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Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Hans-Thoma-Straße 2
76133 Karlsruhe
Tel. 0721 - 926 31 88; Fax 0721 - 926 67 88
E-mail: info@kunsthalle-karlsruhe.de
Di - So 11 - 18 Uhr, Mittwoch 11 - 20 Uhr
http://www.kunsthalle-karlsruhe.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

5.6. - 22.8.1999


Jean Siméon Chardin 1699-1779

Werk - Herkunft - Wirkung

Große Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe

Von Juni bis August 1999 feiert die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe die 300. Wiederkehr des Geburtsjahres eines der berühmtesten Künstler Frankreichs: Jean Simeon Chardin. 1699 in Paris geboren, wuchs Chardin in der künstlerischen Metropole des Ancien Regime auf und hat diese bis zu seinem Tod 1779 nicht verlassen. Er war ein bedeutendes Mitglied der Akademie, wohnte seit 1757 mit königlicher Erlaubnis im Louvre und war umgeben vom mondänen Leben der pulsierenden Großstadt. Dennoch widmete er sich weder der traditionell angesehensten Gattung der Historienmalerei noch dem lukrativen Porträtieren zahlungskräftiger Auftraggeber, sondern blieb der kleinen, unspektakulären Welt des Pariser Bürgertums treu. Nicht ohne Grund findet diese erste deutsche Chardin-Ausstellung in Karlsruhe statt, hat doch Caroline Luise von Baden ihren Zeitgenossen hoch geschätzt und früh erworben.

Fein beobachtete Szenen familiärer Häuslichkeit, in denen die Welt der Kinder einen breiten Raum einnimmt, berühren den heutigen Betrachter nicht minder als den Kunstliebhaber des 18. Jahrhunderts. Menschen in unbefangener Natürlichkeit werden in Augenblicken dargestellt, in denen die Zeit stillzustehen scheint. So vermag eine Wasser schöpfende Magd, die diese Arbeit tagtäglich wiederholt, durch die Wiedergabe der in ihre Tätigkeit völlig versunkenen Frau beim Betrachter weit mehr auszulösen, als das bescheidene Motiv vermuten läßt. Eine Szene mit zwei Kindern und ihrer Mutter beim Tischgebet verrät durch leise, intensive Blicke und Körperhaltungen den hohen atmosphärischen Stimmungsgehalt im schlichten Raum. "Wer sagt Ihnen denn, daß man mit Farben malt?" soll Chardin einem großspurigen Künstlerkollegen entgegnet haben. "Womit denn sonst?" erwiderte der andere, höchst erstaunt. "Man benutzt wohl Farben", gab Chardin zurück, "aber man m a l t mit dem Gefühl."

Doch nicht nur seine Genrebilder, sondern auch seine Stilleben wurden von den Zeitgenossen wie von den nachfolgenden Generationen hoch verehrt. Komposition, Farbgebung und malerische Technik lassen die schlichtesten Gegenstände zu optischen Erlebnissen werden. So einfache Motive wie zwei Pfirsiche und fünf Pflaumen auf einer Tischplatte bannen die Augen des Betrachters auf so unerklärliche Weise, daß schon sein Zeitgenosse, der Enzyklopädist Denis Diderot, Chardin als "le grand magicien" - "den großen Zauberer" - bezeichnete. Der Überlieferung nach wurde er nie bei der Arbeit beobachtet. Seine ungewöhnliche Maltechnik blieb daher bis heute geheimnisumwittert. Diderot beschrieb die optische Wirkung der Bilder Chardins eindrücklich als Dampf, der über die Leinwand gehaucht sei, oder als leichten Schaum, der über das Bild gesprüht würde.

Kostbarste Leihgaben aus Museen und Privatsammlungen, unter anderem in Amiens, Amsterdam, Berlin, Birmingham, Bordeaux, Den Haag, Florenz, Glasgow, London, München, New York, Oxford, Paris, Rotterdam, St. Petersburg, Stockholm und Warschau vermitteln zusammen mit den vier Karlsruher Stilleben ein komplexes Bild der Malerei Chardins.

Zur Veranschaulichung von Chardins Herkunft und Wirkung werden in Karlsruhe zudem Gemälde niederländischer und französischer Maler des 17. und 18. Jahrhunderts zu sehen sein, viele von ihnen erstmalig in einer deutschen Ausstellung. Chardins künstlerische Orientierung veranschaulichen u. a. Werke der Niederländer Pieter de Hooch, Gerard ter Boch, David Teniers und Gerard Dou sowie Frans Snyders, Jan Fyt, Nicolaes Maes und Jan Steen. Mit Gemälden von Antoine Watteau, Etienne Liotard, Nicolas Largilliere, Bernard Lepicie, Jean-Baptiste Greuze, Roland Delaporte und Anne Vallayer-Coster wird einerseits die Wirkung auf seine Zeitgenossen und Nachfolger gezeigt, andererseits wird aber durch den Vergleich mit Chardin die Einzigartigkeit des unerreichten Meisters offenbar. Die ca. 100 Gemälde sind das Kernstück der Ausstellung.

Parallel zur Malerei wird ein breites Spektrum an Druckgraphiken des 17. und 18. Jahrhunderts aus Frankreich und den Niederlanden zu sehen sein, welche in den Kunstsammlungen des 18. Jahrhunderts allerorten hoch geschätzt und begehrt waren. Durch viele dieser Nachstiche und Zeichnungen von - oftmals niederländischen - Gemälden wurden Bildentwürfe und Motive übermittelt, die auch für Chardins Kunst von großer Bedeutung waren. Gleichzeitig lassen zahlreiche Graphiken mit Darstellungen privater Innenraumszenen vor dem heutigen Betrachter ein anschauliches Bild des häuslichen Lebens im vorrevolutionären Frankreich entstehen, das einen kulturgeschichtlichen Hintergrund zur Betrachtung der Gemälde Chardins bietet und über die Lebensformen der Menschen im Ancien Regime erzählt.

Der Katalog enthält auf 360 Seiten Beiträge von Marianne Roland Michel, Pierre Rosenberg, Margret Klinge, Dorit Hempelmann und Dietmar Lüdke. Er beschreibt 250 Katalognummern mit 400 Abbildungen, davon 100 in Farbe und wird ca. DM 60,-- kosten.

 

 

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