Tiere. Aber das sie beobachtende Subjekt gibt keine Erklärungen mehr ab, es hegt an der Begreifbarkeit der Welt stärkste Zweifel steht ihr zwar staunend, angerührt, eindrucksoffen, aber auch hilflos gegenüber. In "Malelade" zu blicken, heißt also auch, mit den Augen eines modernen Subjekts im "Buch der Natur" und im Buch der desillusionierenden Geschichte des 20. Jahrhunderts zu lesen. (Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Kehrer Verlag Heidelberg mit Texten von Klaus Schrenk und Kirsten Claudia Voigt.)
Pressekonferenz am Donnerstag, 8. Juli 2004, 11 Uhr)
Kalender
Samstag, 3.7.2004 Zur französischen Woche:
15 Uhr Führung zu ausgewählten
Barbara Grimm Kunstwerken in französischer
Hauptgebäude Sprache: "Nous peignons comme
l'oiseau chante" - les peintres
impressionistes françaisSonntag, 4.7.2004 Prunk und Vanitas im
11 Uhr 18. Jahrhundert
Dr. Lieselotte Benedict
HauptgebäudeSonntag, 4.7.2004 Zur französischen Woche:
15 Uhr Von Angesicht zu Angesicht
Dr. Astrid Reuter französische Bildnisse
HauptgebäudeDienstag, 6.7.2004 Zur französischen Woche:
15 Uhr Hubert Robert und die
Dr. Sibylle Brosi Architektur
HauptgebäudeDienstag, 6.7.2004 Nah und Fern -
20 Uhr Landschaft im 17. Jahrhundert
Dr. Viola Belghaus
HauptgebäudeMittwoch, 7.7.2004 Kunstimbiss:
13 Uhr Bilder über Bilder
Dr. Viola Belghaus
HauptgebäudeDonnerstag, 8.7.2004 Zur französischen Woche:
15 Uhr "Die Stimmen des Staubes,
Petra Erler-Striebel die Seele des Staubes".
Orangerie Jean DubuffetSamstag, 10.7.2004 Zur französischen Woche:
15 Uhr Impressionen aus dem
Dr. Viola Belghaus urbanen Leben
HauptgebäudeSonntag, 11.7.2004 Führung durch die Ausstellung:
11 Uhr Georg Baselitz: "Malelade"
Dr. Kirsten Voigt Kunst und Destruktion
HauptgebäudeSonntag, 11.7.2004 Zur französischen Woche:
15 Uhr "La sculpture française dans sa
Françoise Tönnesmann diversité".
Hauptgebäude (Führung in französischer Sprache)Dienstag, 13.7.2004 Zur französischen Woche:
15 Uhr Delaunays "Eiffelturm" und
Dr. Siegmar Holsten der Aufbruch der Moderne
OrangerieDienstag, 13.7.2004 Die Heilige des Monats:
20 Uhr Maria Magdalena
Dr. Albert Käuflein und Meister der Coburger
Dr. Dorit Schäfer Rundblätter Ein Einsiedler
Hauptgebäude erblickt die von Engeln in die
Lüfte erhobene heilige Maria
Magdalena, um 1480/90Mittwoch, 14.7.2004 Kunstimbiss:
13 Uhr Die Heilige des Monats:
Dr. Albert Käuflein und Maria Magdalena
Dr. Dorit Schäfer Meister der Coburger
Hauptgebäude Rundblätter Ein Einsiedler
erblickt die von Engeln in die
Lüfte erhobene heilige Maria
Magdalena, um 1480/90Sonntag, 18.7.2004 Wilhelm Leibl und seine
11 Uhr Freunde Trübner, Thoma und
Dr. Siegmar Holsten Schuch
HauptgebäudeDienstag, 20.7.2004 150 Jahre Akademie:
20 Uhr Hans Thoma
Dr. Astrid Reuter
HauptgebäudeMittwoch, 21.7.2004 Kunstimbiss:
13 Uhr 150 Jahre Akademie:
Dr. Astrid Reuter Hans Thoma
HauptgebäudeFreitag, 23.7.2004 Kunst mit Muße:
10.15 Uhr Historien in der nieder-
Dr. Jessica Mack-Andrick ländischen Malerei
HauptgebäudeSonntag, 25.7.2004 Hans Thomas Jahre als
11 Uhr Galeriedirektor
Dr. Jutta Hietschold
HauptgebäudeDienstag, 27.7.2004 Visionen von der neuen Kunst
20 Uhr Die Vereinzelung des Künstlers
Thomas Angelou M.A.
OrangerieMittwoch, 28.7.2004 Kunstimbiss:
13 Uhr Badevergnügen im Kabinett
Dr. Dorit Schäfer
Hauptgebäude
Praktische Kurse für Jugendliche und Erwachsene
Malen und Zeichnen am Vormittag
montags Malen für Senioren
11-12.30 Uhr Im Mittelpunkt des Kurses steht
Thomas Biedermann die Aquarellmalerei. Farbauftrag,
Gebühr: ¤ 30,- je Block Komposition und räumliches
(Einstieg jederzeit möglich) Gestalten werden in 4-wöchigen
Blocks vermittelt (Material bitte
mitbringen).dienstags Mit dem Zeichenstift durch
6.7.-27.7.2004 die Kunsthalle
10.30-12 Uhr Für Anfäner und Fortgeschrittene
Anne-Kristin Schaller (Material bitte mitbringen).
Gebühr: ¤ 25,-
"Heilige des Monats"
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Heilige des Monats" bietet die Kunsthalle gemeinsam mit dem Roncalli-Forum, einer Einrichtung des Bildungswerks der Erzdiözese Freiburg, im Juli und August Führungen zu Darstellungen der heiligen Maria Magdalena und der heiligen Helena an.
Juli: Maria Magdalena
(Meister der Coburger Rundblätter, Ein Einsiedler erblickt die von Engeln in die Lüfte erhobene heilige Maria Magdalena, um 1480/90)Die hochformatige Tafel, die wohl für die Straßburger Magdalena-Kirche bestimmt war, zeigt ein in der spätmittelalterlichen Kunst besonders beliebtes Thema: Ein Priester, der sich während der Fastenzeit in die Einsamkeit zurückgezogen hat, wird Zeuge der Erhebung Maria Magdalenas. Der Priester ist in der Landschaft dargestellt. Den Kopf nach oben gewandt, hat er erstaunt über die Erscheinung seine Hand an die Augen gelegt. Er sieht Maria Magdalena, die in ein Fellkleid gehüllt ist, das sie als Eremitin kennzeichnet, und von sechs Engeln getragen wird.
Maria Magdalena findet in den Evangelien als Jüngerin Jesu Erwähnung, die ihn bis ans Kreuz begleitet und der Christus sich am leeren Grab als Gärtner zeigt. In der legendären Gestalt der Heiligen gehen drei verschiedene Personen des Neuen Testaments eine Verbindung ein: die namenlose Büßerin, die Christi Füße salbt, die Schwester des Lazarus, den Christus auferweckt und die von sieben Dämonen besessene Frau, die von Christus geheilt wird. Der Legende zufolge kam Maria Magdalena als Missionarin und Predigerin des christlichen Glaubens in die Provence und lebte danach mehr als dreißig Jahre zurückgezogen in einer Felsengrotte. Als Patronin der reuigen Sünder gehört sie zu den meist verehrten Heiligen der Christenheit.Führungen:
Dienstag, 13.7.2004, 20 Uhr
Dr. Albert Käuflein und Dr. Dorit Schäfer
Mittwoch, 14.7.2004, 13 Uhr (Kunstimbiss)
Dr. Albert Käuflein und Dr. Dorit SchäferAugust: Helena
(Monogrammist IS mit der Schaufel: Auffindung des Wahren Kreuzen, um 1515)Kaiserin Helena (um 250 um 330), die Mutter Konstantins des Großen, gilt als Entdeckerin des Heiligen Kreuzes, das nach Christi Tod auf Golgatha vergraben worden war. Anlässlich ihrer Pilgerreise ins Heilige Land ließ sie auf dem Kalvarienberg drei Kreuze ausgraben, unter denen das Wahre Kreuz des Erlösers aufgrund seiner heilsbringenden Kräfte identifiziert werden konnte. Die hochformatige Tafel mit der prächtigen Goldranke am oberen Bildrand zeigt den dramatischen Höhepunkt der Legende: Durch die Berührung mit dem Wahren Holz wird ein Toter zum Leben erweckt. Noch vollständig in seine Leichentücher gehüllt, richtet er sich betend auf. Freudig zeigt die mit einer Bügelkrone bekrönte Helena auf das Wunder zu ihren Füßen. Ihr Sohn Konstantin, der erste christliche Kaiser, ist ebenfalls Zeuge des Geschehens, wodurch die große Bedeutung beider Persönlichkeiten für die Etablierung und Förderung des christlichen Glaubens unterstrichen wird. Aufgrund stilistischer Charakteristika läßt sich die Darstellung mit den elegant gelängten Figuren und dem metallisch-harten Faltenwurf dem im Elsaß tätigen Monogrammisten IS mit der Schaufel zuschreiben. Gemeinsam mit drei weiteren Tafeln, die sich ebenfalls in der Kunsthalle befinden, gehörte sie einst zu einem vielteiligen, wandelbaren Retabel.
Führungen:
Dienstag, 10.8.2004, 20 Uhr
Dipl. Theol. Stephan Langer und Dr. Jessica Mack-Andrick
Mittwoch, 11.8.2004, 13 Uhr (Kunstimbiss)
Dipl. Theol. Stephan Langer und Dr. Jessica Mack-AndrickNamensgleiche Teilnehmer der jeweiligen Veranstaltungen erhalten freien Eintritt.
150 Jahre Akademie
Mit einer Führungsreihe zur Geschichte der Karlsruher Akademie gratuliert die Staatliche Kunsthalle der Akademie zu ihrem 150. Geburtstag. 1854 als "Großherzogliche Kunstschule" von Friedrich I. von Baden gegründet, entwickelte sie sich zu einer vielseitigen Ausbildungsstätte, deren Geschichte die Kunsthalle am Beispiel einiger ihrer bedeutendsten Lehrer und Direktoren nachzeichnen wird.
Mit Hans Thoma (18391924) und Wilhelm Trübner (18511917) stehen noch einmal zwei Lehrer der ersten Jahrzehnte im Mittelpunkt. Hans Thoma übernahm 1899 das Amt als Direktor der Großherzoglichen Kunstschule, Wilhelm Trübner wurde 1903 als Lehrer berufen und trat im Jahr darauf den Direktorenposten an. Beiden Malern ist sicherlich das Interesse an der Naturdarstellung gemeinsam, in der sie mit formal ungewöhnlichen und innovativen Bildern brillierten eine Gemeinsamkeit mit der beide das Erbe des Gründungsdirektors Johann Wilhelm Schirmer fortführten.
Hans Thoma
Die Geschwister, 1873
Herbstlicher Baum vor einem Wiesental, um 1862Das Geschwisterbild aus dem Jahr 1873 steht stellvertretend für Thomas Vorliebe für ländlich-bäuerliche Szenen. Diese Porträts der einfachen Landbevölkerung sind niemals abwertend oder derb, sondern stets von stiller Poesie erfüllt. Heute schätzen wir besonders diesen Aspekt an Thomas Werk, zu seinen Lebzeiten wurde er jedoch vielfach wegen seines "beleidigenden Realismus" geschmäht. Auch das Karlsruher Publikum protestierte gegen den Maler und zahlreiche Mitglieder des ansässigen Kunstvereins versuchten Ausstellungen des Künstlers gänzlich zu verhindern. Dabei zeigt besonders das Geschwisterbild das Interesse des Malers an Licht- und Farbwirkungen: Durch das Fenster hinter dem Spinnrad fällt das Licht in die Stube, das Thoma mit lichten Farbreflexen im gelben Vorhangstoff und in dem Wollbausch auf dem Spinnrad nachzeichnet und dem er noch in dem zarten Glas auf dem Tisch einen entfernten Nachklang gibt. Ludwig Justi, der Direktor der Berliner Nationalgalerie und langjährige Freund des Malers hat dessen Bedeutung für die Malerei des 19. Jahrhunderts klar erfasst: "Als man später den Weg vom Dunklen ins Helle bahnte, vom Museum ins Freie, war Thoma schon längst und immer dagewesen."
Die Studie auf Pappe in kleinem Format aus dem Jahr 1862 zeigt einen Ausblick über weite Felder, die am Horizont von einer Bergkette gesäumt werden. Das Auge des Betrachters wird zunächst auf den herbstlichen Baum im Vordergrund gelenkt, der wie ein Fensterausschnitt einen Blick in die Landschaft öffnet. Das Bild spielt sehr geschickt den Kontrast aus nahsichtiger, detailliert und energisch gemalter Naturstudie und der dunstigen, atmosphärisch getrübten Stimmung in der Weite der Landschaft aus.
Führungen:
Dienstag, 20.7.2004, 20 Uhr, Dr. Astrid Reuter
Mittwoch, 21.7.2004, 13 Uhr (Kunstimbiss), Dr. Astrid Reuter
Wilhelm Trübner
Selbstbildnis als Reiter, 1902
Waldinneres, 1901Bei dem Gemälde aus dem Jahr 1902 handelt es sich um ein ausnehmend selbstbewusstes Selbstporträt des Malers. Vor dem dunklen, grünen Fond des Waldes posiert er auf seinem Reitpferd, das in nahezu frontaler Stellung dem Betrachter entgegen kommt. Trübner selbst richtet seinen Blick aus dem Bild in eine unbestimmte Ferne. Wie in allen Porträts des Künstlers steht nicht eine psychologische Charakterisierung im Zentrum, sondern das Hauptaugenmerk liegt auf Kolorit und Duktus der Darstellung. Mit breiten, beherzt aufgetragenen Pinselstrichen erreicht der Maler eine kraftvolle und energische Gesamtwirkung. Das Porträt dokumentiert aber auch eine Vorstellung vom Selbstverständnis eines arrivierten Malers und Professors. Schon vor seiner Berufung an die Karlsruher Akademie war Trübner als Lehrer erfolgreich: Seit 1896 lehrte er am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt und wurde dort 1898 zum Professor ernannt.
In seiner Frankfurter Zeit entstand auch die Ansicht eines Waldstücks. Ganz nah rückt Trübner den Bildausschnitt, zeigt im Vordergrund den bewachsenen Waldboden, der in das dicht belaubte Gehölz des Hintergrundes übergeht. Ein weiter Blick in eine Landschaft war offensichtlich nicht beabsichtigt: einer Barriere gleich begrenzen die hinteren Bäume das Blickfeld. Wie Trübner den Waldausschnitt in einzelne flirrende Farbflecken auflöst, die sich zum Teil schon vom Gegenstand befreit haben, zeugt von einer modernen Auffassung der Farbmalerei, mit der die Schwelle zum 20. Jahrhundert überschritten wurde.
Führungen:
Dienstag, 17.8.2004, 20 Uhr, Dr. Karen Bork
Mittwoch, 18.8.2004, 13 Uhr (Kunstimbiss), Dr. Siegmar Holsten
Das besondere Blatt
Ausgewählte Meisterwerke aus dem Kupferstichkabinett
Honoré Daumier (18081879):
Les baigneurs / Die Badenden (Delteil 762/II), 1839
Lithografie, Inv. Nr. 20043
Bez. im Stein unter der Darstellung:La Seine est une rivière qui prend sa source dans le département de la Côte d'Or, et va se perdre dans la Manche. Elle traverse Paris: les habitans de cette Cité, se dérobant aux feux de l'été viennent chercher la fraîcheur et la pureté de ses eaux.
Die Seine ist ein Fluß, der im Département Côte d'Or entspringt und in den Ärmelkanal mündet. Sie fließt durch Paris: Die Einwohner dieser Stadt suchen, um der sommerlichen Hitze zu entgehen, die Kühle und Sauberkeit ihres Gewässers auf.
Grobe Stöße fremder Füße in die Rippen, Nachbarschwimmer von suspekter Reinlichkeit und ein Geräuschpegel zum Davonlaufen: Badevergnügen im Hochsommer. Im Juni 1839 bot sich dem Besucher der Pariser Flussbäder an der Seine ein ähnliches Szenario, das Honoré Daumier in Kreidestrichen beißend umzusetzen verstand: Vor dem im Wasser schwimmenden Unrat zurückschreckend, strampelt vorne links ein junger Mann unbeholfen im Wasser. Rechts wird ein Hund, vielleicht der Urheber dieses Unrats, von seinem Herrchen im Becken gewaschen, während sich hinter ihm ein Arbeiter mit Seife einreibt, die er sich um das Handgelenk gebunden hat. Die dunklen Unterarme und das schwarze Gesicht geben beredt Auskunft über seinen sozialen Status. Links am Rand sieht man einen Knaben im Wasser mit aufgerissenem Mund etwas essen, zwei andere sind in der Mitte des Bildes in eine zünftige Rauferei verwickelt, und zahlreiche weitere, verzerrte Gesichter, die sich nahtlos aneinander reihen, offenbaren das dichte Gedränge im Badebecken. Schließlich, wie zur Krönung des ganzen Geschehens, uriniert rechts oben eine Gestalt ungeniert vom Beckenrand ins Wasser. Die Beischrift, die Daumier als Beschreibung seiner Satire hinzufügt, strotzt im sachlichen Ton ihrer neutralen Aussage vor bissiger Ironie. Die Erfrischung in der "Kühle und Sauberkeit" der Seine gerinnt im Bild zum gedrängten Waten in einer entsetzlichen Brühe.
Honoré Daumier gilt vorbehaltlos als größter Karikaturist der Kunstgeschichte. In rund 4.000 Lithografien, die meist in Zeitungen mit hoher Auflage erschienen, schuf er eine Bildchronik des 19. Jahrhunderts, in der Frankreichs politische und gesellschaftliche Verhältnisse aufs Korn genommen wurden. Insbesondere der Pariser Bürger mit seinen Fehlern und Schwächen bildete ein Lieblingsmotiv des Künstlers. Dabei entwickelte er in der noch jungen Technik der Lithografie eine künstlerische Meisterschaft, die seinen unangefochtenen Ruhm prägt. Der körnige Kreidestrich gewährt auf dem Druckstein eine nuancierte Skala von Hell-Dunkel-Werten, die Daumier voll auszuschöpfen verstand. Auf dem vorliegenden Druck wurden die Wasserspritzer in die bereits angelegte Kreideschicht gekratzt und leuchten daher effektvoll aus der Zeichnung heraus. Der schnelle, sich oft in Andeutungen erschöpfende Strich erzeugt eine Dynamik, die dem spontanen Witz der Karikatur entspricht.
"Les Baigneurs" bildet eine 30 Blatt umfassende Serie, die in Abständen von 1839 bis 1842 in der Tageszeitung "Le Charivari" erschien, dem wichtigsten, von 1832 bis 1893 bestehenden Satireblatt Frankreichs. Die komplette Folge der "Badenden" wurde dem Kupferstichkabinett der Kunsthalle dieses Jahr von der Frankfurter Kunsthandlung Helmut H. Rumbler geschenkt. Als Zeitungskarikatur erschien dieses Blatt am 26. Juni 1839, die Karlsruher Serie besteht jedoch ausnahmslos aus "épreuves sur blanc", d.h. außerhalb der Zeitungsauflage gedruckten Exemplaren auf festerem Papier und ohne Texte auf der Rückseite.
Insgesamt besitzt das Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe eine Zeichnung, eine Radierung und 82 Lithografien Honoré Daumiers.
Das Blatt wird vom 1. Juli bis zum 31. August im Vorlegesaal der Staatlichen Kunsthalle ausgestellt.
"Heilige des Monats"
Eine Veranstaltungsreihe von März 2004 bis 2005
Gemeinsam mit dem Karlsruher Roncalli-Forum, einer Einrichtung des Bildungswerks der Erzdiözese Freiburg, bot die Kunsthalle 2003 unter dem Titel "Das Bild des Mo-nats im Jahr der Bibel" zwölf Mal an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Führungen vor ausgewählten Gemälden der Alten Meister an, die großen Anklang fanden. Aufgrund wiederholter Bitten und zahlreicher Anregungen damaliger Teilnehmer wollen wir diese Veranstaltungsreihe unter dem neuen Motto "Heilige des Monats" um ein weiteres Jahr fortführen.
März
Die ersten beiden Termine werden dem heiligen Josef gewidmet sein, dessen Namenstag auf den 19. März fällt. Das dafür gewählte Bild ist der große Flügel eines 1505 geschaffenen Retabels, auf dem ein unbekannter oberrheinischer Meister die Heilige Nacht darstellte: In dem Stall von Bethlehem, der Ruine des Palastes König Davids, knien einmütig und in gleicher Größe wiedergegeben die Jungfrau Maria und der greise Nährvater Josef in versunkener Betrachtung und Anbetung des menschgewordenen Gottessohnes.Führungen:
Dienstag, 9. März 2004, 20 Uhr und
Mittwoch, 10. März 2003, 13 Uhr
jeweils mit Dipl. Theol. Stephan Langer und
Dr. Dietmar LüdkeApril
Für den April wurde der heilige Georg auserkoren. Von den mehreren Bildern der Kunsthalle, auf dem der streitbare christliche Ritter wiedergegeben ist, wird die kleine Tafel eines anonymen, um 1515 tätigen und von Albrecht Dürers Werk beeindruckten Meisters der sogenannten "Donau-schule" im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen.Führungen:
Dienstag, 20. April 2004, 20 Uhr und
Mittwoch, 21. April 2004, 13 Uhr
jeweils mit Dr. Albert Käuflein und Dr. Dietmar LüdkeAls Ausblick auf die Monate bis März 2005 sei hier schon mitgeteilt, dass zu den Heiligen des Monats beispielsweise Maria, Johannes der Täufer, Magdalena, Helena oder Elisabeth von Thüringen gehören - namensgleiche Besucher der jeweiligen Veranstaltung erhalten freien Eintritt.